Die Geschichte des Flughafens Almaty beginnt mit einem kleinen, unbefestigten Flugfeld. Der Durchbruch kommt, als das Flugzeug in der Sowjetunion zum Transportmittel der Arbeiterklasse wird. Doch auch kleine und große Dramen begleiten den Flughafen im Laufe der Jahre.

Am 13. Mai 1913 hob der Pilot Igor Sikorski mit der von ihm selbst konstruierten Flugmaschine „Sikorski Le Grand“ vom Boden Sankt Petersburgs ab. Das viermotorige Flugzeug mit einer Leistung von insgesamt 400 Pferdestärken und einem Leergewicht von 3400 Kilogramm gilt als das erste Passagierflugzeug der Welt und katapultierte das russische Zarenreich augenblicklich in die Ära der modernen Luftfahrt. Dem ewigen Traum vom Fliegen hingen bereits zur Zeit der Zaren diverse Phantasten und Visionäre nach.

Am 9. Februar 1923 – das Zarenreich war zu dieser Zeit bereits Geschichte – wurde die Verwaltung der zentralen Luftflotte durch den Arbeiter- und Verteidigungsrat ermächtigt, die technische Überwachung von Fluglinien und die Gründung eines Zivilluftfahrtrates zu übernehmen. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der zivilen Luftfahrt der Sowjetunion. Darauf folgte die Gründung der ersten sowjetischen Fluggesellschaft „Aktiengesellschaft Dobroljot“ am 17. März 1923 sowie die Eröffnung der ersten regulären Fluglinie zwischen Moskau und Nischni-Nowgorod am 15. Juli 1923. Die erste Flotte bestand aus 15 in Deutschland bestellten Junkers F-13-Maschinen. Parolen, wie: „Wer nicht Aktionär von Dobroljot ist, der ist auch kein Bürger der Sowjetunion“ schüchterten in diesen Jahren die Menschen ein. Arbeiter kauften von ihrem gesamten Lohn Aktien der Dobroljot, Wladimir Lenin soll 60 Aktien zu einem Preis von je 1.05 Rubel gehalten haben.

Von Alma-Ata nach Moskau – Flugzeit: zwei Tage

Seit dem Jahr 1923 gab es auch im Süden von Alma-Ata bereits ein kleines, unbefestigtes Flugfeld. Durch die Fusionierung der sowjetisch-ukrainischen Fluggesellschaft Ukrwosduchput und der Dobroljot entstand 1930 die „Allunionsvereinigung der Zivilluftflotte“. Dieser Verwaltungsbehörde unterstanden bis spätestens 1932 beinahe sämtliche zivilen Flugaktivitäten in der Sowjetunion. Als die Behörde am 5. März 1932 den bis heute bekannten Namen Aeroflot annahm, unterhielt sie über 100 Flugzeuge.

Alma-Ata hielt mit der rasanten Entwicklung der sowjetischen Luftfahrt mit. Ab 1935 entstanden ein neuer Flughafen an anderer Stelle im Nordosten der Stadt und ein zeitgemäßes Flughafengebäude nach den Plänen der Architekten B. Sawarsin und G. Jolkin. Das Terminal im Stile des Stalinistischen Klassizismus wurde im Jahr 1936 eröffnet. Am 9. Juli des gleichen Jahres fand der erste reguläre Linienflug zwischen Alma-Ata und Moskau mit einer sowjetischen Maschine des Typs Kalinin K-5 statt. Die Flugzeit betrug damals zwei Tage mit Zwischenstopps in Karaganda, Kostanai und Kasan.

Das alte Gebäude des Flughafens Alma-Ata wurde 1957 umfassend nach einem Projekt des Architekten B. Kapanow umgebaut und restauriert. Die wesentlichen Veränderungen betrafen das Erscheinungsbild, welches eine nationale Färbung bekam. Wandreliefs und Zierleisten mit zentralasiatischer Ornamentik wurden hinzugefügt. Auch in den großen Buntglasfenstern finden sich nationale kasachische Muster und Figuren. Das alte Flughafengebäude jener Tage ist weitgehend erhalten, das Gebäude selbst befindet sich bereits seit 1955 auf der Liste architektonischer Denkmäler. Heute ist darin ein VIP-Terminal untergebracht, in welchem Privatpassagiere oder hochrangige Politiker abgefertigt werden.

Aeroflot-Tickets damals unschlagbar günstig

Die Aeroflot konnte ihre Aktivitäten in den Nachkriegsjahren massiv ausbauen. Zum einen erforderte die schiere geographische Größe der Sowjetunion zuverlässige Verkehrsverbindungen vom Baltikum bis in den Fernen Osten oder von der hohen Arktis bis nach Zentralasien. Zum anderen waren Flugtickets der Aeroflot damals schon unschlagbar günstig. Es gibt unzählige Geschichten von Moskowitern, die nur für ein Eis ins georgische Tiflis geflogen sind. Oder durch einen Korb Kirschen, den sie auf der Krim gekauft und in Moskau unter der Hand weiterverkauft hatten, den Flugpreis wieder rausholen konnten. Mitte der 1960er Jahre war die Aeroflot mit rund 3.000 Passagiermaschinen zur größten Fluglinie der Welt aufgestiegen. Im Sommer 1966 fanden täglich 1.700 Flüge statt, im gesamten Jahr wurden 48 Millionen Passagiere transportiert. Fliegen war in der Nachkriegszeit erstmals kein Luxus mehr, das Flugzeug wurde zum Transportmittel der Arbeiterklasse.

