Die zentralasiatische Metropole Almaty war bis Dezember 1991 das politische Zentrum der kasachischen Sowjetrepublik und bis Ende 1997 Hauptstadt des unabhängigen Staates Kasachstan. In der im Südosten des Landes gelegenen Stadt leben noch immer mehr Menschen als in der neuen Hauptstadt Astana. Die Autorin nimmt alle Leser auf einen Streifzug durch die am Nordfuß des Tienschan-Gebirges angrenzende Metropole mit.

„Einfach mal loslaufen“ ist ein Tipp für Touristen, die die kasachische Metropole Almaty entdecken wollen. Da die Sehenswürdigkeiten in der gut 1,7 Millionen Einwohner zählenden Stadt nicht an einem Platz konzentriert sind, sondern sich an unterschiedlichen Orten befinden, lässt sich je nach Startpunkt Verschiedenes erkunden.
Mit dem Soldatendenkmal wird an die Gefallenen des Russischen Bürgerkriegs und des Zweiten Weltkriegs erinnert. | Foto: Elke Kögler

Wer in der Stadtmitte von der Kasachisch-Britisch Technischen Universität, in der bis zum Unabhängigkeitstag des Landes am 16. Dezember 1991 das Parlament der kasachischen Sowjetrepublik tagte, in nordwestliche Richtung spaziert, der stößt auf General Panfilow. Mit dem Monument des Generals wird laut sowjetischer Geschichtsschreibung an den Ausgang der Schlacht des Zweiten Weltkrieges an der Wolokolamsker Chaussee nahe Moskau erinnert. Panfilow und seine Regimentssoldaten vernichteten dort 50 Panzer. 28 Soldaten, die aus Almaty sowie Bischkek im heutigen Kirgisistan stammten, kamen dabei ums Leben. Für jeden gefallenen Soldaten ist hinter dem General im „Park der 28 Panfilow-Gardisten“ ein kleiner Gedenkstein aufgestellt.

Ein mehrere Meter breiter, rotbraun glasierter Betonsockel gerät hinter einer Tag und Nacht brennenden Flamme im Osten der Kathedrale ins Blickfeld. Mehrere ihre Oberkörper schräg über den Sockelrand streckende Soldaten in Überlebensgröße posieren darauf. Die goldfarbenden Zahlen „1917-1920“ und „1941-1945“, die auf weiteren rotbraun glasierten Betonsockeln montiert sind, verraten, dass es sich um eine Erinnerungsstätte für Soldaten handelt, die im Russischen Bürgerkrieg und im Zweiten Weltkrieg gefallen sind.
Nur ein Paar Schritte von der Erinnerungsstätte entfernt befindet sich ein Haus, das vor allem durch seine hölzerne Fassade hervorsticht. Das Museum der Kasachischen Musikinstrumente beherbergt Zupf-, Streich– und Blasinstrumenten mit denen früher kasachische Volksklänge zu Gehör gebracht wurden. Bei Konzerten, die etwa anlässlich der Museumsnacht erklingen, können Parkbesucher volkstümliche Lieder hören, die auf solchen traditionellen Musikinstrumenten gespielt werden.
Hinter der Erinnerungsstätte für Kriegsgefallene im Park der 28 Panfilow-Gardisten fällt der Blick der Parkbesucher auf die Christi-Himmelfahrt-Kathedrale | Foto: Elke Kögler
In der Mitte des Gardisten-Parks ragt die Christi-Himmelfahrt-Kathedrale mit ihren fünf runden Türmen und goldenen Kuppeln empor. An dem gelb gestrichenen Kirchengebäude fallen zuerst die vielen weißen sowie roten, grünen und blauen Verzierungen auf. Das Besondere an dem 1907 eröffneten Sakralbau ist, dass dieses in erdbebensicherer Bauweise errichtet wurde und vollständig aus Tannenholz besteht. Damit gehört die Kirche zu den ältesten noch erhaltenen Holzbauten weltweit. Die Geschichte des Gotteshauses reicht bis vor die Sowjetzeit zurück, in der Almaty den Namen Alma Ata trug. So ließ der Bischof von Turkestan die heutige russisch-orthodoxe Kirche bereits erbauen als die Stadt noch Werny hieß, die sich im Umfeld der gleichnamigen Festung entwickelte. Die Kathedrale überstand vier Jahre später als eines der wenigen Häuser der Stadt ein verheerendes Erdbeben.
 
