Warum sind aktuell so viele Fake News im Umlauf? Welche Absichten stecken dahinter? Wie kann man Fake News erkennen und wie der Verbreitung entgegenwirken? Diese und viele andere Fragen wurden im Rahmen zweier Webinare der Konrad-Adenauer-Stiftung – Bildungsforum Rheinland in Kooperation mit der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland aufgegriffen.

Das erste Webinar fand am 7. April statt und widmete sich dem Thema „Desinformation in Zeiten der Corona-Pandemie“. Am 16. April folgte der zweite Teil zu „Fake News erkennen: Souveräner Umgang mit Desinformation in Zeiten der Corona-Pandemie“.

Die Begrüßung und Einführung in die beiden Webinare erfolgte durch den Referenten des Projekts „Gemeinsam. Demokratie. Gestalten“, Michael Müller. Moderiert wurden die Online-Veranstaltungen von Dietmar Schulmeister, Vorsitzender der Landesgruppe NRW und stellvertretender Bundesvorsitzender der LmDR. Als Referenten wirkten mit Nikolai Klimeniouk, freier Journalist (u. a. für FAZ und European Exchange), und Marius Reichert, freier Journalist (u. a. für den WDR) und Medientrainer.

Im ersten Webinar lag das Augenmerk auf Falschmeldungen aus Russland, die unter anderem auf das russischsprachige Publikum, das in Europa lebt, abzielen.

Nikolai Klimeniouk zeigte einige Beispiele für Falschmeldungen auf und erläuterte, welche Absichten dahinterstecken. Solche Meldungen enthalten oft Statements von vermeintlichen „anerkannten Experten und Wissenschaftlern“. Klimeniouk wies darauf hin, dass in Russland nach wie vor ein massiver Handel mit Diplomen und Titeln betrieben wird. Daher sei die Kompetenz dieser sogenannten Experten in Frage zu stellen.

Bei solchen Meldungen handle es sich um schlechte Wissenschaft, die meistens auf Verschwörungstheorien basiere. Darüber hinaus würden durch Fake News gezielt Lügen verbreitet, um bestimmte politische Ziele zu verfolgen.

Ferner führte Nikolai Klimeniouk eine Reihe von vertrauenswürdigen Medien auf, bei denen man sich ruhigen Gewissens über das aktuelle Geschehen informieren könne.

Im Anschluss diskutierten die Teilnehmer darüber, wie man Fake News erkennen kann. Im zweiten Webinar erläuterte Marius Reichert welche Gründe und Absichten hinter der Verbreitung von Fake News stecken. Darüber hinaus wurden Beispiele angeführt, welche Arten von Falschmeldungen sich momentan durch welche Kanäle verbreiten und wie man diese Fake News als solche erkennen könne.

Marius Reichert wies darauf hin, dass die Problematik bei Fake News darin bestehe, dass diese in erster Linie durch das Teilen in sozialen Netzwerken und über private Nachrichten in Messengern, wie zum Beispiel in WhatsApp, verbreitet würden. Diese Verbreitung ist unkontrollierbar. Die Unsicherheit, welche Meldungen nun richtig und welche falsch seien, steige. Marius Reichert führte einige Beispiele und Methoden auf, woran man Fake-News erkennen könne, und gab Empfehlungen, wie man mit diesen Informationen umgehen sollte.

Die Teilnehmenden der beiden Webinare äußerten den Wunsch nach weiteren Bildungsmaßnahmen, um Multiplikatoren auszubilden, kritisches Denken zu fördern und das eigene Wissen auf diesem Gebiet erweitern zu können.

VadW: Wieso verbreiten sich momentan so viele Fake News?

Marius Reichert: In Krisenzeiten sind Menschen viel anfälliger für Fake News. Sie sind verunsichert und suchen ständig nach neuen Informationen. Sie wollen auf dem neusten Stand bleiben. Daher ist momentan Corona ein gefundenes Fressen.

Hinter Fake News stecken bestimmte Absichten und nicht selten auch gewisse politische Tendenzen. Zwischen bestimmten Ländern wird das Thema Corona schnell zum politischen Spielball. So werden beispielsweise Unmengen von Theorien aufgestellt, wer am Ausbruch des Corona-Virus schuld sei und ob das eine beabsichtigte Aktion gewesen sei. Ist es vielleicht die biochemische Waffe eines Landes? Wurde es in einem Labor gezüchtet? Sollte der Virus den Rest der Welt ausschalten?

Es kursieren alle möglichen Theorien. Doch es wird nicht nur der Bereich Politik hineingezogen, sondern auch die Medizin.