Das alte Flughafenterminal von Ama-Ata konnte solchen Passagierzahlen nicht mehr gerecht werden. So wurde von den Architekten W. Ischenko und O. Naumowa direkt neben dem alten Gebäude ein neues, sehr großzügiges und weitläufiges Terminal errichtet. Der neue Flughafen von Alma-Ata im kühlen, sachlichen und zweckmäßigen Stil des internationalen Modernismus wurde im Jahr 1975 eröffnet und läutete die Sternstunde des Luftverkehrs in Alma-Ata ein. Im gleichen Jahr begann der kommerzielle Flugverkehr der Tupolew TU-144, dem ersten kommerziellen Überschallflugzeug der Welt.

Schicksal von Flughafen Almaty zunächst unter keinem guten Stern

Nachdem zunächst Frachtflüge mit dem neuartigen Überschallflieger absolviert wurden, startete die TU-144 am 1. November 1977 zum ersten Passagierflug vom Moskauer Flughafen Domodedowo nach Alma-Ata; kurz darauf begann der wöchentliche Linienbetrieb. Der Flug dauerte circa zwei Stunden, und ein Flugticket kostete damals 82 Rubel, etwa die Hälfte eines durchschnittlichen sowjetischen Monatseinkommens. Die Strecke Moskau – Alma-Ata blieb die einzige Linienverbindung der TU-144. Die Maschine hob am 1. März 1978 nach insgesamt 102 Flügen, davon 55 Passagierflüge mit insgesamt 3284 beförderten Passagieren, zum letzten Mal ab. Die Sowjetunion stellte das zivile Überschallprogramm nicht nur aufgrund technischer Probleme und mehrerer Abstürze der Maschine ein, auch wirtschaftlich blieb die TU-144 weit hinter ihren Erwartungen zurück.

Die Aeroflot besaß Mitte der 1980er Jahre mehr als 10.000 Flugzeuge und bediente rund 3.600 Ziele, sie war noch immer die größte Fluglinie der Welt. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde aber neben der Flotte von Aeroflot auch deren Liniennetz zerschlagen und ging in zeitweise hunderten regionalen Fluggesellschaften der ehemaligen Unionsrepubliken auf. Auch das Schicksal des neuen Flughafens des inzwischen umbenannten Almaty stand unter keinem guten Stern.

In der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1999 brach durch einen Schaschlikgrill in einem der Restaurants des Flughafens ein Feuer aus, welches das gesamte Flughafenterminal bis auf die Grundmauern zerstörte. Auch dieses Gebäude stand zeitweise auf der Liste architektonischer Denkmäler, wurde aber nach der Zerstörung von der Liste gestrichen. Der Neubau des Flughafens, welcher mit seiner geschwungenen Form dem Flügelschlag eines Vogels nachempfunden ist, wurde im Jahre 2004 fertiggestellt. Seitdem gilt der Flughafen Almaty als der größte Kasachstans und ist unter den zehn meistfrequentierten in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.

Der Traum vom Fliegen geht für Almaty weiter

Die schlimmsten Momente in der Geschichte des Flughafens Almaty sind sicherlich jene, in denen Menschenleben zu beklagen waren. Am 4. Januar 1965 gab es zum ersten Mal einen Flugzeugabsturz einer aus Moskau kommenden Aeroflot-Maschine. 64 Menschen verloren damals ihr Leben. In jüngster Zeit kam es zu zwei tragischen Vorfällen, zuletzt am 27. Dezember 2019, als eine Maschine der Bek-Air beim Startmanöver rasch an Höhe verlor und anschließend in ein Gebäude außerhalb des Flughafengeländes prallte. Von 98 Pas-
sagieren an Bord starben 12 Menschen.

Die Aeroflot steht inzwischen unter russischer Flagge und fliegt nach einer kompletten Umstrukturierung heute wieder sehr erfolgreich. Die Marke Dobroljot wurde im Jahr 2014 reaktiviert, musste aber bereits nach wenigen Monaten den Flugbetrieb wieder einstellen. Der Flughafen Almaty wiederum arbeitet heute nach wie vor an seinen Belastungsgrenzen. Bedingt durch die Corona-Pandemie und weltweite Flugverbote gibt es aber auch in Almaty momentan so gut wie keine Starts und Landungen. Wann in den Flugplan wieder Normalität einkehren wird, ist nicht abzusehen. Die Zukunft des Flughafens ist aber gesichert. Am 8. Mai 2020 hat der türkische Flughafenbetreiber TAV eine Mehrheit von 75 Prozent des Airport Almaty für 450 Millionen Dollar übernommen und plant einen kompletten Terminalneubau bis zum Jahr 2022. Der Traum vom Fliegen geht für Almaty also weiter.

Philipp Dippl

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