Die meistbesuchten Orte in Kasachstan sind wenig überraschend die beiden Metropolen Almaty und Astana. Die im Schnitt meiste Zeit verbringen ausländische Touristen jedoch in der Region am Kaspischen Meer. Das lässt sich leicht erklären mit der vielseitigen Landschaft und dem kulturellen Erbe, das Mangystau hervorgebracht hat.

Das kasachische Ministerium für Kultur und Sport hat Ende vergangener Woche neue Daten veröffentlicht, die Aufschluss über die Beliebtheit der Regionen Kasachstans bei ausländischen Touristen geben. Dabei gab es mit Blick auf die Besuchsdauer – also die Zeit, die Touristen im Schnitt an einem Ort verbringen – einen überraschenden Sieger: die Region Mangystau.

Die wurde zuletzt eher mit anderen Schlagzeilen in Verbindung gebracht. So ist die Region, die in Kasachstan als Zentrum der Förderung fossiler Brennstoffe gilt, immer wieder auch Ort breit angelegter und lang andauernder Proteste von Ölarbeitern. Anfang der Woche kamen einige Dutzend Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens der Branche sogar von Schangaösen nach Astana und belagerten das kasachische Energieministerium, um gegen eine öffentliche Vergabe zu protestieren, bei der ihre Firma leer ausgegangen war. Die Stadt war zudem Ausgangspunkt der Proteste, die im vergangenen Jahr zu ursprünglich zu den blutigen Januar-Unruhen führten.

„Sehr großes Potential“

Die neuen Zahlen des Kulturministeriums zeigen dagegen, dass viele Ausländer die Region Mangystau mit weit mehr in Verbindung bringen als mit Öl, Gas und Arbeiterprotesten. Laut Angaben des Ministeriums verzeichnete sie zwar mit insgesamt 41.000 Besuchern im Jahr 2022 weit weniger als die Metropolen Almaty (417.000 ausländische Gäste) und Astana (238.000). Dafür blieben die, die kamen, wesentlich länger als die Besucher der beiden Großstädte. So verbrachten die Touristen in der Region Mangystau durchschnittlich sieben bis zwölf Tage, während die Besucher Almatys drei bis fünf Tage blieben. In Astana verweilten sie dagegen nur zwei bis drei Tage im Durchschnitt.

„Die Besuchsdauer unterstreicht die touristische Attraktivität der Region“, freute sich der stellvertretende kasachische Minister für Kultur und Sport Jerschan Jerkinbajew über die Zahlen speziell zu Mangystau. Diese habe ein sehr großes Potential; man arbeite daran, es voll auszuschöpfen. „Fachkräfte werden aus- und weitergebildet, touristische Infrastruktur aufgebaut, Verhandlungen über neue Direktflüge geführt“, so der Regierungspolitiker. „Die Nachfrage unter Ausländern ist groß und wir wollen sie befriedigen.“

Naturschutzgebiete und seltene Arten

Mangystau mit der Hauptstadt Aktau macht einen Großteil der kasachischen Küste am Kaspischen Meer aus. Zudem beherbergt es einzigartige Landschafts- und Naturräume, die seltenen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bieten. Im Herzen der Region befindet sich mit Ustjurt einer von zehn Zapowedniks – besonders geschützten Gebieten – in ganz Kasachstan, die nur zu Schutz- und Forschungszwecken zugänglich sind. Allerdings sind auf dem Territorium des Zapowedniks zwei Pfade für touristische Zwecke freigegeben. Hierfür müssen Interessenten gegen Bezahlung verschiedener Gebühren einen Passierschein erwerben.

Auf einem Gebiet von 223.300 Hektar leben in dem Zapowednik zahlreiche Reptilien-, Säugetier- und Vogelarten sowie eine Amphibienart. Zuletzt wurde 2021 mit dem Persischen Leoparden ein Vertreter aus der südlichen Ustjurt-Wüste in das kasachische Rote Buch bedrohter Arten aufgenommen.

Salzwüste verwandelt sich in natürlichen Spiegel

Ganz in der Nähe liegt mit dem Boszhira-Trakt einer der beliebtesten Orte in Kasachstan. Er setzt sich aus einer ganzen Reihe von Felsformationen unterschiedlicher Größe und Form zusammen und befindet sich am Fuße einer riesigen Schlucht. Es gibt auch einen gleichnamigen Berg, dessen Höhe am Gipfel 287 Meter erreicht. Von einem Plateau aus kann man die gesamte Flur betrachten, wobei bei Besuchern die umliegenden Berge rege Phantasien wecken. Manch einer sieht darin eine Jurte, manch anderer ein U-Boot, wieder andere ein Schloss aus Stein.

Ein weiteres beliebtes Ziel ist Tuzbair. Dabei handelt es sich um ein felsiges Gebiet und einen Salzboden weiter nördlich in Mangystau, nicht weit von der Küste des Kaspischen Meeres entfernt. Hier kann man schneeweiße Salzwiesen und Kalksteinberge vor dem Hintergrund eines blauen Himmels und gelblich-brauner Erde bestaunen. In Regenperioden, die am häufigsten im Frühling auftreten, wird der salzige Boden mit einer Wasserschicht bedeckt und gleicht einem sechs Kilometer breiten, natürlichem Spiegel.

Die beste Zeit, um das Ustyurt-Plateau und insbesondere Tuzbair zu besuchen, sind die zweite Aprilhälfte und Mai. Im Sommer erreicht die Lufttemperatur bis zu 45 Grad. Im Herbst dagegen ist das Wetter ebenfalls günstig zum Reisen. Allerdings überwältigt die Steppe dann nicht mit der gleichen leuchtenden Farbenpracht wie im Frühling.

Moscheen im Fels

Weitere sehenswerte Reiseziele listet das staatliche Tourismus-Unternehmen „Kazakh Tourism“ in einem Imagevideo auf, das es vor vier Jahren für die Region Mangystau erstellt hat. In jener Zeit hat die kasachische Regierung begonnen, gezielt den Tourismus in der Region zu fördern und die dafür benötigte Infrastruktur auszubauen.

Neben Canyons, Bergen und Tiefebenen werden in dem Video auch uralte religiöse und kulturelle Stätten gezeigt, die bis heute erhalten sind. Dazu zählen etwa die unterirdischen Moscheen Sultan-Epe und Schakpak Ata. Letztere ist in einen Kreidefelsen gehauen. Seine Entstehung wird auf das 10. Jahrhundert datiert. Optisch erinnert die Moschee an eine große poröse Schokolade, die aus tausenden Hohlräumen besteht. Im Inneren gibt es mehrere Räume, in die mehrere Nischen zur Beleuchtung von außen eingehauen sind.

Insgesamt gibt es 362 heilige Stätten und 13.000 historische Denkmäler unter staatlichem Schutz in Mangystau. Besucher bekommen somit nicht nur Naturerlebnisse geboten, sondern auch noch Einblicke in unterschiedliche historische Epochen, die das Gebiet im Laufe der Jahrhunderte prägten.

Christoph Strauch

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