Auf der Fahrt nach Kirgisistan sollte man es nicht versäumen, dem zweitgrößten Gebirgssee der Erde einen Besuch abzustatten: dem Yssykköl. Die „Perle des Tienschan“, wie der See wegen seiner geographischen Lage auch genannt wird, ist 182 km lang, 60 km breit und bis zu 668 m tief. Seine Gesamtfläche beträgt 6.236 km², auf einer Höhe von 1.607 m über dem Meeresspiegel.

Nicht unweit vom Yssykköl entfernt liegt in südöstlicher Richtung Karakol, die administrative Hauptstadt des Gebietes Issykköl, die mit ihren circa 70.000 Einwohnern gleichzeitig die viertgrößte Stadt in Kirgistan ist.

Nahe dem Stadtzentrum von Karakol befindet sich die Dunganen-Moschee – ein auf den ersten Blick unscheinbares buntes Gebäude im Baustil einer chinesischen Pagode. Bei näherer Ansicht stellt sich jedoch heraus, dass es sich um eine historische Sehenswürdigkeit handelt, die ihresgleichen sucht.

Besondere Bauweise

Beim Bau der Dunganen-Moschee, auch Ibrahim–Hadschi–Moschee genannt, wurden ausschließlich Naturmaterialien verwendet: die Ulmenart Karagatsch, die heimische Pappel sowie die Tienschan-Fichte aus den umgebenden Gebirgen. Ebenso wurde zur Endbearbeitung Nussbaumholz verwendet.

Überhaupt wurde die Dunganen-Moschee ausschließlich aus Holz, ohne „künstliche“ Verbindungsmittel und vor allen Dingen ohne Nägel gezimmert. Sämtliche Teile des einstöckigen Holzgebäudes sind durch Schnitte und Nuten miteinander verbunden. Die sehr aufwendige handwerkliche Technik kam in der besten Tradition der chinesischen Architektur zum Einsatz, was der Moschee die Züge eines buddhistischen Tempels verliehen hat.
Drei Jahre arbeitete der aus Peking stammende Architekt Zhou-Si mit seinen Dachdeckern, Maurern und Holzschnitzern, bis die Dunganen-Moschee, dem Baustil der Qin-Ära nachgezeichnet, 1910 eröffnet wurde.

Der Grundriss und die architektonische Ausführung der Gebäude sind dabei von islamischen Traditionen beeinflusst. Die Haupthalle, die Platz für ca. 400 Personen bietet, ist traditionell rechteckig. Im Innern der Moschee befinden sich zahlreiche Säulen, der Eingang liegt im östlichen Teil. Fenster sind in der Süd- und Nordwand eingearbeitet, nicht aber im westlichen Teil der Moschee, weil sich betende Muslime in diese Richtung wenden – zur Kaaba in Mekka.

Farben mit religiöser und weltlicher Bedeutung

In bunten Farben verziert, ergibt die Dunganen-Moschee ein einzigartiges Kunstwerk aus ornamentalen Mustern der traditionellen chinesischen Mythologie, die beispielsweise Löwen, Märchen- und Fabelwesen, Phönixe, Drachen oder auch Pflanzenmotive zeigen. Der Legende nach sollen sie die Moschee vor bösen Geistern schützen.

Im Geiste tief verwurzelter Volkstraditionen wurden beim Bau der Dunganen-Moschee verschiedene Arten von Dekor verwendet. Zudem kamen bei der Bemalung hauptsächlich die traditionellen religiösen Farben der Dunganen zum Einsatz: grün, rot und gelb. So sind etwa die Säulen im Inneren der Moschee in roter Farbe dargestellt. Gemäß chinesischer Traditionen ist Rot die Farbe der Freude, die böse Geister besonders fürchten. Sie dient daher auch als Schutz vor ihnen sowie vor Katastrophen.

Das Dach der Moschee ist grün, was Wohlstand und Glück bringen soll. Geschnitzte Holzmuster, verziert mit reichen Ornamenten, sind ebenfalls grün. Zudem soll die grüne Farbe den Islam zum Ausdruck bringen. Die Bilder von mythischen Kreaturen, die gelb gefärbt sind, symbolisieren Reichtum und Größe. Gelb steht aber auch für Großartigkeit – nicht umsonst war es in China auch die Farbe des Kaisers.

Dunganen-Moschee lange dem Verfall preisgegeben

Weltweit gibt es etwa 110.000 Dunganen. Ende des 19. Jahrhunderts wanderten die Angehörigen der muslimisch-chinesischen Minderheit auf der Flucht vor Unterdrückung und Gewalt in China nach Karakol ein und gründeten ihre Gemeinde in Kirgisistan.

Die Dunganen-Moschee in Karakol ist das einzige Beispiel traditioneller religiöser Volksarchitektur der Dunganen auf dem Gebiet Kirgisistans. Noch immer beeindruckt sie Einwohner und Besucher durch ihre architektonische Gestaltung.

Lange Zeit war die Dunganen-Moschee dem Verfall preisgegeben, bis sie unter großem Aufwand restauriert und renoviert wurde. Mit Unterstützung der kirgisischen Regierung sowie der Türkischen Agentur für Zusammenarbeit und Koordinierung wurde die ökologische Renovierung 2016 abgeschlossen.

Der türkische Botschafter in Kirgisistan, Metin Kılıç, der Gouverneur von Issyk-Kul, Ashat Akibaev, der Bürgermeister der Stadt Karakol, Daniyar Arpaçıev, der Mufti und die örtliche Bevölkerung haben damals gemeinsam an der Einweihungsfeier der Moschee teilgenommen.

Christian Grosse

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