Als ich Anfang 2005 nach Kasachstan kam, schien es mehr als unwahrscheinlich, dass ich zehn Jahre später noch immer hier, das Land selbst zu meiner wichtigsten beruflichen Etappe geworden sein würde. Damals suchte ich nach einer Möglichkeit, meine verschütteten Russischkenntnisse aufzufrischen – und fand diese bei der Deutschen Allgemeinen Zeitung. Bis heute bietet die DAZ angehenden Journalisten ein dankbares Versuchsfeld, zum Sich-Ausprobieren, für ungewöhnliche Themen und Texte.

Ich stellte damals schnell fest, ein halbes Jahr Praktikum reicht nicht zum Russisch-Lernen, und entschied mich wiederzukommen, auf eigene Faust, als freie Journalistin. Bereits im ersten Jahr meiner Selbständigkeit, reiste ich nach Astana, in den Altai, ans Kaspische Meer nach Atyrau und Aktau, nach Mangystau, an den Aralsee. Ich lernte Altgläubige kennen, Kaviar-Schmuggler und Stör-Züchter, gläubige Muslime auf Pilgerreise.

Egal für wen ich arbeitete, für Print-Medien, Radio– oder Fernsehsender, bei meinen zahlreichen Reisen durch Kasachstan hatte ich in all den Jahren immer auch eine Kamera dabei. Zu vielen meiner Geschichten lieferte ich die Bilder gleich dazu.

Heute umfasst mein Archiv mehrere Tausend Fotos, die mich oft selbst überraschen. Die kasachische Steppe ist mir nie langweilig geworden, auch nicht nach tagelangen Fahrten per Bahn oder Auto. Der Geruch von Beifuß, Salzseen mit Fährten von Saiga-Antilopen und Wölfen, die mit Eis überzogene Schneedecke im Winter – all diese Erinnerungen habe ich in Fotos festgehalten. Ebenso beeindruckende Landschaften am Aralsee und am Balchaschsee, im kasachischen Altai oder im Delta des Ural-Flusses am Kaspischen Meer.

In besonderer Erinnerung geblieben sind natürlich die Bewohner Kasachstans. Als freie Journalistin hat man die Möglichkeit, nahezu jedes Thema „zu machen“, das einen wirklich interessiert, interessante Menschen anzusprechen – auch wenn nicht jede Begegnung einfach ist.

Besonders beeindruckt hat mich Aischan Taitenowa, die ich 2012 in Semej kennenlernte. Ihre Töchter Assylschan und Amina wurden beide mit Mikrozephalie und einer einhergehenden geistigen Behinderung geboren – eine Folge der Atomwaffentests, die die Sowjetunion in der Region um das damalige Semipalatinsk bis Ende der 1980er Jahre durchführte. Ich durfte Aischan und ihre Töchter fotografieren. Und dank ihrer Offenheit ist so eine meiner bis heute beeindruckendsten Fotoserien entstanden. – Da ich weiterhin aus Kasachstan berichte, hoffe ich sehr, dass noch einige weitere folgen werden. Die Kamera jedenfalls habe ich auf meinen Reisen immer dabei.

Die Foto-Ausstellung von Edda Schlager wird am 5. Oktober im Foyer des Hotels Intercontinental während des Empfangs des Generalkonsulats Almaty anlässlich des Tags der deutschen Einheit gezeigt.

Weitere Fotos von Edda Schlager finden Sie hier http://www.tengri.de und hier https://instagram.com/eddaschlager/

Die Journalistin Edda Schlager lebt seit mehr als zehn Jahren in Almaty und berichtet von hier aus für deutschsprachige Medien aus Zentralasien. Anlässlich der Deutschen Woche vom 5. bis 9. Oktober zeigt sie eine Ausstellung mit Fotos, die – wie sie hier schildert – im Laufe der Jahre in Kasachstan entstanden sind.

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