Was ist das Gefährliche an solchen Fake News?

Menschen, die ihre Meinungs- und Deutungshoheit behalten müssten, verlieren sie dadurch. Momentan herrscht ein grundsätzliches Gefühl von Unsicherheit. Menschen fragen sich, wie es weitergeht, jeder sucht nach Antworten und Erklärungen. Die Menschen sind momentan anfälliger für Verschwörungstheorien als sonst.

Ein weiterer Grund ist die technische Raffinesse: Es wird immer schwieriger, Fake News zu erkennen.

Über welche Kanäle werden Fake News verbreitet?

Die üblichen Kanäle sind nach wie vor soziale Medien wie Facebook oder Instagram. Besonders beliebt sind Messenger – in Deutschland werden die Fake-News überwiegend über WhatsApp verbreitet.

Woran kann man Fake News erkennen?

In erster Linie gilt bei allem der gesunde Menschenverstand. Man sollte nicht sofort alles glauben, was man liest oder sieht, sondern erst überlegen, wer daran ein Interesse haben könnte.

Die klassische Methode ist, den Inhalt der Meldung zu googeln und zu prüfen, ob vielleicht Nachrichten mit einem ähnlichen Inhalt auch bei anderen Medien veröffentlicht wurden.
Für Fortgeschrittene gibt es beispielsweise die Rückwärtssuche bei Google: Dabei kann man prüfen, ob ein Foto, das zu einem bestimmten Sachverhalt verbreitet wird, auch tatsächlich da entstanden ist, wie in der Meldung angegeben.

Es gibt mittlerweile Initiativen, sogenannte Faktenfinder, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Fake News aufzudecken, wie zum Beispiel mimikama.at. Wenn man selbst eine Falschmeldung entdeckt hat, sollte man diesen Beitrag melden und auf keinen Fall weiterleiten.

Grundsätzlich gilt: Wenn man sich nicht sicher ist, ob eine Meldung stimmt oder nicht, lieber die Finger davon lassen. Nicht kommentieren und schon gar nicht weiterverbreiten.

VadW: Wenn jemand gezielt nach russischsprachigen Informationen sucht, an welche Medien kann er/sie sich wenden?

Nikolai Klimeniouk: Zu den vertrauenswürdigen Medien gehören zum Beispiel BBC, Meduza, Radio Svoboda oder die Deutsche Welle. Auf der Homepage unserer Initiative Quorum werden regelmäßig Informationen in russischer, aber auch in deutscher Sprache rund um die aktuellen Ereignisse in Deutschland veröffentlicht.

Was steckt hinter dem Projekt Quorum?

Die Initiative Quorum ist ein Projekt von Europäischer Austausch gGmbH. Unsere Inhalte richten sich an die russischsprachigen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Wir möchten die Menschen dazu motivieren, sich aktiv an den politischen und demokratischen Prozessen zu beteiligen. Wir möchten darüber aufklären, wie das politische System in Deutschland funktioniert: Wer wählt wen und warum? Darüber hinaus führen wir soziologische Untersuchungen durch, bieten Schulungen und Fachveranstaltungen an und informieren über das aktuelle Geschehen.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Initiative?

Wir wollen aufklären, informieren und einen lebendigen Dialog fördern. Demokratie kann nur funktionieren, wenn sich genügend Bürgerinnen und Bürger aktiv in das gesellschaftliche Leben und in die politischen Prozesse einbringen.

Menschen, die aus dem postsowjetischen Raum kommen, haben oft eine sehr vorsichtige Haltung der Politik gegenüber. Die Ursachen dafür liegen in ihrer Herkunft und ihren Erfahrungen, die sie in ihrer alten Heimat gemacht haben. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Herkunft und Einstellung zur Politik.

Neben der Homepage www.initiative-quorum.org sind wir auch in sozialen Netzwerken unterwegs.

In Ihrem Vortrag haben Sie über Fake News aus Russland gesprochen und einige Beispiele angeführt. Wenn sich jemand in der russischen Medienlandschaft nicht auskennt – mit welchen Tricks und Methoden kann derjenige trotzdem Fake News erkennen?

Grundsätzlich gilt – nicht sofort alles glauben, sondern mit einem kritischen Blick an die Verarbeitung der Information gehen. Überlegen, ob diese Meldung weitergeleitet und geteilt werden soll oder nicht. Unbedingt prüfen, woher die Information stammt. Was weiß man über die Quelle und das Medium? Um sicher zu gehen, das Impressum prüfen und Meldungen mit Informationen bei anderen Medien vergleichen.

Katharina Martin-Virolainen

Teilen mit: