Die Wiederbelebung der Seidenstraße ist ein wichtiger Schritt für den logistischen Ausbau Kasachstans. Die zentralasiatische Republik spielt damit eine wichtige Rolle in der wirtschaftlichen und logistischen Verflechtung von Europa und Asien.

Die dynamische Entwicklung Kasachstans der letzten Jahre bestätigte das Weltwirtschaftsforum mit dem jüngsten Ranking „Global Competitiveness Index 2012– 2013“. Unter den 144 Ländern nimmt Kasachstan den 51. Platz ein und hat sich gegenüber dem vorherigen Ranking um 21 Plätze verbessert. Mit einer Fläche von 2.724.900 Quadratkilometern ist Kasachstan der neuntgrößte Staat der Erde. Vergleichsweise hat Deutschland eine kleine Ausdehnung von 357.121 Quadratkilometern.

Experten haben festgestellt, dass auf der einen Seite die weltweite Beachtung Kasachstans als Beschaffungsmarkt für Rohstoffe und Halbmaterialien zunimmt, auf der anderen Seite beträchtliche Entfernungen zwischen den bedeutenden Wirtschaftszentren innerhalb der Republik bestehen. Am landesweiten Frachtumschlag hat die Eisenbahn einen Anteil von drei Fünftel, ohne Berücksichtigung des Pipelinetransports von drei Viertel. Das Streckennetz der Eisenbahn hat eine Gesamtlänge von 15.100 Kilometern, darunter ca. 5.000 Kilometer zweigleisige und 4.000 Kilometer elektrifizierte Strecken.

Kasachstan ist für Deutschland mit einem bilateralen Handelsvolumen von 5,93 Milliarden. EUR im Jahr 2012 der mit Abstand wichtigste Handelspartner in Zentralasien. Mit insgesamt 1,98 Milliarden Euro exportiert Kasachstan vor allem Erdöl, Eisen und Stahlerzeugnisse sowie chemische Produkte im Wert von insgesamt 3,95 Milliarden Euro. Eine besondere Bedeutung hat Kasachstan für Deutschland als viertgrößter Öllieferant. Die wichtigsten deutschen Direktinvestitionen in Kasachstan liegen, nach Informationen des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik, im Bereich Baustoffproduktion und Einzelhandel.

Kasachstans historische Transitfunktion

Die Rolle Kasachstans als Transitland zwischen Asien und Europa hat eine historische Dimension. Die bedeutendste Handelsstraße aller Zeiten, die „Große Seidenstraße“, verlief auf einem ihrer nördlichen Zweige in einer Länge von ca. 1.700 Kilometer über das Territorium des heutigen Kasachstan. Auf der historischen Seidenstraße, welche Asien mit dem Mittelmeerraum verband, wurden Gold, Edelsteine und vor allem Glas in asiatische Richtung transportiert, während Pelze, Keramik, Jade, Bronze, Lacke und Eisen in westliche Richtung befördert wurden. War zu damaliger Zeit der Landweg die Haupt-Handelsverbindung zwischen Asien und Europa, werden heute rund 95 Prozent des Güterverkehrs zwischen Asien und Europa über den Seeweg abgewickelt.

Anfang September 2013 hatte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping bei seinem Staatsbesuch in Kasachstan das Konzept der „Wirtschaftsregion Seidenstraße“ entwickelt. Das Konzept erregte in Asien, Europa und weltweit große Aufmerksamkeit.
Der Aufbau der „Neuen Seidenstraße“ stand auch auf der Tagesordnung des jüngsten Gipfeltreffens der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) Mitte September 2013 in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. Sie hat das Ziel, die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Handel und Gewerbe zu fördern. Die Staatschefs der SCO-Mitgliedsländer berieten in Bischkek über Fragen wie die Entwicklung eines Verkehrs– und Kommunikationsnetzes in der Region und die Förderung des Handels. Alle sechs beteiligten Länder liegen an der alten historischen Seidenstraße.

Die Zollabfertigung wurde auf einem großen Teil der eurasischen Landbrücke zwischen China und Europa durch die seit Januar 2012 vollständig in Kraft getretene Zollunion Belarus – Kasachstan – Russland vereinfacht. Gegenwärtig bereiten diese drei CES-Länder (Common Economic Space) die Gründung der „Vereinigten transportlogistischen Partnerschaft“ vor. Damit soll ein wichtiger Schritt getan werden, das logistische Dienstleistungsniveau der drei Länder mit einheitlichen Standards zu verbessern und Maßnahmen zur Lieferzeitverkürzung und Gewährleistung der Gütersicherheit durchzusetzen.

