Am 15. Februar war die Petersburger Band „Notschnyje Snaipery“ zu Gast im Almatyer Klub „Pjatj Oborotow“. Unsere Autorin Aljona Judina war auf dem Konzert dabei und sprach vorab mit Frontfrau Diana Arbenina.
„So lange haben wir uns nicht gesehen, guten Abend!“ mit diesem Lied aus dem Album „SMS“ begann die Sängerin der Gruppe „Notschnye Snaipery, Diana Arbenina, ihr Konzert.
Stürmischer Applaus. Frontfrau Arbenina steigt von der Bühne auf die Empore des Almatyer Klubs „Pjatj Oborotow“ und begrüßt von dort einige ihrer Gäste mit einem Händedruck – ohne Angst vor ihren Fans und davor, vom Geländer zu fallen, auf dem sie sitzt. Der Klub im Osten Almatys, Ecke Kalinin- und Rosybakijew-Straße, ist rappelvoll, besonders viele Frauen sind gekommen, um die Band zu sehen. Kartenpreise von 4.000, 7.000 und 12.000 Tenge (rund 26 Euro, 45 Euro und 76 Euro) wundern hier niemanden mehr. Arbenina singt auf der Bühne, und ihre Verehrer kämpfen mit den Sicherheitsleuten des Klubs, denn das Fotografieren ist verboten. „Diana! Wir wollen dich fotografieren, aber wir dürfen nicht!“, rufen die Fans.“ „Lasst sie fotografieren!“, sagt Arbenina zu den Klubangestellten. Als bei dem Lied „Hauptstadt“ Papierflugzeuge auf die Bühne geworfen werden, versuchen die Sicherheitsleute, dies zu verhindern, doch das ist Tradition bei diesem Song.
Immer wieder nimmt Diana Arbenina während des Konzerts Kontakt mit ihren Fans auf. „Vor zwei Jahren haben „Notschnyje Snaipery“ hier ein Konzert gegeben. Sie sangen zwei Stunden lang, sprachen aber nicht mit dem Publikum. Dieses Mal ist es ganz was anderes, viel besser!“, sagt Konzertbesucherin und Fan Anna Lopatnikowa.
Die Rocksängerin singt dann zusammen mit dem Publikum. „Meine Lieben“, sagt Diana Arbenina zu Ihren Fans, mehr Frauen als Männern, „ihr kennt doch all die Lieder!“ Selbst die neuen Lieder „Schauspielerin“, „Mais“, „Verkehrsampel“, „Seemann“ und „Bonnie und Clyde“ aus dem neuen Album „Bonnie und Clyde“ kannten schon viele. Die Gruppe sang ihre besten Lieder. Sogar der Song „Gute Nacht“, den Arbenina zum ersten Mal in Kasachstan gespielt hat. Und natürlich war auch ihr bekanntestes Lied, „Du hast mir Rosen geschenkt“, dabei. Viele Verehrerinnen schenkten der Sängerin an diesem Abend Rosen. „So viele Blumen habe ich noch nie bekommen!“, sagt Arbenina.
Der Sommer 1993
„Wir trafen uns im Sommer ‘93 …“, so beginnt ein Lied der Gruppe, das aber noch unveröffentlicht ist. Die Geschichte der Band beginnt tatsächlich im Jahr 1993. Diana Arbenina und Swetlana Surganowa (Ex-Geigerin und zweite Sängerin der Gruppe) lernten sich in St. Petersburg im Sommer ‘93 kennen. Die beiden wollten singen. Diana Arbenina spielte Gitarre und Swetlana Surganowa Geige. Gemeinsam gründeten sie eine Gruppe. Zwischen den beiden entstand nicht nur Freundschaft, sondern auch große Liebe. Die zwei kurzhaarigen Frauen wurden ein Paar. Diese Liebe dauerte neun Jahre. In dieser Zeit, 1998 bis 2002, hat die Gruppe fünf Alben produziert, es gab viele Konzerte, neue Lieder und immer mehr Fans. Aber dieses Glück endete im Jahr 2002. Swetlana verließ die Gruppe. „Auf Wiedersehen, meine gute Freundin und leb wohl, meine Liebe …“, so endet das Lied „Sommer ´93“. Swetlana Surganowa hat jetzt ihre eigene Band, aber keinen Kontakt mehr mit Diana.
