In Karaganda fand die feierliche Einweihung der katholischen Kirche der Heiligen Jungfrau Maria von Fatima, der Mutter aller Völker, statt. Es ist die größte Kathedrale in ganz Zentralasien.
„Dieses Heiligtum haben wir mit Hilfe der ganzen Welt gebaut“, beginnt Bischof Janusch Kaleto seine Rede. „Ich verschweige nicht, dass wir den Bau nicht nur Gottes Gnade, sondern auch der tätigen Mithilfe vieler Menschen verdanken. Die Menschen kamen und arbeiteten für Gottes Lohn. Auch möchte ich mich bei den lokalen Behörden für ihre Unterstützung und ihr Wohlwollen bedanken.“
Am 8. September fand in Karaganda die Zeremonie zur Eröffnung der katholischen Kathedrale statt – der ersten gotischen Kirche in Kasachstan und der größten Kathedrale in ganz Zentralasien. Die Orgel erklang zum ersten Mal, und ein Kammerorchester der Solistenakademie wie auch ein Kammerchor der Staatlichen Philharmonie spielten unter anderem klassische Werke von Mozart und Volksmusik zum Gedenken an die Opfer des Zwangsarbeiterlagers KarLag.
Denn die Kirche dient auch als ein Mahnmal und als Ort, an dem man für die unschuldig Ermordeten beten kann. Die 350 Plätze der Kirche waren komplett gefüllt, einige Gäste lauschten draußen auf den Treppen. Anschließend wurde der Tisch gedeckt: Ohne auf Rang und Namen zu schauen, saßen alle gemeinsam an der langen Kirchentafel und aßen Plow (ein zentralasiatisches Reisgericht, Anmerkung d. Red.) – ein Plow für alle Völker.
Eine Heilige für Katholiken, Orthodoxe und Moslems
Nach neun Jahren Bauarbeiten folgten der Einladung zur Eröffnungszeremonie unter anderem der Vorsitzende der Staatlichen Agentur für Religionsangelegenheiten Kayrat Lama Scharif, der Botschafter des Vatikan, Erzbischof Migel Mauri Buendia und zahlreiche weitere ausländische Gäste. Außerdem wurde eigens Kardinal Angelo Sodano aus dem Vatikan geladen. Kardinal Sodano weilte nicht zum ersten Mal in Karaganda: Bereits im Mai 2003 weihte er den Grundstein der nun eröffneten Kirche.
„Nun“, befindet Kardinal Sodanao, „weiß man in Europa, in den USA und in der gesamten Welt, dass hier in Kasachstan im Herzen Asiens religiöse Freiheit herrscht.“ Drei majestätische religiöse Bauten bilden im Süden Karagandas jetzt ein „geistliches Dreieck“: die neue Moschee, die orthodoxe Kirche und die neue katholische Kirche. Interessant: die Heilige Jungfrau Maria von Fatima, die Namensgeberin der neuen Kirche, wird sowohl im orthodoxen Christentum als auch im Islam verehrt.
Kölner Dom als Vorbild
Der Bau wurde vom deutschen Architekten Karl-Maria Ruf nach Vorbild des Kölner Doms geplant und dann vom Kasachstaner Wladimir Sergeew adaptiert. Die Kirche ist somit in lateinischer Kreuzform gestaltet. Verkleidet ist das Gebäude mit Muschelkies, der Marmor wurde aus der Schweiz bestellt, die Orgel aus Österreich gebracht. Letztere ist fünf Meter hoch und aus Eiche und Tanne gefertigt. Der Altar ist das Werk italienischer Meister, die Glocken wurden in Österreich gegossen. Die größte von ihnen wiegt etwa 500 Kilogramm. Die Turmuhr und das bronzene Tor wurden ebenfalls aus Österreich gebracht. Die Christusstatue stammt von den Nonnen aus dem Benediktinerkloster im französischen Flavinia. Die Zweimeterstatue der Heiligen Jungfrau Maria wurde aus weißem Marmor in Portugal in der Stadt Fatima hergestellt und war ein Geschenk der Schweiz. Ebenso multinational wie die Baumaterialien war auch der Bautrupp, in dem ausländische Bauarbeiter Seite an Seite mit den jungen Männern aus Abai und Karaganda arbeiteten.
Die Eröffnung war „ein ganz denkwürdiger Tag“, meint die Nonne Jekaterina Sernowa. „Sogar Menschen, die mit dem Katholizismus nichts zu tun haben, haben der ganzen zweistündigen Messe beigewohnt. All die Vorbereitung hat sich also gelohnt. Ich hoffe, dass unser Heiligtum den Menschen den Glauben bringt und sie hierher nicht nur wie ins Museum, sondern auch zum Beten kommen.“
Die Autorin ist Studentin an der Staatlichen Universität Karaganda im dritten Studienjahr (Studienfächer Deutsch und Englisch).