Obst, Fleisch, Gewürze und China-Tretroller
 
Vom Park der Gardisten aus können Touristen in wenigen Gehminuten zum Grünen Basar gelangen. Dort angekommen, betreten diese nach dem Passieren des Eingangsbereichs, in dem in China produzierte Fußbälle, Hula-Hup-Reifen und Tretroller aus Plastik feilgeboten werden, eine große Halle. In dieser werden auf meterlangen Theken, die durch breite Gänge voneinander getrennt sind, jeweils Obst, Rohkost, Gewürze, Backwaren oder Fleisch zum Kauf präsentiert. In der oberen Etage werden zubereitete Speisen und in den Außenbereichen des Marktes Bekleidung angeboten.
Nicht weit vom Park der 28 Panfilow-Gardisten liegt der Gorki-Park, der offizielle „Zentrale Erholungspark“. Zwei Eisenbahnen auf Rädern, aus denen lautstark Musik ertönt, drehen gleich hinter dem Eingang scheinbar rastlos ihre Runden. Die Fahrgäste in den roten, blauen und grünen Waggons, die von einer schwarz lackierten Elektrolokomotive über die Parkwege gezogen werden, sind Kinder und Eltern. Ganz in der Nähe gibt es Karussells und Buden, in denen Speisen und Getränke verkauft werden, sowie ein Dinosaurier-Museum. Im Süden des Parks können Besucher schließlich viel Rasen und Beete entdecken, die mit roten, weißen, gelben und pinkfarbenen Blumen bepflanzt sind. Der südliche Parkrand bietet einen Blick auf das nördliche Bergpanorama des angrenzenden Tienschan-Gebirges.
Unternehmungslustige, die vom Panfilow-Park in Richtung Westen spazieren, erreichen die Metrostation Schibek-Scholy. Eine Fahrt mit der Untergrundbahn kostet umgerechnet 20 Cent und gewährt Einblicke in die insgesamt neun Stationen. Reisende gelangen über Rolltreppen zu den Bahnen, die durch einen hundert Meter langen Gang mit blitzblank geputztem und auf Hochglanz poliertem Fußboden führen.

 

Alle zur Endstation Moskau fahrenden Züge halten am Auesow-Theater. Bei einem etwa drei Kilometer langem Marsch vom Theater zurück in Richtung der Bahnstation Baikonur und weiter bis zum Palast der Republik lassen sich neben dem Theatergebäude das steinerne Zelt des Staatszirkus, das Treiben in einem Vergnügungspark, der am Flüsschen Wesnowka gelegene Hochzeitspalast sowie das Zentralstadion mit blauer Laufbahn und vielen gelben Sitzen beäugen. Flüchtigen Betrachtern wird am Ende der Abaj-Allee vor dem Palast der Republik Wladimir Iljitsch Lenin erscheinen. Doch beim Herantreten an das wohl größte Denkmal der Stadt offenbart sich ein Abbild Abai Kunanbajews. Der kasachische Dichter und Philosoph wird in eine Reihe mit Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller gestellt und ist deshalb Nationalheld. Das einst in jeder sowjetischen Metropole in der Stadtmitte aufgestellte Lenin-Monument, dass sich in der Hauptstadtzeit der kasachischen Republik gegenüber dem Parlamentsgebäude befand, kann inzwischen zusammen mit anderen „ausrangierten“ Persönlichkeiten im „Familienpark“ im Norden Almatys betrachtet werden.
Klassische Musik in großer Lautstärke ertönt direkt neben dem Palast der Republik. Mehrere kleinere rot, blau, grün und gelb angestrichene Gondeln schwingen sich einen mit Gras bedeckten Hügel hinauf. Die Seilbahn führt auf den 1130 Meter hohen Kök-Töbe, den höchsten Berg auf dem Stadtterritorium Almatys, auf dem der Fernsehturm thront. Gipfelstürmer können das Riesenrad und die Schlitten der Sommerrodelbahn besteigen, Kletterwände erklimmen, Achterbahn fahren und den kleinen Zoo besuchen, einfach nur Bergluft einatmen sowie das Apfeldenkmal und die Beatles-Statuen bestaunen. Letzteres wurde anlässlich der erstmaligen Vergabe des nationalen kasachischen Musikpreises dort aufgestellt.
 
