Vom 4. bis 7. November trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Minderheiten aus 16 Ländern Europas und Zentralasiens in Berlin. Den Auftakt bildete die 4. Jugendtagung, bei der junge Delegierte Projekte für das kommende Jahr besprachen, sich austauschten und neue Ideen für die Jugendarbeit entwickelten. Workshops sowie ein Besuch im Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung boten Raum für gemeinsames Lernen und spannende Diskussionen.
Kasachstan wurde auf der Tagung durch Yevgeniy Bolgert, den Vorsitzenden der Gesellschaftlichen Stiftung „Wiedergeburt“ und Senator der Republik Kasachstan, sowie durch Kristina Larina, die Vorsitzende des Verbands der Deutschen Jugend Kasachstans vertreten.
Eröffnung und politische Gespräche
Beim Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in Berlin richtete Dr. Bernd Fabritius, der erneut zum Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ernannt worden ist, bewegende Worte an die Teilnehmenden. Er hob hervor, dass die deutschen Minderheiten seit Jahrzehnten eine Brückenfunktion zwischen den Kulturen Europas erfüllen und dass sie ein lebendiges Beispiel dafür sind, wie Vielfalt zu Verständigung und Zusammenhalt führen kann.
„Die deutschen Minderheiten sind ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Identität nicht ausschließt, sondern verbindet“, so Fabritius. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten und gesellschaftlicher Spannungen brauche Europa dieses verbindende Element mehr denn je. Mit Blick auf die anstehende Neuordnung der Förderzuständigkeiten im Bundesministerium des Innern betonte Fabritius, dass die geplanten Veränderungen zu einer effizienteren Zusammenarbeit führen und „keine Schwächung, sondern eine Stärkung der Minderheitenarbeit“ darstellen würden. Die Bundesregierung bekenne sich – so Fabritius – ausdrücklich zu ihrer historischen Verantwortung: „Die Geschichte der deutschen Minderheiten ist Teil unserer gemeinsamen Vergangenheit und zugleich Auftrag für die Zukunft – Sprache, Kultur und Identität lebendig zu halten, bleibt eine gesamtdeutsche Aufgabe.“
Mit Blick auf die Neuordnung der Zuständigkeiten im Bundesministerium des Innern (BMI) stellte er klar, dass diese Veränderung nicht als Konkurrenz, sondern als Chance zu verstehen sei: „Unsere Landsleute im Ausland sind kein Teil der Außenpolitik. Wir haben ein ureigenes Interesse als Bundesrepublik Deutschland, unsere Landsleute in eine kluge Politik einzubringen – das ist eine innere Aufgabe unseres Landes, und deshalb gehört das ins BMI.“
Fabritius betonte zugleich die klare Trennung zwischen verschiedenen Förderbereichen und Haushalten, um Transparenz und Verlässlichkeit für alle Beteiligten zu sichern. Die Reform, so der Beauftragte, solle die Minderheitenarbeit „nicht schwächen, sondern stärken“ und den Dialog zwischen Bund, Ländern und den deutschen Gemeinschaften weltweit auf eine neue, zukunftsorientierte Grundlage stellen.
Mit dabei waren auch Dr. Franca Fülle, Leiterin des Referats H 17 im Bundesministerium des Innern, sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter des BMI. Gemeinsam wurde über die Förderrichtlinien 2026 im Kontext des Organisationserlasses des Bundeskanzlers vom 6. Mai 2025 gesprochen.
Am Nachmittag stand für die Teilnehmenden ein Gespräch im Deutschen Bundestag mit MdB Klaus-Peter Willsch, Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auf dem Programm. Im Mittelpunkt des Austauschs standen die aktuellen Anliegen der deutschen Minderheiten in Europa und Zentralasien sowie Wege, ihre Interessen auch künftig politisch wirksam zu vertreten. Auch Bundestags-Vizepräsidentin Andrea Lindholz traf sich mit der Delegation, um sich über die Projekte und Herausforderungen der deutschen Minderheitenarbeit zu informieren.
