Am 18. September beging die Welt den Tag der Wasserüberwachung. Dieser Tag, der vor mehr als 20 Jahren in den USA ins Leben gerufen wurde, gewinnt für jeden Bewohner unseres Planeten zunehmend an Bedeutung. Für Madina Musaeva aus Almaty, eine unabhängige Expertin im Bereich der Wasserwirtschaft und Teilnehmerin an internationalen Projekten zum strategischen Wassermanagement, ist dies ein ganz besonderer Tag. Schließlich hat sie ihr Berufsleben der Arbeit mit Wasser gewidmet.

In einem Interview sprach die Expertin über die systemischen Herausforderungen im Wassersektor Kasachstans und die Möglichkeiten für eine Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel.

Madina, erzählen Sie uns bitte, was Ihrer Meinung nach das Hauptproblem bei der Wasserwirtschaft in der Republik ist?

Im Bereich der Wasserwirtschaft gibt es in Kasachstan viele Probleme. Ihre Ursachen liegen in einer nicht ausreichenden Ausbildung des Personals, einer mangelhaften Durchführung umfassender wissenschaftlicher Forschungen und einer nicht immer planmäßigen Umsetzung von strategisch wichtigen Aufgaben.

Eine der größten Schwierigkeiten ist das Fehlen einer beruflichen Ausbildung von Fachkräften im Bereich der Wasserwirtschaft, was wir leider bereits seit einem ganzen Vierteljahrhundert bemängeln. Derzeit unternimmt der Staat allerdings Anstrengungen in dieser Richtung. Wir übernehmen dabei die Erfahrungen von Kollegen aus anderen Ländern, darunter Usbekistan, denen es gelungen ist, sowohl ihre Forschungs- als auch ihre Bildungsinfrastruktur im der Fachrichtung Wasserwirtschaft zu erhalten.

Wie nutzen Bauern aus verschiedenen Regionen Kasachstans das Wasser in der Landwirtschaft und mit welchen Problemen sind sie dabei konfrontiert?

Die Nutzung von Wasser zur Bewässerung ist eher für kasachische Landwirte im Süden typisch. Aufgrund der klimatischen Besonderheiten ist die Regenfeldwirtschaft hingegen im Norden des Landes weit entwickelt und effizienter. Die Bauern bauen Weizen mit Hilfe von natürlichen Niederschlägen an, Kartoffeln und Karotten benötigen nur wenig Bewässerung. Im Süden ist eine solche Pflanzenzucht nicht möglich: Hier spielt das Wasser eine entscheidende Rolle.

Die Bewässerungslandwirtschaft hat einen bestimmten Einfluss auf den Boden. Daher ist es so wichtig, agrotechnische Maßnahmen zu kennen und einen strukturierten wissenschaftlich-technischen Ansatz zu verfolgen. Übermäßige Bewässerung verschlechtert beispielsweise die Bodenqualität. Der Verlust eines ordnungsgemäßen Bewässerungssystems, einschließlich agronomischer Meliorationsmaßnahmen, ist einer der Hauptgründe für die sekundäre Versalzung des Bodens.

Welche wassersparenden Technologien haben sich in Kasachstan durchgesetzt?

Der Mangel an Wasserressourcen diktiert seine eigenen Regeln. Stadtbewohner und Landwirte sind gezwungen, sich an die neuen Bedingungen anzupassen. Es wird nichts mehr so sein wie früher. In den Regionen verbreiten sich Tropf- und Sprinklerbewässerung. Der Staat subventioniert solche Projekte.

Viele landwirtschaftliche Betriebe kaufen Pumpen, die das Wasser tropfenweise an die Wurzeln leiten. Und das zeigt Wirkung. Bei gleicher Fläche spart man beispielsweise mit Tropfbewässerung im Durchschnitt bis zu 50% Wasser, in einigen Fällen sogar bis zu 80% im Vergleich zur Oberflächenbewässerung. Der Unterschied ist spürbar. Dabei ist der Ertrag gleich. Es ist zu beachten, dass die effektivste Art der Bewässerung auch von der konkreten Kulturpflanze abhängt. Für Tomaten ist die Tropfbewässerung sehr effektiv, für Luzerne aber eher die herkömmliche Bewässerung.

Welche Ressourcen könnten in Kasachstan als zusätzliche Wasserquellen dienen?

Angesichts der Wasserknappheit gewinnt die Nutzung alternativer Quellen zur Bewässerung an Bedeutung. Heutzutage nutzen wir auch Abwasser, Regenwasser, Schmelzwasser und städtisches Abwasser für landwirtschaftliche Zwecke. All dieses Wasser muss zunächst in gewissem Maße gereinigt werden. Es kann danach für den Anbau von Futterpflanzen verwendet werden, die nicht direkt für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Die Nutzung alternativer Bewässerungsquellen erfordert jedoch stets einen wissenschaftlichen Ansatz.

In unserem Land gibt es noch keine zirkuläre Wasserversorgung. Abwasser wird üblicherweise auf Filterfelder geleitet und nicht weiterverwendet. Wir waschen immer noch unsere Autos mit Trinkwasser, spülen damit die Toiletten und bewässern die Straßen. Dabei gibt es Präzedenzfälle, in denen einzelne Organisationen mit speziellen Anlagen die Niederschläge auf ihrem jeweiligen Territorium sammeln und filtern, um danach das so gewonnene technische Wasser für wirtschaftliche Zwecke zu nutzen.

Können Sie angesichts der aktuellen Lage eine Prognose für die Entwicklung der Landwirtschaft in Kasachstan abgeben?

Angesichts des Klimawandels gibt es für die Landwirtschaft nur einen Weg, um sich zu behaupten: die Anpassung aller Technologien.

Die Bewässerungslandwirtschaft wird nur unter der Voraussetzung erhalten bleiben, dass konsequent auf ressourcenschonende Technologien umgestellt wird: Tropfbewässerung, dürreresistente Kulturen, Einführung von Sensoren zur Fernerkundung der Bodenfeuchtigkeit, des Nährstoffgehalts und der Wiederherstellung der Humusschicht.

Dabei kann sich die Landwirtschaft nicht nur an den bereits stattfindenden Klimawandel anpassen, sondern ihn auch deutlich verlangsamen. Dieses Potenzial hat insbesondere die Forstwirtschaft. Es ist überaus wichtig, dass die Erdoberfläche immer mit Vegetation bedeckt ist – mit Bäumen, Sträuchern, Gras, ja sogar mit Dornen. Die Humusschicht und nützliche Mikroelemente konzentrieren sich in der Regel in den oberen 20 cm des Bodens und sind daher stets der Verwitterung ausgesetzt. Aber Pflanzenwurzeln festigen und halten den Boden zusammen und schützen ihn so vor Degradation und Wüstenbildung.

An der Universität wurde uns gesagt, dass es in Zukunft Wasserknappheit geben wird und dass es wahrscheinlich einfach weniger Wasser geben wird. Jetzt kann man sehen, dass weniger Wasser als früher in den Syr Darja fließt. Unter solchen Bedingungen besteht die Hauptaufgabe darin, das vorhandene Wasser richtig zu verteilen. Die Bevölkerung Zentralasiens wächst schnell, entsprechend steigt auch der Wasserverbrauch. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Wasser Leben bedeutet und als wichtigste Ressource geschätzt und geschützt werden muss.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Helena Garkawa.

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