Vom 13. bis 16. Oktober 2024 fand die 33. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in Berlin statt. Über 40 Vertreterinnen und Vertreter deutscher Minderheiten aus 17 Ländern Europas und Zentralasiens kamen zusammen, um gemeinsame Themen und Herausforderungen der deutschen Minderheiten zu diskutieren und um die Bedeutung einer Förderung des kulturellen Gemeinschaftslebens der deutschen Minderheiten durch Deutschland hervorzuheben.
Kasachstan wurde auf der 33. AGDM-Jahrestagung durch drei Delegierte repräsentiert: Yevgeniy Bolgert, Senator des Parlaments der Republik Kasachstan, Olga Stein, der Stellvertretenden Geschäftsführerin für Projektarbeit der Vereinigung der Deutschen Kasachstans, und Kristina Larina, der Vorsitzenden des Verbandes der deutschen Jugend Kasachstans.
Kernthemen und Gespräche mit der Politik
Die Eröffnung der Tagung übernahmen Natalie Pawlik, Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, und Bernard Gaida, AGDM-Sprecher. Im Fokus standen Gespräche mit Entscheidungsträgern der CDU/CSU und der SPD sowie mit Vertreterinnen und Vertretern des Auswärtigen Amts und des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Dabei wurde betont, wie wichtig es ist, das aktuelle Niveau der finanziellen Unterstützung beizubehalten und, wenn möglich, zu erhöhen. Diese Förderung sichert die Arbeit der deutschen Minderheiten, die in ihren Heimatländern als Brückenbauer zu Deutschland agieren.
Olga Stein, die nach langer Zeit wieder an einer AGDM-Tagung teilnahm, schätzte den reifen und zielgerichteten Charakter der Diskussionen. In ihrer Rede hob sie mehrere Aspekte hervor. Die intensiven Gespräche mit Politikerinnen und Politikern, die für die deutschen Minderheiten in Osteuropa und Zentralasien zuständig sind, ermöglichen es ihrer Meinung nach, eine kontinuierliche Unterstützung sicherzustellen. Der Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Fraktionen des Bundestages sei besonders wichtig, um bereits im Vorfeld der bevorstehenden Wahlen die Dringlichkeit dieser Themen zu verdeutlichen. Dies fördere gemeinsame Zielsetzungen und schaffe ein tieferes Verständnis für die besonderen Herausforderungen der deutschen Minderheiten in Ländern wie der Ukraine, Ungarn, Polen und Slowenien.
In Zeiten erheblicher Einschnitte im deutschen Bundeshaushalt für 2025 konnte die Förderung der deutschen Minderheiten in Osteuropa und Zentralasien jedoch beibehalten werden. Olga betonte, dass dies ein großer Fortschritt ist, insbesondere angesichts der Kürzungen im Auswärtigen Amt, die auch Institutionen wie das Goethe-Institut und die Deutsche Auslandsgesellschaft betreffen. Diese Reduzierungen erschweren vor allem Projekte zur Sprachförderung und erfordern die Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten.
Sie merkte auch an, dass die Zusammenarbeit zwischen den Organisationen der deutschen Minderheit in verschiedenen Ländern ausbaufähig sei und dass die AGDM-Programme künftig stärker darauf fokussiert werden sollten. Der Austausch zwischen den Organisationen sei entscheidend, um Veranstaltungen und Projekte gemeinsam zu planen und sich gegenseitig zu unterstützen. Frau Stein schlug vor, die Struktur der AGDM-Treffen so anzupassen, dass eine vertiefte Kooperation gewährleistet wird und gemeinsame Interessen effektiver vertreten werden.
Finanzielle Herausforderungen und neue Lösungen
Angesichts der Kürzungen im deutschen Bundeshaushalt 2025 wurden Lösungsansätze zur langfristigen Sicherung der Projekte und Programme diskutiert. Besonders die Förderung von Bildungsprojekten, die bisher stark vom Auswärtigen Amt unterstützt wurden, bedarf in Zukunft alternativer Finanzierungswege. Yevgeniy Bolgert unterstrich dabei die Wichtigkeit einer stabilen finanziellen Förderung der deutschen Minderheiten und Kulturzentren. In Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern des Auswärtigen Amts sowie Abgeordneten des Bundestags aus den Fraktionen der SPD und der CDU/CSU wurde die Notwendigkeit betont, das derzeitige Fördervolumen mindestens beizubehalten und, wenn möglich, zu erhöhen. Diese Förderung sei unerlässlich, um den Austausch und die deutsch-kasachische Zusammenarbeit weiter zu vertiefen, besonders in einem Haushaltsjahr, das für Deutschland erhebliche finanzielle Anpassungen mit sich bringt.
Weiterhin hob Yevgeniy die Rolle der deutschen Minderheiten als Brückenbauer und Partner für wirtschaftliche und kulturelle Kooperation hervor. Deutsche Zentren in Astana, Bischkek und Taschkent fungieren heute als wichtige Treffpunkte für offizielle und geschäftliche Veranstaltungen im deutsch-kasachischen Kontext. Deutsche Minderheiten seien damit nicht nur kulturelle Akteure, sondern zunehmend auch Partner bei Großprojekten wie dem Bau von Schulen und Kindergärten.
Die Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut wurde ebenfalls thematisiert, insbesondere im Hinblick auf die Förderung der deutschen Sprache und die Stärkung der kulturellen Bindungen. Yevgeniy Bolgert betonte, dass Bildung und Sprachförderung eine zentrale Rolle in der ethnokulturellen Arbeit spielen.
Schließlich berichtete der Senatsabgeordnete, dass die Vereinigung der Deutschen Kasachstans bereits umfassende Erfahrungen darüber gesammelt hat, wie die deutschen Minderheiten in der Kaukasusregion und in weiteren Ländern durch bundesdeutsche Institutionen und Organisationen unterstützt werden. An einem Erfahrungsaustausch mit der Vereinigung der Deutschen Kasachstans ist auch die Vereinigung der Deutschen in der Republik Moldawien interessiert. Laut Yevgeniy Bolgert ist man bereit, diesen Austausch aktiv zu unterstützen.
Jugendarbeit im Fokus
Parallel fand die 3. AGDM-Jugendtagung statt, in deren Rahmen Sebastian Arion aus Rumänien als neuer Jugendkoordinator gewählt wurde. Die Vertreterinnen und Vertreter setzten sich für die Förderung der deutschen Sprache und Kultur ein und sprachen über den Aufbau von Partnerschaften zur Unterstützung der Jugendarbeit deutscher Minderheiten. Kristina Larina, Vorsitzende des Verbandes der deutschen Jugend Kasachstans, repräsentierte die Interessen der deutschen Jugend Kasachstans und betonte die Bedeutung Zentralasiens in internationalen Projekten: Die dritte AGDM-Jugendtagung in Berlin stellte eine wichtige Plattform für den Austausch der deutschen Jugend aus Minderheitengemeinschaften Europas und Zentralasiens dar. Ihre Präsenz unterstrich das wachsende Engagement der deutschen Jugend Kasachstans und deren Interesse an internationaler Vernetzung und Kooperation.
Zum Abschluss verabschiedeten die Teilnehmenden einen Appell an die deutsche Politik, die Förderung deutscher Minderheiten weiterhin als außenpolitische Priorität zu behandeln. Die Tagung betonte die Rolle deutscher Minderheiten als Brückenbauer zwischen Deutschland und ihren Heimatländern und legte damit einen Grundstein für zukünftige gemeinsame Projekte und Kooperationen.