Wasser ist in Zentralasien unabdingbar für die Landwirtschaft, soll aber gleichzeitig der Stromerzeugung dienen. Mit einem guten Management könnten Interessenskonflikte umgangen werden. Darüber spricht Dr. Barbara Janusz-Pawletta, Expertin für Wasserrecht an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty, im Interview.

Worin besteht das Problem der grenzüberschreitenden Verwaltung von Wasserressourcen?

Die größte Herausforderung besteht darin, die Länder Zentralasiens zu einer Kooperation in der Wassernutzung zu bewegen. Dies ist aber eine schwierige Aufgabe, weil die Länder der Region verschiedene Interessen in den Fragen der Nutzung von Wasserressourcen vertreten, was im Besonderen eine Verankerung eines gerechten Wassernutzungsrechtes erschwert.
Eine weitere Aufgabe ist Nachhaltigkeit: Die Wasserwege müssen in einem guten ökologischen Zustand erhalten bleiben, um die gemeinsame Wassernutzung effektiver zu gestalten.

In Bezug auf das Wasserrecht: Was ist der Kern des Problems?

Barbara Janusz-Pawletta lehrt an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty.

Im Wasserrecht wird unterschieden zwischen den so genannten Oberliegern und Unterliegern von Flüssen, die sich in Bezug auf ihre Wassernutzung jeweils gegenseitig beeinflussen. Im Falle Zentralasiens sind also die Länder Kirgisistan und Tadschikistan Oberlieger. Die Länder Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan sind Unterlieger. Die Unterlieger-Länder benutzen das Wasser hauptsächlich für die Landwirtschaft, während die Oberlieger-Länder es für die Energieerzeugung verwenden. Dafür ist seitens der Oberlieger ein ständiger Wasserfluss nötig, während die Unterlieger das Wasser im Winter stauen müssten, um auch im Sommer genügend Ressourcen für die Bewässerung der Landwirtschaft zur Verfügung zu haben. Aus diesem grundlegenden Problem ist eines der größten Spannungsfelder zwischen den Ober- und dem Unterliegerländern seit dem Zerfall der Sowjetunion entstanden.

Gibt es bereits wasserrechtliche Vereinbarungen zwischen den Ländern Zentralasiens?

Die heutzutage geltenden Abkommen zwischen den zentralasiatischen Staaten stammen zum Teil noch aus der sowjetischen Zeit oder sind in den 1990er Jahren geschlossen worden. Jedoch regulieren sie nicht alle Aspekte der Wassernutzung. Oft werden sie einfach nicht eingehalten. Somit müssten die Politiker um eine effektivere Einhaltung der bestehenden Bestimmungen kämpfen.

Die Grundprinzipien der Wassernutzung im zwischenstaatlichen Kontext ergeben sich aus dem Übereinkommen über das Recht der „Nichtschifffahrtlichen Nutzung Internationaler Wasserläufe“ aus dem Jahr 1997. Dort wurde festgeschrieben, dass die Wasserlaufstaaten sich in ausgewogener und angemessener Weise an der Nutzung, Entwicklung und dem Schutz des internationalen Wasserlaufs beteiligen. Die Realisierung dieses Ziels ist von verschiedenen Faktoren abhängig wie zum Beispiel die geographische, soziale und wirtschaftliche Lage der einzelnen Länder. Außerdem bestimmen diese Faktoren die Bedingungen zu Erhaltung, Schutz und Entwicklung der Wasservorkommen, sowie die Verfügbarkeit über gleichwertige Alternativen. Vermutlich bräuchte das Land Usbekistan mit seinen 30 Millionen Einwohnern mehr Wasser als Kirgisistan, wo 6 Millionen Menschen leben.

Welche Wege des Wasserressourcenmanagements gibt es?

Eine gängige Herangehensweise ist das sogenannte Integrierte Management von Wasserressourcen (IWRM). Dabei handelt es sich um ein Management-Prinzip, das die rationelle Nutzung der Wasserressourcen, einschließlich aller miteinander verwobenen Glieder des wasserwirtschaftlichen Systems, umfasst. Es wird ständig weiterentwickelt, um die nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser, Boden, und anderen Umweltbestandteilen zu sichern. Das IWRM umfasst somit nicht nur technische Aspekte der Wassernutzung, sondern berührt auch wirtschaftliche, rechtliche, und soziale Bereiche durch Einbeziehung der Zivilgesellschaft.

Wer muss die Probleme lösen – der Staat, die Wirtschaft oder auch die Zivilgesellschaft?

An der Regelung der Wasserfragen müssen sich alle beteiligen. Sowohl die Stadtbehörden, die das Wassermanagement regulieren, als auch die Wirtschaftsvertreter und die Zivilbevölkerung. Damit sind nicht nur die Nichtregierungsorganisationen, sondern auch alle Bürger gemeint, die täglich Wasser benutzen. Eine Möglichkeit, zum Beispiel Wasser effektiv zu nutzen ist, die Begründung einer Wassernutzungsassoziation. Darin bündeln sich finanzielle, technische und personelle Ressourcen, um die Wasserversorgung zu managen.

Was sind die Resultate von europäischem und deutschem Engagement im Bereich der Wasserressourcen in Zentralasien?

Ein gutes Beispiel die regionale Zusammenarbeit beim Wassermanagement zu unterstützen, ist die Zentralasien-Wasserinitiative des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2008 ist sie ein Beitrag der EU-Strategie für eine neue Partnerschaft mit Zentralasien.
Von Deutschland aus werden drei verschiedene Projekte im wissenschaftlich-technischen Bereich gefördert. Dies ist zum einen die wissenschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen des „Central Asian Water (CAWa)“-Netzwerkes unter der Leitung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ.

Auf institutioneller Ebene wird das Programm „Grenzüberschreitendes Wassermanagement in Zentralasien“ von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) umgesetzt Auf der Ebene der akademischen und praktischen Ausbildung wurde der Masterstudiengang „Integriertes Wassermanagement“ an der Deutsch-Kasachischen Universität eingeführt.

Dieses Masterprogramm hat das Ziel, die Kapazitäten junger Spezialisten zu stärken, um eine bessere und effektivere Nutzung von Wasserressourcen in den Ländern der Zentralasiatischen Region zu sichern.

Interview: Nurgul Zhazykbayewa

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