Das Bachelorstudium ist in der Tasche, und nun? Ein Freiwilligenjahr in Deutschland, dachte sich die heute 23-jährige Ekaterina Moroko und bewarb sich 2017 beim Deutsch-Russischen Austausch e.V. (DRA). Im Interview spricht die gebürtige Kasachstanerin über ihre Arbeit in der Organisation und ihre Erfahrungen in Deutschland.

Ekaterina, was war deine Motivation, ein freiwilliges soziales Jahr beim Deutsch-Russischen Austausch zu machen?

Ich habe mein Bachelorstudium abgeschlossen und wusste nicht, was ich als Nächstes machen soll. Ich fühlte mich nicht bereit, arbeiten zu gehen und konnte mich nicht für einen Masterstudiengang entscheiden. Deshalb habe ich mir gedacht, dass ein Gap Year die beste Lösung für mich wäre: Im Ausland zu sein, sich selbst besser kennenzulernen und etwas Wichtiges für die Gesellschaft zu machen. Weil ich damals in Russland lebte, habe ich angefangen, Projekte für Freiwillige aus Russland zu suchen und habe den DRA entdeckt – wir passten gut zusammen!

Wie waren deine Eindrücke? Kannst du kurz über deine Erlebnisse berichten?

Mein Freiwilligendienst war tatsächlich eine interessante und erlebnisreiche Zeit, die es mir ermöglicht hat, meine Stärken und Schwächen zu verstehen und selbstbewusster zu werden. Zum Beispiel habe ich mich mit dem Thema „Krieg im Donbass“ beschäftigt, das für mich sehr wichtig war und immer noch ist. Dabei konnte ich auch berufliche Kompetenzen entwickeln – die beste Kombination für ein freiwilliges Jahr. Das alles hat ein gutes Fundament für mein zukünftiges Berufsleben geschaffen. Aber der wichtigste Teil waren natürlich die Menschen, die ich in Deutschland kennengelernt habe – seien es meine Kollegen, andere Freiwillige oder meine Mitbewohner. Wir haben eine wundervolle Zeit zusammen gehabt!

Was waren genau deine Aufgaben?

Als Freiwillige mit einer journalistischen Ausbildung habe ich mich mit der Öffentlichkeitsarbeit der Organisation beschäftigt: Ich habe die Webseite und die Facebook-Gruppe betreut, aus dem Deutschen und Englischen ins Russische übersetzt, russische Texte redigiert und Flyer gestaltet. Für das Projekt CivilM+ habe ich beispielsweise eine neue Webseite und einen monatlichen Newsletter entwickelt. CivilM+ ist eine europäische Plattform, welche die Wiederherstellung des Donbass als friedliche und integrierte Region der Ukraine erleichtern soll und als Verbindungsstelle ziviler Initiativen wirkt. Außerdem gibt es in einer Nichtregierungsorganisation immer etwas zu tun, besonders vor großen Veranstaltungen oder Konferenzen – dabei habe ich auch geholfen.

Welches Projekt des DRA hat dich während deiner Zeit am meisten geprägt?

Am meisten war ich im Projekt „Dialog für Verständigung und Recht: Europäische NGOs gemeinsam für Konfliktbewältigung im Donbass“ beteiligt. Ich habe 2015 an einer russisch-ukrainischen Jugendbegegnung teilgenommen und seitdem ist der Konflikt im Donbass sehr wichtig für mich. Ich war froh, dass ich mich beim DRA auch mit diesem Thema beschäftigen konnte. Ich glaube, dass ich jetzt viel mehr über den Konflikt im Donbass und seine Akteure verstehe.

Was ist für dich „typisch“ deutsch?

Sehr schwer zu sagen! Bevor ich nach Deutschland kam, hatte ich einige Vorstellungen darüber, was für Deutsche „typisch” ist, zum Beispiel den Stereotyp, dass die Deutschen pünktlich sind – daran glaube ich nicht mehr.

Einige Kultursachen  bezeichne ich für mich aber als „deutsch”, was daran liegt, dass ich diese Sachen erst in Deutschland oder mit meinen deutschen Freunden für mich entdeckt habe. Es ist natürlich sehr subjektiv, aber deutsch für mich ist: Grillen bei erster Gelegenheit, viel Bier und Kaffee trinken, Müll trennen, Tischtennis spielen, eine eigene Meinung zu politischen Themen haben, Dokumente per Post schicken, einem Verein angehören.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Im September fange ich mein Masterstudium an der Higher School of Economics in Moskau an. Ich habe mich für „Big Data Journalism“ entschieden. Diesen Studiengang gibt es nämlich nur an dieser Universität, und ich möchte mich in diesem Bereich weiterentwickeln. Aber ich kann noch nicht genau sagen, ob ich mein ganzes Leben in Russland verbringen möchte. Mal sehen.

Das Interview führte Karina Turan.

Mehr Informationen zum Deutsch-Russischen Austausch finden Sie unter: www.austausch.org

Teilen mit: