Bis zum 8. Dezember sind die Fotos der koreanischen Künstlerin Oksun Kim im Staatlichen Abilchan Kastejew-Museum der Künste, Almaty ausgestellt. Auch entlang der Flaniermeile Zhibek Zholy sind einige Fotos der Ausstellung „Die Geschichte von dir und mir“ derzeit zu betrachten.
In sechs Serien und Fotografien von über 40 Einzelpersonen und Familien verhandelt Kim künstlerisch Themen wie Migration, binationale Ehen und Partnerschaften sowie Selbstidentifikation. Anlass für die Ausstellung „Die Geschichte von dir und mir“ in Kasachstan sind 30 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Kasachstan und Südkorea. „Für dieses Verhältnis sind auch alte Migrationsbewegungen von großer Bedeutung“, so der Kurator Wonseok Koh. Er beschreibt damit auch die Rolle der vielen Kasachstankoreanerinnen und -koreaner, die mit Kasachstandeutschen eine sehr ähnliche Deportationsgeschichte teilen.
Die Künstlerin, die ihre Arbeit schon seit über 20 Jahren der Fotografie widmet, fokussiert in ihren Fotoreihen insbesondere Migrantinnen. Sie verbindet damit zwei relevante Themen: Das Leben von Frauen innerhalb patriarchaler Systeme sowie deren Migrationserfahrungen. Diese Verknüpfung liegt ihr auch persönlich nah am Herzen: „Viele der Fotos hängen mit meinen Erfahrungen zusammen. Ich bin verheiratet mit einem Deutschen, wir haben zusammen ein Kind und leben mittlerweile in Korea. Ich habe mich nach der Heirat auch in Korea ausländisch gefühlt.“
Kim erzählt im Rahmen eines „Artist Talks“ von den Schwierigkeiten, denen sie in ihrer binationalen Ehe begegnete. Dabei thematisiert sie auch, dass diese Art von Ehen in den 2000ern ein heikles Thema war und sie von Seiten der Regierung und Gesellschaft Ablehnung erfuhr. „Ich habe gemerkt, dass vor allem Frauen dabei wenig Unterstützung erfahren haben“, so Kim. Ihre Erfahrungen wollte sie verknüpfen mit anderen Geschichten und künstlerisch verarbeiten: „Ich dachte mir, dass ich wahrscheinlich nicht alleine bin. Also begab ich mich auf die Suche nach ähnlichen Geschichten.“
Auch in Deutschland wurden Fotos geschossen
Im Rahmen der Fotoreihe „Happy Together“ [Zusammen Glücklich] arbeitete die Fotokünstlerin auch in Deutschland. Kim interessierte sich für die Krankenpflegerinnen, die in den 1960ern aus Korea nach Westdeutschland kamen. Hintergrund war damals der akute Personalmangel im westdeutschen Gesundheitswesen in den 1960er Jahren. Aus diesem Grund wurden von Ende 1950 bis 1976 im Rahmen des sogenannten „Korea Programms“ etwa 11.000 koreanische Krankenpflegerinnen nach Deutschland angeworben.
Kritikerinnen und Kritiker beklagten vor allem die negativen Effekte für Korea: da der Beruf der Krankenpflegerin vor dem Programm dort nicht existierte, wurde er lediglich aus diesem Anlass entwickelt. Es blieben letztendlich viele Ausgebildete ohne Arbeit in Korea zurück, da weniger Arbeitnehmerinnen als zuvor vereinbart nach Deutschland einreisen konnten. Des Weiteren warnte beispielsweise die Weltgesundheitsorganisation vor einer gefährdeten Gesundheitsversorgung in Korea aufgrund der hohen Abwanderungszahlen.
Kim interessierte sich im Rahmen ihrer Arbeit dafür, wie sich die ehemaligen Krankenpflegerinnen heute, nach über 50 Jahren in Deutschland, fühlten. Daher traf sie sich während ihrer Arbeitsreise mit einigen von ihnen, um mehr über ihre Geschichte zu erfahren und diese schlussendlich fotografisch festzuhalten. Zwei der Ergebnisse sind aktuell im Kastejew-Museum zu betrachten.
Mut und Stärke fotografisch festhalten
Doch Kims Arbeit führt sie noch an einige weitere Orte. „Ich bin nach New York mit dem Gedanken, dass es dort viele binationale Ehen und Paare gibt. Daher wollte ich Koreanerinnen mit ihren Partnern oder Partnerinnen fotografieren“, so Kim. Für die Serie „Portraits Adachi“ fotografierte Kim koreanische Migrantinnen in Japan. „Park Portraits“ wiederum führte die Fotokünstlerin nach Taiwan. Hier standen für sie Kinder aus multikulturellen Familien im Vordergrund. „Ich wünsche mir, dass diese Kinder sich daheim und als Teil der Gesellschaft fühlen“, so Kim.
Nicht zuletzt interessiert sich die Fotokünstlerin auch für Frauen, die nach Korea migrierten, und verknüpft ihre persönlichen Geschichten in „Bräute, Sara“ mit koreanischer Geschichte. Kim fotografiert ihre Protagonistinnen im Stil der Fotografien, die im Rahmen eines koreanischen Regierungsprogramms zur Heirat ins Ausland geschickt wurden. Frauen, meist im Alter von 16 bis 20 Jahren, verschickten dabei Fotografien aus unterschiedlichsten Gründen. Kim zufolge haben ihre Protagonistinnen mit diesen Frauen eine Menge gemeinsam.
„Ich wollte ins Gespräch kommen mit migrantischen Frauen, die alles auf sich nahmen. Sie haben großen Mut und Stärke“, schlussfolgert die Künstlerin über ihre Schwerpunktsetzung. Die Auswahl der Serien durch Kurator und Künstlerin geschahen dabei nicht zufällig: „Das multinationale Kasachstan sollte sich in der Ausstellung wiederfinden können“, erklärt Kim.
Bevor ihre Ausstellung nach Almaty kam, waren Kims Fotos in verschiedenen Galerien und Museen Südkoreas wie der Seoul Art Gallery oder dem National Museum of Modern Art ausgestellt. Auch international stellte die Künstlerin bereits in den USA, Taiwan, Japan, Argentinien und Chile aus.