Ein neues Leben
Diana Arbenina versuchte, ihre Ex-Freundin zu vergessen und weiter zu leben. Seit 2003 hat sie vier Alben produziert: „Trigonometrie“, „SMS“, „Trigonometrie 2“ und „Koschka“. Im März kommt ihr neues Album „Bonnie und Clyde“. „Die zwölf Lieder meines neuen Albums sind in drei Ländern entstanden, in Russland, Österreich und England“, erzählte Diana Arbenina auf der Presskonferenz. Im Rundfunk kann man schon einige davon hören, zum Beispiel „Schauspielerin“. Bald soll das Lied „Seemann“ auf Sendung gehen. Die Frontfrau der Band erzählt, wie das Lied zustande gekommen ist: „Als ich in Japan war, lernte ich viele italienische Seemänner kennen. Einer von ihnen hat mir die Geschichte seines Freundes erzählt. Ein Seemann hatte sich in eine japanische Prostituierte verliebt. Und ist wegen ihr gestorben. Darüber habe ich ein Lied geschrieben. Es war ein musikalisches Experiment“, erzählt Arbenina.
Musikkritiker meinen, dass Frauen Rockmusik machen, um den Männern zu beweisen, dass sie stark seien. „Was für eine Diskriminierung!“, empört sich Arbenina. „Das bedeutet doch nicht, dass eine Frau nur wegen ihres Geschlechts alles schlechter macht. Es gibt gute und schlechte Musiker, und das hängt nicht vom Geschlecht ab.“
Auch die Journalisten in Almaty fragen nach ihrem Image. Kurz geschnittene Haare und Jeans sind ihr Markenzeichen. „Ich hatte schon früher kurze Haare, manchmal war ich sogar kahlköpfig. Jetzt habe ich längeres Haar. Das Äußere eines Menschen verändert sich immer. Aber das bedeutet nichts. Es muss bequem sein. Das betrifft auch die Kleidung.“ Arbenina lobt die russische Filmindustrie. „Sie entwickelt sich sehr gut. Aber was die Musik anbelangt, ist da nichts los. Nichts Interessantes. Es gibt nur eine talentierte Rocksängerin, nämlich Zemfira. Uns eint die Kraft. Aber sie fehlt mir. Ich hoffe, dass Zemfira bald ein neues Album produziert und wieder beginnt, Konzerte zu geben.“ Es ärgert sie, wenn andere Frauen an ihrer Stelle Erfolg haben. „Ich nenne solche Frauen ‚Schmetterlinge’, sie kommen für einen Tag, singen, bezeichnen sich als Star, und schon morgen hat man sie vergessen. Ich will, dass Zemfira zurückkommt!“, sagt Arbenina. Eigentlich wollte Diana Arbenina Journalistin werden wie ihre Mutter. Aber sie hat sich für die Musik entschieden. Trotzdem hat sie Respekt vor anderen Journalisten. Ruhig und lächelnd reagiert sie auf alle Fragen. Zum Beispiel auf die Frage, ob Diana alkoholische Getränke möge. „Einerseits kann ich, ‚nein‘ antworten. Andererseits lüge ich nie. Alkohol ist für mich keine Droge. Ich nehme keine Drogen, und die Menschen, die Drogen nehmen, tun mir leid. Aber die Worte „Ich trinke nicht“, sind eine Lüge. Wenn ein Mensch aus Russland sagt, dass er nicht trinke, bedeutet das, dass er ein Lügner, ein Alkoholiker oder ein Spion ist. Ich trinke meist Kognak oder echten russischen Wodka. Bier trinke ich eher selten.“
Die Sängerin betrachtet sich selbst als einen starken Menschen. „Ich mache nie das, was ich nicht tun will, habe auch keine Vorbilder. Jeden Tag lebe ich so, als sei es der letzte Tag in meinem Leben. Jeder, der sagt, er habe keine Angst vor dem Tod, ist entweder ein Dummkopf oder ein Lügner!“
Von Aljona Judina
23/02/07