Für die Kunst geboren – zum Kohleabbau gezwungen. In Karaganda, einer der größten Städte Zentralkasachstans, sind im letzten Jahrhundert verschiedenste Welten aufeinandergeprallt. Neben Soldaten und Kriegsgefangenen saßen in den sowjetischen Straflagern der Region auch viele Regimekritiker, Intellektuelle und Künstler ein. Die sechs Steinfiguren, die die Säulen über dem Eingang des Kulturpalastes der Bergarbeiter zieren, zeugen von der Vielfältigkeit der unfreiwilligen Stadtbewohner.
Größte Region Kasachstans, Zentrum des Kohleabbaus, Stadt der Bergarbeiter. Als Anfang der 1930er Jahre damit begonnen wurde, das schwarze Gold im Herzen Kasachstans zu erschließen, wuchs die frisch gegründete Stadt Karaganda schnell zu einem wichtigen Industriezentrum der Sowjetunion heran. Viele der dort tätigen Arbeiter waren allerdings nicht freiwillig gekommen, sondern saßen in Straflagern ein. Unter ihnen waren über 100.000 Russlanddeutsche und nach Ende des Zweiten Weltkriegs auch einige Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler.
Unter der Leitung des Architekten Joseph Brenner wurde 1940 in Karaganda schließlich mit dem Bau eines Theaters begonnen. Heute ist der 1952 vollständig in Betrieb genommene Kulturpalast der Bergarbeiter eines der größten und bekanntesten Wahrzeichen der Stadt. Im zentralen Auditorium finden 1000 Zuschauer Platz, zusätzlich gibt es eine Lobby und zwei Foyers. Das architektonische Bild wird von progressiven kasachischen Einflüssen geprägt. Besonders eindrucksvoll ist dabei die Vorderseite des Gebäudes: Sechs achteckige Säulen bilden einen Portikus, auf dem verschiedene Skulpturen stehen. Zu sehen sind ein Bergmann, ein Hirte mit Lamm, ein Soldat, eine Kolchosbäuerin, ein Ingenieur und ein Sänger mit Dombra.
Foto: Johann Stephanowitz
Text: Jan Philipp Fleischer