Was ist es, das einen Menschen letztlich zum Menschen macht? Für Jean-Baptiste Grenouille, den Protagonisten in dem Roman „Das Parfüm“ von Patrick Süskind ist es etwas, das jeder Mensch von Beginn an besitzt: Sein Eigengeruch. Jeder Mensch – außer Grenouille. Und so ist es dieses Verlangen nach dem Geruch, der ihn zum Menschen macht, das ihn schließlich zum Mörder werden lässt. Diese „Geschichte eines Mörders“ wie der Untertitel des Buches lautet, wurde im Leseclub des Goethe-Instituts in Auszügen vorgelesen.

/Bild: Anja Greiner. ‚Im Leseclub des Goethe-Instituts präsentieren Muttersprachler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Lieblingsautoren.’/

„Wer die Gerüche beherrschte, der beherrschte die Herzen der Menschen.“ Und Jean-Baptiste Grenouille beherrscht die Gerüche wie kein anderer. Er kann sie auf Kilometer entfernt riechen, sie in jede ihrer noch so feinen Komponenten zerlegen und zu neuen, nie dagewesenen Kompositionen zusammensetzen. Nur den einen, den wichtigsten aller Gerüche, der einen Menschen zum Menschen macht, den besitzt er nicht: Seinen eigenen.

Der Duft der Düfte

Thomas Völker, 24 Jahre, las aus dem Roman von Patrick Süskind.

Besessen von dem Gedanken, einen Duft zu kreieren, der ihn nicht nur menschlich, sondern übermenschlich macht, beginnt die Suche Grenouilles, der Hauptfigur in Patrick Süskinds Roman „Das Parfüm“, nach dem Duft aller Düfte: „Denn die Menschen konnten die Augen zumachen vor der Größe, vor dem Schrecklichen, vor der Schönheit und ihre Ohren verschließen vor Melodien oder betörenden Worten. Aber sie konnten sich nicht dem Duft entziehen. Denn der Duft war ein Bruder des Atems. Mit ihm ging er in die Menschen ein, sie konnten sich seiner nicht erwehren, wenn sie leben wollten.“

Mit seinem fünfundzwanzigsten Mord endet schließlich die Suche. Er hat nun, was er braucht, um sein „Parfüm der Welt“ zu erschaffen: Den Duft von fünfundzwanzig jungen, hübschen Frauen. Und damit, abgefüllt in kleine Phiolen, die Macht, die Herzen der Menschen zu beherrschen. Doch am Ende sind es nicht die Herzen, die er beherrscht, er berührt sie nicht einmal mit seinem Duft. Es sind die inneren Triebe der Menschen, die er weckt, bis zur vollkommenen Ektase steigert, und denen er sich schließlich selbst voller Verzweiflung und Hass den Menschen gegenüber hingibt und so einen grausamen Tod findet.

Damit endet die Geschichte eines Mannes, der sich in dem verzweifelten Versuch, Mensch zu werden, immer mehr davon entfernt, Mensch zu sein.

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Patrick Süskind ist 1949 im bayerischen Ambach geboren und als Schriftsteller und Drehbuchautor tätig.

Sein bekanntestes Werk ist der 1985 erschienene Roman „Das Parfüm“, welches bereits in 46 Sprachen übersetzt, 15 Millionen Mal verkauft und 2006 mit Ben Whishaw, Dustin Hofmann und Alan Rickman in den Hauptrollen verfilmt wurde.

Weitere Werke des Schriftstellers sind unter anderem „Die Taube“, „Der Kontrabass“ und „Die Geschichte von Herrn Sommer“. Als Drehbuchautor wirkte er mit bei Produktionen wie „Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ sowie dem Kinofilm „Vom Suchen und Finden der Liebe“.

Von Anja Greiner

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