Seitdem ich hier bin, werde ich ständig mit meiner nicht existenten Familienplanung konfrontiert. „Wie lustig, du bist schon 27 und hast keinen Mann und keine Kinder.“ Ja, ich habe mich auch halb tot gelacht bei dem Gedanken daran. Ein Grund mehr, sich einmal intensiver mit den strukturellen „Problemen“ der Kinderlosen auseinanderzusetzten.
Ich möchte versuchen, diesen Witz des Kindermangels einmal zu erzählen. Seit Jahrzehnten beklagen sich deutsche Politiker, dass die deutsche Frau einfach nicht genügend Kinder gebären will. Laut einer neuen Studie vom Mai dieses Jahres werden in Deutschland weltweit die wenigsten Kinder geboren. Grund ist nicht unbedingt der mangelnde Kinderwunsch, sondern die demographischen Entwicklungen und die nicht in Gang kommende Familienpolitik. Die Ehe in Hinblick auf die Familiengründung hat an Bedeutung verloren. Das traditionelle Bild der „guten“ Mutter am Herd existiert ja nun nicht mehr. Auch Frauen wollen arbeiten. Das ist ja auch keine Schande. Nur sind die gebotenen Arbeitsplätze immer noch nicht diesem Umstand angepasst. Flexible Arbeitszeiten für Menschen mit Kind? Gibt es nur vereinzelt. Wie einfach doch früher alles war!
Da herrschte noch Ordnung! Die Frau war bei den Kindern zu Hause, der Mann bis zum Abend bei der Arbeit. Na gut, klingt auch nicht unbedingt so spannend für beide. Ich hätte zumindest auf beides keine große Lust. Es könnte beispielsweise auch den Mittelweg geben, dass Vater und Mutter sowohl arbeiten als auch im Wechsel bei dem Kind sind.
Das größte Problem für die gute Geburtenrate ist wohl dieser gefährliche Drang nach Selbstbestimmung. Der Mensch will sich seinen Partner aussuchen und ganz genau prüfen, ob es auch mit einem Kind funktionieren wird. Vor allem aber ist man bis mindestens 35 ja noch total jung. Die Vorstellung von einem Kind ist vorher eher erschreckend. „Dann ist doch mein Leben vorbei! Ich bin jung und will mein Ding machen, mich selbst verwirklichen! Ich werde doch nicht mit dem oder der erstbesten Dahergelaufenen eine Familie gründen!“ So denkt zumindest der Durchschnitts-Adoleszente. Verständlich? Natürlich! Und hier sei doch auch mal erlaubt, zu fragen, warum man überhaupt gezwungen wird, ein Kind in diese Welt zu setzen! Ist es nicht auch lustig, diese Form von Familienplanung einmal zu hinterfragen?
Nehmen wir an, ich habe einen Job, bei dem ich mir noch nicht ganz sicher bin, habe keinen Partner, den ich liebe, habe keinen konkreten Plan für meine Zukunft. Was mach ich dann? Zunächst einmal über mich selbst und meine traurige Situation lachen! Oder vielleicht bin ich ja trotzdem glücklich, weil ich in der Lage bin, mich dem gesellschaftlichen Druck zumindest ansatzweise zu entziehen, und mein Leben mich auch ohne Familienplanung erfüllt.
Ich möchte aber betonen, dass es beim Kinderkriegen nicht nur darum geht, seine Aufgabe in der Gesellschaft zu erfüllen. Kinder sind sehr schön. Sie machen die Welt bunt. Nicht für die Leistung brauchen wir sie, sondern sie fordern heraus, bringen zum lachen und sind einfach zauberhaft, wenn sie wie kleine Enten neben uns herwatscheln.
Leider ist es so, dass der Druck auf den jungen Menschen immer mehr zunimmt. Leistung, Leistung, Leistung! Alles muss unter einen Hut gebracht werden. Am besten wäre es doch, wenn wir alle Maschinen wären, die in der Lage sind zu gebären! Dann gäbe es diese Probleme nicht mehr. Aber wo wäre dann die Pointe? Dann könnte mich niemand mehr dafür auslachen, dass ich es immer noch wage, kinderlos durch diese Welt zu kriechen.