Künstliche Intelligenz ist die Innovation des Jahrzehnts und derzeit in aller Munde. Die Art wie wir arbeiten, zum Arzt gehen und uns informieren wird sich in den nächsten Jahren unausweichlich und grundlegend verändern. Und KI war auch das Top-Thema auf der Digital Almaty und Fragen, wie Kasachstan auf KI reagiert, sind hochbrisant.
Der neueste Erfolg der chinesischen KI-Software „DeepSeek“ fordert die Dominanz jener Tech-Unternehmen aus den Vereinigten Staaten von Amerika im Bereich der Künstlichen Intelligenz heraus, die insbesondere mit ihrer Software ChatGPT in den letzten Jahren allgemein bekannt wurden. Zwischenzeitlich hat der Börsenkurs des Chipherstellers Nvidia einen rekordverdächtigen Tagesverlust hinnehmen müssen. Der frisch wiedergewählte Präsident Donald Trump spricht gar von einer überfälligen Korrektur im Tech-Sektor, die die Marktbedingungen für Unternehmen wie OpenAI und DeepSeek grundlegend beeinflussen könnte. Zweifellos wird KI den Arbeitsmarkt verändern. Ob sie sich zum Vorteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entwickelt oder eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellen wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Grundsätzlich gilt jedoch: Wettbewerb ist förderlich, um Schwächen und blinde Flecken in der Branche herauszustellen. Der Eindruck entsteht, die Konkurrenz zwischen den USA und China sei entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Doch ist unsere Welt nicht bipolar. Jeder Staat verfolgt seine eigenen Interessen, welche sich neben politischen, auch in kulturell-sprachlichen wiederspiegeln, wie auch in Kasachstan. Es sei irrational zu denken, der größte Wert würde durch US-amerikanische KI generiert werden, so Kaan Terzioglu, der Chef von VEON, einem der größten Mobilfunkanbieter in den GUS-Staaten.
Sprachengerechtigkeit und Förderung lokaler Identitäten
Beim Thema „AI Synergy: Government, Business, and Society“ sprachen Vertreter verschiedener Branchen über die Wechselwirkung von KI und Arbeitsmarkt in einem kasachstanischen Kontext. „Kasachstan hat die besten Voraussetzungen für die Etablierung einer eigenen KI-Software“, stimmten die Speaker auf der Digital Almaty überein und bekräftigten die Rolle lokaler Sprachmodelle im globalen KI-Rennen.
Kasachstans Tech-Sektor wird stetig besser und lernt, Künstliche Intelligenz in Bereichen wie dem Gesundheits- oder Bildungswesen praktisch umzusetzen, so der Unternehmer Timur Turlow.
Kasachstan sende Investoren gute Zeichen, zukunftstragende Innovationen vor Ort hervorzubringen.
Kasachstan mit seiner historischen Mehrsprachigkeit und kulturellen Diversität ist auf lokale Modelle angewiesen. KI-Tools müssen die Sprachdynamiken eines Landes präzise erfassen, um auf den Nutzer angepasste Antworten liefern zu können. Nicht alleine im öffentlichen Umgang, wo zumeist Russisch und vermehrt Kasachisch vorkommen, sondern auch im privaten Umfeld ist es entscheidend, dass die Software Minderheitenkulturen berücksichtigt.
Mehrwert für die Bevölkerung Kasachstans
Gleichzeitig fehlt es an ausreichend Datensätzen, um umfassende Antworten in weniger verbreiteten Sprachen, wie Kasachisch, anzubieten. Die Stärkung der kulturellen Identität im digitalen Zeitalter erfordert daher innovative Ansätze zur Datenerhebung und -verarbeitung, um spezifische Bedürfnisse der Nutzer weniger verbreiteter Sprachen zu berücksichtigen. Kasachstans Sprachpolitik ist darauf ausgerichtet, lokale Werte hervorzuheben und die russischsprachige Dominanz einzudämmen, worauf ein lokales Sprachmodul händisch kalibriert werden kann. Der große Unterschied zu dominanten KI-Tools besteht eben darin, dass sie die lokalen Bias-Strukturen reflektieren. Das bloße Übernehmen einer amerikanischen oder chinesischen vorgeblichen Allzwecklösung scheint demnach für Kasachstan unrealistisch.
Hohe Ziele, hohe Forderungen
Kasachstan hat sich hohe Ziele für die Implementierung von KI im universitären Rahmenlehrplan gesetzt. Der Minister für Wissenschaft und Hochschulwesen Sajsat Nurbek kündigte im Oktober 2023 ganze 650 Milliarden Tenge für die Entwicklung an. Damit sollen unter anderem bis 2029 60% aller Universitäten Lehrveranstaltungen mit KI-Fokus einführen.
Das Land hat in den letzten Jahren grandiose Erfolge in der digitalen Infrastruktur und Technologieoffenheit demonstriert. Kasachstan kann es sich schlichtweg nicht leisten, nicht großflächig in KI zu investieren. Gleichzeitig ist es auch eine Chance, wirtschaftliches Wachstum weiter auszubauen und dringend benötigte Fachkräfte im Land zu behalten.