Eisschnelllauf im Eisstadion in Medeo
 
Im etwa 15 Kilometer entfernten Gebiet Medeo, das per Linienbus zu erreichen ist, geht es in den Wintermonaten sportlich zu. Sportbegeisterte können im Eisstadion Wettbewerbe im Schnelllauf und Bandy – Eishockey mit Ball – verfolgen oder selbst ihre Schlittschuhe schnüren. Das Skigebiet des Medeo-Wintersportzentrums, Schimbulak, liegt sieben Straßenkilometer auf 2.260 bis 3.163 Metern Höhe vom Eisstadion entfernt. Ski– und Snowboardfahrer gelangen mit Kleinbussen oder mit der Seilbahn zu den Talstationen und den Schleppliften.
Die Skisprungschanzen befinden sich am Südrand des Stadtgebiets. Von der Talstation des Kök-Töbe aus ist die Anlage mit den zwei großen und drei kleineren Schanzen nach einer ungefähr fünf Kilometer langen Busfahrt zu erreichen. Touristen mit wenig Zeit können die Sprungschanzen bereits von dem gegenüberliegenden Gelände der staatlichen Al-Farabi-Universität aus erblicken, zu dem Fußgänger vom Sprungkomplex nach drei Kilometern Wegstrecke gelangen. Das Universitätsgelände grenzt an den Botanischen Garten an. In diesem dominieren wild wachsende Gräser und Büsche sowie Palmen in Gewächshäusern, die das Zeitliche bereits gesegnet haben. Alle Besucher, die den Garten für den Eintrittspreis von gut einem Euro ausführlich erkunden, finden nach einiger Zeit zudem mehrere mit Blumen bepflanzte Beete und einen Steingarten. Naturfreunde haben die Möglichkeit, einen Ausflug zum Großen Almaty See im Ile-Alatau-Nationalpark in den Bergen zu unternehmen. Startpunkt ist der mit Linienbussen erreichbare und knapp sechs Kilometer vom Botanischen Garten entfernt liegende „Park des ersten Präsidenten“. Das Charakteristische an dem Park, der zu Ehren des bislang einzigen Staatsoberhaupts Kasachstans Nursultan Nasarbajew angelegt wurde, ist das Eingangsportal. Das bestimmt 100 Meter breite Monument besteht aus 46 Säulen und fünf Bögen. Auf dem Parkgelände sollen früher Apfelbäume auf einer großen Plantage gewachsen sein. Zum Almaty Stausee in 2511 Metern Höhe führt eine 25 Kilometer lange, asphaltierte Straße mit vielen Kehren. Touristen können den Weg zum Trinkwassersee entweder per Taxi, mittels Linienbus und einer anschließenden Wanderung oder mit dem Fahrrad bestreiten.

Blick auf den Kök-Töbe bei Nacht: Der Fernsehturm und die Achterbahn werden mit blauen, roten, grünen und gelben Lichtern angestrahlt. | Foto: Elke Kögler

Wer Almaty vom Palast der Republik oder der benachbarten Talstation des Kök-Töbe aus weiterhin zu Fuß erkunden möchte, erreicht nach einem etwa 1,5 Kilometer langen Spaziergang den Platz der Republik. Auf diesem befindet sich eine 28 Meter hohe Säule mit einem auf einen Schneeleoparden, dem Wappentier der Stadt, montierten sakischen Krieger. Beide Symbole sowie verschiedene in die Säule integrierte Reliefs stellen ab den sakischen Anfängen die Geschichte Almatys dar. Am Säulenfuß ist ein Handabdruck des ersten Präsidenten zu sehen. Das Berühren des Abdrucks soll Glück bringen. Das Gebäude auf dem Hügel hinter der Säule ist das Rathaus und die rund um den Platz erbauten weißen Häuser mit Marmorfassade waren bis zum Umzug des kasachischen Präsidenten in die neue Hauptstadt Astana Ende 1997 Regierungssitz des Landes.

Elke Kögler

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