Seit Montag tagen in New York die Staaten der Welt auf der UN-Generalversammlung in New York zum 78. Mal. Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Ukraine, multilaterale Zusammenarbeit lauten die großen Themen, die bei der Generaldebatte und zahlreichen Begleitveranstaltungen erörtert werden. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz und Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew sprechen sich für eine Reform des UN-Sicherheitsrates aus.

Für Deutschland ist es eine Jubiläumsveranstaltung: Am 18. September 1973, vor 50 Jahren, traten die BRD und die DDR den Vereinten Nationen bei. Das Ereignis stand ganz im Zeichen des Kalten Krieges, aber auch der Bemühungen des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, im Rahmen seiner Neuen Ostpolitik „normale gutnachbarschaftliche Beziehungen“ mit dem sozialistischen Nachbarstaat zu unterhalten und international Spannungen abzubauen.

50 Jahre später sind die Spannungen in vielen Weltregionen wieder greifbar, neue Blöcke bilden sich, und gewaltsame Konflikte fordern Menschenleben. Bundeskanzler Scholz, der bereits zum zweiten Mal vor der UN-Generalversammlung sprach, widmete sich dem Thema in seiner Rede am Dienstagabend und stellte sich mit Blick auf die Kampfhandlungen in der Ukraine hinter die internationalen Friedensbemühungen. Diese seien gerade vor dem Hintergrund der globalen Auswirkungen „gut und richtig“. Zugleich warnte Scholz jedoch vor „Schein-Lösungen“, die nicht nachhaltig seien.

Aufstrebende Staaten sollen mehr Gewicht haben

Kanzler Scholz verlieh zudem einer Forderung Nachdruck, die er bereits im letzten Jahr erhoben hatte: der Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Dort sitzen mit den Vereinigten Staaten, China, Russland, Großbritannien und Frankreich fünf ständige sowie zehn nichtständige Mitglieder. Die ständigen Mitglieder haben Vetorecht in allen Fragen, wodurch es in den vergangenen Jahren immer häufiger zu Blockaden wichtiger Entscheidungen kam. Scholz will das ändern und insbesondere den Ländern der südlichen Halbkugel mehr Gewicht in dem Gremium geben. „Unter dieser Prämisse lässt sich über einen Text mit verschiedenen Optionen verhandeln. Solche ergebnisoffenen Verhandlungen sollte kein Land mit Maximalforderungen blockieren. Das tut auch Deutschland nicht“, so Scholz.

Zustimmung kam dabei von Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew, der ebenfalls am Dienstag auf der Generaldebatte sprach. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Stimmen der ‚mittleren Staaten‘ und aller Entwicklungsländer im Rat gestärkt und deutlich gehört werden müssen“, sagte Tokajew. „Da der Sicherheitsrat scheinbar nicht in der Lage ist, die Sackgasse zu überwinden, muss er repräsentativer werden, damit andere Länder, darunter Kasachstan, eine größere Rolle bei der Wahrung von Frieden und Sicherheit spielen können.

Tokajew sieht nukleare Bedrohung als größte Herausforderung

Wie Scholz adressierte auch Tokajew die aktuellen Konflikte auf der Welt. Die auf der UN-Generalversammlung anwesenden Staatslenker seien verantwortlich für das Schicksal und die Zukunft der Menschheit, sagte Tokajew. „Dialog ist der einzige Weg, um ein Umfeld zu schaffen, das die Einigung auf neue Grundsätze und Normen ermöglicht. Trotz aller Bemühungen dauern die Konflikte in vielen Regionen der Welt an. Wir fordern alle Parteien auf, eine diplomatische Lösung von Konflikten auf der Grundlage der UN-Charta und allgemein anerkannter Normen des Völkerrechts anzustreben.“

Als Vertreter des Staates, der vor 30 Jahren freiwillig das viertgrößte Nuklearwaffenarsenal abgegeben hat, warnte Tokajew weiter vor der atomaren Bedrohung als größter aller Herausforderungen. Darüber hinaus widmete er sich aber auch anderen Themen wie freiem Handel, Ernährungssicherheit, Klimawandel und Zugang zu Wasser – insbesondere für Zentralasien ein hochaktuelles Thema, das zwischen den Staaten der Region immer wieder für Spannungen sorgt.

Amazon strebt auf den kasachischen Markt

Bereits in der Vorwoche hatten sich die zentralasiatischen Staatschefs in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe getroffen. In New York konnten die Konsultationen nun im Rahmen des 5+1-Formats „Zentralasien – USA“ fortgesetzt werden, an denen US-Präsident Joe Biden teilnahm. Auch hier ging es um Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Wohlstand in der Region, aber auch um Sicherheitspolitik und Stabilität. Besonderes Augenmerk lag auf der wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie auf möglichen Engagements amerikanischer Unternehmen in Branchen wie Seltene Erden, Erneuerbare Energien und Verarbeitendes Gewerbe.

Wohl auch vor dem Hintergrund zu sehen sind zahlreiche Treffen Tokajews mit Vertreter namhafter US-Konzerne wie GE Healthcare, Citigroup, Mastercard und Amazon. Gegenüber dem nach Börsenwert drittgrößten Techkonzern hat Kasachstan Interesse an Zusammenarbeit in den Bereichen Cloud-Business und Datenzentren bekundet. Während der Gespräche Tokajews mit Susan Pointer, einer Top-Vertreterin des Unternehmens, wurde eine Vereinbarung zwischen dem kasachischen Ministerium für digitale Entwicklung und Amazon Web Services über den Erwerb einer Outpost-Cloud-Lösung und den Start eines Pilotprojekts für deren Integration in die QazTech-Plattform unterzeichnet.

cstr.

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