Les Echos (Frankreich)
„Die Koalition hat kaum mehr als ein Jahr Zeit, um der Unsicherheit der Deutschen Herr zu werden, will sie das Schlimmste vermeiden: Man denke an Japan in 1997, als die Erhöhung der Mehrwertsteuer die Binnennachfrage erstickte und fünf Jahre lang stagnieren ließ. Eben diese niedrige Binnennachfrage ist das fehlende Glied für eine Wiederaufnahme des Wachstums in Deutschland, so wie das Ausfallen der Lokomotive Deutschland das Wachstum in ganz Europa verlangsamt. […] Frankreichs Politiker sind überzeugt, dass eine fiskalische Bremse in Deutschland genauso unausweichlich ist wie eine Erhöhung der Leitzinsen seitens der EZB. Es bleibt in Paris nur zu hoffen, dass weder das Eine, noch das Andere den eigenen Aufschwung gleich zu Anbeginn stranguliert.“

NEPSZABADSAG (Ungarn)
„Eine allzu reibungslose Zusammenarbeit kann auch Probleme bereiten. Sie kann die Parteien ihrer Orientierung und Werte berauben. Besonders die Sozialdemokraten, die ohnehin mit einer Identitätskrise kämpfen und ihren künftigen Weg suchen, könnte dies in eine schwierige Lage bringen. Für beide Parteiführungen wird es keine geringe Herausforderung darstellen, wie sie neben dem gemeinsamen Regieren ihr eigenständiges Profil bewahren. Zwar darf dies nicht auf Kosten der Kooperationsfähigkeit gehen, doch man will mit den größtmöglichen Chancen bei den nächsten Wahlen antreten.”

ROSSIJSKAJA GASETA (Russland)
„Bei aller äußeren Eintracht, die die Bilder des SPD-Parteitages vermittelten, waren doch Vorzeichen für künftige innerparteiliche Konflikte zu erkennen. Das Programm der Koalitionsregierung widerspricht in vielen Punkten den Idealen der Sozialdemokraten. Dem Vizekanzler und den SPD-Ministern wird es schwer fallen, Wahlversprechen und Parteitagsaufträge einzulösen. Sie werden gezwungen sein, ihre Politik vor der Parteiführung zu verantworten, sprich: der ‚alte Parteisoldat’ Müntefering wird Herrn Platzeck, der neuen Hoffnung der SPD, Rechenschaft ablegen müssen. Das ist eine Situation, die sich leicht zu einem klassischen Beispiel innerparteilicher Generationenkonflikte entwickeln könnte.”

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (Deutschland)
„Natürlich muß das Verhältnis zu Amerika wieder in die richtige Form gebracht werden. Das betrifft zunächst Ton und Stil, die viel mit den handelnden Personen zu tun haben, dann aber auch die Substanz. Natürlich wäre es wünschenswert, würde Deutschland wieder seine ‘Pflicht’ erfüllen und die europäische Einigung antreiben. Dieser Motor hat nämlich, trotz Fischers saisonalen Eingebungen, unter Schröder seine Laufkultur verloren. Leistungsfähiger wurde er auch nicht dadurch, daß Schröder sich mit dem französischen Präsidenten Chirac liierte. Das Mißtrauen, das kleine und neue EU-Mitglieder heute der deutsch-französischen Verbindung entgegenbringen, weil sie den Verdacht haben, hier maßten sich zwei die exklusive Führerschaft an, gehört zu den Negativa der Regierung Schröder/Fischer.”

HANDELSBLATT (Deutschland)
„Eine Regierung, die Schritt für Schritt wieder Vertrauen in die Staatsfinanzen aufbauen will, tut gut daran, Neuverschuldung und Privatisierungen so auszutarieren, wie es die große Koalition jetzt will. Große Einsparungen auf die Schnelle noch für das nächste Jahr zu ermöglichen, ist mit Blick auf den Kalender und den notwendigen Vorlauf für Gesetzesänderungen tatsächlich kaum noch möglich. Etwas mehr Gelassenheit täte der Debatte also gut. Und ein scharfer Blick darauf, dass 2007 das Grundgesetz tatsächlich wieder eingehalten wird.”

THÜRINGISCHE LANDESZEITUNG (Deutschland)
„Ein Neuanfang für Deutschland sieht anders aus als das jämmerliche Gezerre um die Verantwortung für den Haushalt des kommenden Jahres. Wer den Aufbruch predigt und Optimismus verbreiten will, darf sich einen solchen Fauxpas nicht leisten.”

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