Zuletzt habe ich über meinen Tod nachgedacht. Es kann ja nicht schaden, sich ab und an mit der eigenen Sterblichkeit auseinander zu setzen. Keine exklusiven oder kreativen Gedanken, sondern das wahrscheinlich volksübliche Trallala, wenn man auf dem Sofa liegt, seine Füße anstarrt und sinniert.
Dann kann es vorkommen, dass man sich daran erinnert, dass einen der Tod plötzlich ereilen kann und dass das Leben auch ohne plötzliche Verkürzung schon kurz genug ist. Dann hechelt man schnell sein Leben durch, was man alles schon erreicht hat. Phantasiert zusammen, was man gern noch erleben würde. Listet auf, mit wem man noch reinen Tisch machen möchte.
Tacheles würde man mit den Schuften reden. Und ganz nachsichtig und großherzig mit der Verwandtschaft sein. Man genießt die Vorstellung von einer großen, tief trauernden Menge. Und hinterlässt schon mal im vorauseilenden Gehorsam tröstende Nachrichten, die nur so vor Weisheit triefen.
Und dabei blicke ich die ganze Zeit auf meine silbernen Clogs, an denen ich so hänge, und ich frage mich, wie ich die wohl in den Himmel retten kann. Ich weiß, ich weiß, man kann nichts mitnehmen, drum ist die Anhäufung materieller Reichtümer usw. usw. Aber nur so eine klitzekleine Kleinigkeit. Am allerliebsten ließe ich mich in meinem Karnevalssilberkostüm einsargen.
Wobei ich ja auch gern mein Drachenkostüm mitnähme. Zum Wechseln. Aber was der Himmelswärter wohl sagt, wenn ich mit meiner Karnevalskiste ankomme? Gut, also nur die Clogs. Versuchen kann ich es ja. Das sähe sicherlich himmlisch aus, mit silberstrahlenden Clogs in hohem Bogen von Wolke 7 auf Wolke 9 zu springen. Falls man im toten Zustand überhaupt noch springt und nicht schwebt. Wie gut, dass meine Clogs Riemchen haben, damit ich sie nicht verliere.
Vielleicht schwebt man auch gar nicht, und es ist im Himmel ziemlich unwegsam. Dann breche ich mir in den Clogs wahrscheinlich den Knöchel, trotz Riemchen, falls man sich im Tod noch was brechen kann. Weiß mans? Eben! Und wenn ich mich weiter so um Kopf und Kragen denke und nicht von den Clogs lassen kann, komme ich wahrscheinlich gar nicht in den Himmel, sondern muss durch die doofe Reinkarnation und noch mal das ganze irdische Lebensgedöns durchlaufen, bis ich die Lektion gelernt habe, dass man gefälligst sein Herz nicht an materielle Dinge hängt, auch nicht an silberne Clogs, seien sie noch so wunderschön.
Auf ein zweites Leben bin ich nicht so scharf, aber auf die Erleuchtung auch nicht. Denn ich befürchte, dass einem im erleuchteten Zustand das Bier und die Frikadellen nicht mehr so lecker schmecken. Was ich sehr schade fände. Jedenfalls kann ich mir ein Leben, erleuchtet hin oder her, ohne Frikadellen nicht mehr vorstellen.
Apropos, ein kleines Tupperdöschen Frikadellchen nähme ich auch gern mit. Wer weiß, wie lange es dauert, bis man die jenseitigen Prüfungen durchlaufen hat, bis man da ankommt, wo man keinen Hunger mehr verspürt. Aber letztlich befürchte ich, man bekommt irgendwo alles abgenommen, was man mit sich führt, wie im Knast.
Im besten Falle erfährt man die Erleuchtung mitten im Ableben. Kurz vorher noch schnell einen großen Bissen Frikadelle nehmen, haps, anmutig mit den Clogs wippen und dann ab dafür. Aus die Maus.
Julia Siebert
23/04/10