Abschied von Bernhard Gaida
Nach neun Jahren an der Spitze der AGDM wurde Bernhard Gaida am Abend des 6. November feierlich als Sprecher verabschiedet. Seit 2016 hat er die Arbeit der AGDM entscheidend geprägt mit großem Engagement, Weitblick und Beharrlichkeit.
In seiner Abschiedsrede betonte Bern-hard Gaida die Bedeutung der Gemeinschaft über Ländergrenzen hinweg: „Wir sind eine Gemeinschaft sehr unterschiedlicher Menschen, doch uns verbindet ein unsichtbarer Faden. Dieses Gefühl von Zusammenhalt – egal ob in Kasachstan, Polen oder Georgien – macht die Stärke der AGDM aus.“
Neuer Sprecher der AGDM: Benjamin Józsa
Nach der feierlichen Verabschiedung von Bernhard Gaida wurde am selben Abend das nächste Kapitel in der Geschichte der AGDM aufgeschlagen:
Die Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedsorganisationen wählten Benjamin Józsa, Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, zu ihrem neuen Sprecher. Mit langjähriger Erfahrung in der Minderheitenarbeit und großem Engagement für die deutsche Gemeinschaft in Rumänien übernimmt er nun die Verantwortung, die Stimme der deutschen Minderheiten in Europa und Zentralasien weiter zu stärken.
Austausch im Bundestag und Starkes Finale im BMI
Im Rahmen der „Berliner Gespräche“ besuchte die Delegation der AGDM gemeinsam mit FUEN-Präsidentin Olivia Schubert und dem neuen Sprecher Benjamin Józsa den Parlamentskreis Minderheiten im Deutschen Bundestag.
Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die politische Sichtbarkeit der deutschen Minderheiten sowie die Rolle und Stärkung der Jugendarbeit innerhalb der Gemeinschaften.
Zum Abschluss der Jahrestagung empfing Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Gruppe um den neuen AGDM-Sprecher Benjamin Józsa sowie FUEN-Präsidentin Olivia Schubert im Bundesministerium des Innern in Berlin.
Mit folgenden Thesen trat Kristina Larina, Vorsitzende des VDJK, im Gespräch mit Bundesminister Alexander Dobrindt auf: Für die Zukunftssicherung der deutschen Minderheiten ist die Jugendförderung essenziell. Ohne moderne und digitale Angebote droht der Verlust der jungen Generation. Digitale Technologien gewinnen im Spracherwerb zunehmend an Bedeutung. Die Abschaffung von Geoblocking soll dabei helfen, den Zugang zu deutschsprachigen digitalen Inhalten zu erleichtern.
Die AGDM-Jahrestagung 2025 stellt zentrale Herausforderungen und Prioritäten der deutschen Minderheiten in Europa und Zentralasien in den Mittelpunkt. Besonders wichtig sind der Erhalt der deutschen Sprache als Identitätsmerkmal, eine nachhaltige und planbare Finanzierung sowie der Abbau bürokratischer Hürden. Die politische Sichtbarkeit und eine starke Interessenvertretung sind unverzichtbar, um Rückschritte in der Minderheitenpolitik zu verhindern. Ein besonderes Augenmerk gilt der Zukunftssicherung durch die Förderung der Jugend, moderne Medien und digitale Teilhabe, um die junge Generation langfristig für die deutsche Sprache und Kultur zu begeistern. Darüber hinaus bleibt der Schutz der deutschen Minderheiten in Krisenregionen eine dringliche Aufgabe, die konkrete Unterstützung im Bereich Zivilschutz und Wiederaufbau erfordert.
Nur durch gemeinsame Anstrengungen auf politischer, gesellschaftlicher und finanzieller Ebene kann die Vielfalt und Stärke der deutschen Minderheiten bewahrt und weiterentwickelt werden.























