In den letzten Wochen haben sich die Parlamentsabgeordneten gemeinsam mit der Regierung ziemlich intensiv um den Staatshaushalt bemüht. Das tut auch Not, weil eine ganze Reihe von Fragen anstehen, die einer Lösung bedürfen. Die Ergebnisse, die erreicht wurden, sind „naturgemäß“ unterschiedlich.

So wird als großer Erfolg gefeiert, dass die Haushaltsplanung künftig für eine Dreijahresperiode erfolgen wird und nicht mehr – wie generell eigentlich überall in der Welt üblich – für ein Jahr. Der Vorteil, den man sich hiervon verspricht, ist wohl eine Erleichterung der Arbeit der Abgeordneten und des Finanzministeriums, die sich nicht mehr jährlich mit dem Erstellen, Diskutieren und Annehmen (oder auch Ablehnen) dieses wichtigsten Finanzdokumentes herumplagen müssen. Ich sehe diese Entscheidung kritisch und führe dazu zwei Argumente an.

Erstens: Bereits die Vorschau und die darauf aufbauende Finanzplanung für nur ein Jahr erweist sich nicht zuletzt auf Grund der Ölpreisdynamik als schwierig und wird bisher von den entsprechenden Organen nur ungenügend beherrscht. Davon zeugt die große Zahl von Korrekturen am Haushalt im Verlauf eigentlich jedes Haushaltsjahres. Diese alte Krankheit der Planung und Steuerung der hiesigen Staatsfinanzen wird sich durch die Verlängerung der Planungsperiode mit Sicherheit noch verschlimmern. Allzu oftmalige Korrekturen des Haushaltes sind nicht nur Ausdruck unzureichender Planungsqualität, sondern bewirken auch eine Planungsunsicherheit für die Stellen und Unternehmen, die staatliche Aufträge vergeben beziehungsweise realisieren.

Zweitens: Der Staatshaushalt ist zwar in seiner Ausdrucksform ein Finanzdokument, hat aber eigentlich in höchstem Maße politischen Charakter. Er manifestiert den Willen der Volksvertreter bestimmte Prozesse und staatliche Dienstleistungen zu finanzieren und andere nicht. Die Haushaltserstellung, vor allem aber die Haushaltsdiskussion ist damit im Grunde der wichtigste parlamentarische Akt in einer Demokratie. Hier müssen Regierung und Opposition ihre Vorstellungen zu sämtlichen Teilprozessen vor einem breiten Publikum diskutieren und das Volk über den geplanten Umgang mit den Steuern informieren.

Fazit: Solche Diskussionen werden in Kasachstan künftig also nur alle drei Jahre stattfinden. Aus Sicht der deklarierten Entwicklung hin zur Demokratie ein klarer Schritt zurück, der auch durch die eventuell erzielbaren Einsparungen von Bürokratiekosten keinesfalls aufgewogen werden kann.

Nun kann man einwenden, dass hierzulande die Haushaltsdiskussion im Parlament noch nie ein allzu großer Renner hinsichtlich der Öffentlichkeitswirksamkeit war und folglich kein allzu großer Schaden entstehen wird. Man wird diesen Einwand nur schwer von der Hand weisen können. Denn so mancher Haushalt ist schon nach zwei Lesungen und müder Diskussion – husch, husch, husch – von den Parlamentariern durchgewunken worden. Sogar die Müdigkeit, die durch solch stark verkürzte Diskussionen hervorgerufen wurde, hat man ihnen angesehen. Und das obwohl die Öffentlichkeit von beobachtender Teilnahme jeglicher Art ausgeschlossen ist. Summa summarum: Das Fehlen einer Opposition, die diesen Namen auch verdient hätte, hat sich in dieser Hinsicht bereits in der Vergangenheit eher lähmend ausgewirkt und tut es heute erst recht.

Doch das Parlament hat zuletzt auch gute Dinge verabschiedet. Dazu gehören gesetzliche Grundlagen für sogenannte Privat-Public-Partnerschaften. Hierbei geht es um die gemeinsame private und staatliche Finanzierung bestimmter Projekte, vor allem im Bereich der technischen Infrastruktur, wie Straßen und Schienen. Positiv ist, dass sich auch in Kasachstan damit die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass der Staat ganz einfach nicht alles allein finanzieren kann. Er braucht also Partner aus der privaten Wirtschaft. Denn die Alternative wäre, dass entweder viele Projekte überhaupt nicht oder nur sehr spät realisierbar wären, oder der Staat dem Bürger steuertechnisch noch tiefer in die Tasche greifen müsste. Konkret geht’s hierzulande im Moment vorwiegend um Straßenbauten, für deren Benutzung dann eine Maut zu bezahlen ist. In vielen Ländern Westeuropas aber, beispielsweise auch in Tschechien, ist das schon viele Jahre Praxis, und alle haben sich daran gewöhnt.

Die im hiesigen Parlament dazu gefassten Beschlüsse sind meiner Meinung nach ganz vernünftig ausgefallen. Allerdings erscheint mir die Anzahl der geplanten Ausnahmeregelungen viel zu hoch zu sein. Man wird – wenn überhaupt – diese Ausnahmefälle nur mit riesigem, bürokratischem Aufwand kontrollieren können, vor allem aber entsteht dadurch wieder ein fruchtbares Feld für das Gedeihen spezifischer Korruption. Aber vielleicht wird an diesen Stellen ja noch nachreguliert.

Nun der letzte Gedanke zum aktuellen Haushaltsgeschehen: der Rechnungshof als neutrales Organ zur Prüfung der Richtigkeit der Einnahmen- und Ausgabenpolitik hat für den Haushalt 2007 Konstanz attestiert. Doch dies im Sinne von Konstanz bei Problemen. Die Anzahl der Verletzungen der entsprechenden Gesetze ist nach wie vor ziemlich hoch und keineswegs zurückgegangen. Nach wie vor werden zu viele Mittel im Verlauf des Haushaltsjahres nicht ausgegeben. Nach wie vor werden die auch in Kasachstan mittlerweile geltenden Regeln für das öffentliche Ausschreiben von staatlichen Aufträgen unzureichend beachtet. Nach wie vor wird zu viel Geld für unreife Projekte bereitgestellt, und bringt deshalb nicht den erwarteten Nutzen. Kurzum: die Unregelmäßigkeiten bleiben seit Jahren konstant, es ändern sich allerdings die dadurch bewegten Summen. Doch auch das ist eine Art von Dynamik.

Bodo Lochmann

11/07/08

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