So einen Brautteppich hat es noch bei keiner Hochzeit gegeben: Gulnur Mykaschanowa verbindet Pferdehaare und Filz zu Kreisen auf weißem Gipshintergrund. Der geometrische Wandschmuck steht im Mittelpunkt ihrer Einzelausstellung „Eiserne Frauen“ in der Galerie Tengri-Umai in Almaty.

/Bild: Christine Karmann. ‚Ausstellung „Eiserne Frauen“: Zottelige Kunstwerke und Frauenbilder’/

Im bodenlangen Filzkleid schreitet Gulnur Mykaschanowa durch ihre Einzelausstellung „Eiserne Frauen“ in der Almatiner Galerie Tengri-Umai. Die schwarzen Haare zum Dutt hochgesteckt, den dichten Pony schräg gekämmt, die schmalen Finger beringt und manikürt. Bezeichnet sie sich auch als eiserne Frau? „Ja, das bin ich“, sagt Gulnur Mykaschanowa und lacht. „Ich bin eine eiserne Frau, die Karriere machen möchte, aber ich sehe mich auch in Zukunft als Mutter und Ehefrau im Kreise meiner Verwandten.“

Die 1981 in Semej geborene Kasachin reiste Mitte September aus Berlin mit einem Koffer ihrer Objekte aus Filz, Pferdehaar und Metall nach Almaty. „Wiegt ja nicht so viel“, so die Künstlerin. Neben den zotteligen Kunstwerken, die an den Ursprung des weiblichen und männlichen Geschlechts erinnern sollen, hat Gulnur Mykaschanowa auch einige Frauenfotografien mitgebracht. Bilder von in Folie eingehüllten Körpern mit – was sonst – langen schwarzen Haaren.

Verfilzte Sinnlichkeit

„Ich möchte den Konflikt zwischen Ideologie und Sinnlichkeit zeigen. Die Frau zwischen der national-ethnischen Tradition und einer Globalkultur“, sagt Gulnur Mykaschanowa. „Meine Themen sind Werte und Wertlosigkeit.“ Ein persönlicher Blick auf Frauen aus Nomadenkulturen und ihren Platz in der modernen Welt. Die runden Metallformen an den Filzwerken stehen für Sonne, Schönheit, lebendiges Leben und Frauen, die sich selbst realisieren.

Sinnbild dafür ist der moderne Brautteppich. „Auf dieses Werk beziehen sich alle anderen Arbeiten in der Ausstellung“, so Gulnur Mykaschanowa. Einst arbeiteten die Frauen in Kasachstan am traditionellen Brautteppich, genau beobachtet von der Familie, die anhand des Werks entschied, wie gut die Frau zum auserwählten Mann passte. Mykaschanowas Brautteppich mit der Strenge der geometrischen Kreise aus Pferdehaaren und Filz vor dem weißen Gipshintergrund soll für die nomadische Realität im Hier und Jetzt stehen. Und für starke Frauen, die ihren Weg gehen.

So wie Gulnur Mykaschanowa, die nach Abschluss der Almatiner Nationalen Kunstakademie ihre Studien an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin vervollständigt. „Mein Professor konnte anfangs mit dem, was ich da gemacht habe, nicht viel anfangen, aber dann hat er verstanden, dass mein Material der Filz ist. Er ist Teil meiner Kultur, die sich auf dem Weg in die Moderne befindet.“

Gulnur Mykaschanowa: „Eiserne Frauen“, 20.09.-16.10.2010, Galerie Tengri-Umai Almaty.

Von Christine Karmann

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