Die kasachische Regierung hat 2013 ein komplexes Programm „Kasachstan – Neue Seidenstraße“ für den Zeitraum bis 2016 beschlossen. Gegenstand sind: Die Bildung von Transportkorridoren, mit denen Europa und Asien verbunden werden, der Abbau von Infrastrukturbeschränkungen, die Erhöhung des logistischen Niveaus, die Erleichterung der Prozesse an den Grenzübergängen, der Masterplan der Verkehrslogistik, die Gründung nationaler TransportLogistik-Unternehmen sowie die Rolle der Go-West-Strategie Chinas.
Großen Einfluss auf die Entwicklung der eurasischen Landbrücke hat die Go-West-Strategie Chinas. Die chinesische Regierung bemüht sich mit ihrer Go-West-Strategie seit mehr als zehn Jahren, die ökonomischen, sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung Westchinas zu verbessern. Diese Wirtschaftsentwicklung stärkt die Potenziale der euroasiatischen Landbrücke, denn durch sie werden Fahrtzeiten verkürzt.

Wachsende Transportmengen im Schienengüterverkehr

Das gesamte Transportvolumen der Transitgüter durch Kasachstan über Schiene, Straße und Wasser betrug im Jahr 2012 17,8 Millionen Tonnen, neun Prozent mehr als im Vorjahr. Die Mehrheit der Transitgüter (16,3 Mio. Tonnen) wurde im Jahr 2012 über die Schiene befördert. Auf die Straße entfielen 8,4 Prozent und auf die Wasserstraßen 0,1 Prozent. Besondere Bedeutung im Wettbewerb mit dem Seetransport hat der Containertransport über die Landbrücke. Im Containertransit durch Kasachstan wurden von Januar bis September 2013 ca. 90.000 TEU (Standardcontainer) transportiert, 7 Prozent mehr als im Jahr 2012 (84.000 TEU). Das Transitgütervolumen mit geschlossenen Containerzügen aus China nach Europa durch Kasachstan ist von Januar bis September 2013 von 2.410 TEU auf 3.918 TEU, um 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Der Vizepräsident der kasachischen Staatsbahn Kanat Alpysbajew prognostiziert für das Jahr 2020 ein Containertransport-Volumen durch Kasachstan von 1 bis 1,5 Millionen TEU.

Ein Beispiel für die Attraktivität der Landstrecke durch Kasachstan und die weiteren CES-Länder Russland und Weißrussland ist die Eisenbahnverbindung Chongqing (China) – Dostyk – Duisburg (Deutschland). Diese Strecke mit einer Länge von 11.000 Kilometern wird in 15 bis 16 Tagen zurückgelegt.

Mit Vorteilen wie hoher Sicherheit, Effizienz und Schnelligkeit ist der Trans-Eurasia-Express ein neuer strategischer Korridor des Gütertransports von China nach Europa geworden. Das Ganzzugkonzept über die sogenannte Südroute wurde gemeinsam mit Hewlett-Packart (HP) in Kooperation mit DB Schenker Rail und Trans Eurasia Logistics, einem 2008 gegründeten Joint Venture der DB AG und der russischen Eisenbahnen RSchD als Alternative zur viel befahrenen Nordroute über die transsibirische Eisenbahn entwickelt.

Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur

Bis 2020 ist die Verdopplung des Transitaufkommens von heute ca. 18 Millionen Tonnen geplant. Dafür soll für die Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur ein Gesamtinvestitionsvolumen bis 2020 von ca. 8,8 Milliarden Euro realisiert werden.
Zu den Modernisierungs– und Ausbauplänen der Bahn gehören weiterhin eine Generalüberholung von ca. 4.200 Kilometer sowie der Neubau von rund 1.600 Kilometer und die Elektrifizierung von etwa 2.700 Kilometer Gleis. Höchste Priorität bei der Entwicklung der Logistik-Performance Kasachstans hat die Entwicklung der Sonderwirtschaftszone „Horgas – Osttor“ an der kasachisch-chinesischen Grenze mit dem Ziel, einen Hochleistungs-Logistik-Hub für die Transporte auf der Relation Südostasien – China – Zentralasien – Europa zu schaffen. Den Investoren werden vorteilhafte Wirtschafts– und Handelsbedingungen mit Steuer– und Zollpräferenzen gewährt. Von großer Bedeutung ist auch die von den Präsidenten Chinas und Kasachstans im September 2013 unterschriebene Vereinbarung zur Gründung eines gemeinsam betriebenen chinesischen Hafens, einschließlich des Ausbaus eines neuen Hafenterminals, beginnend im 1. Halbjahr 2014.

Die Weltgeschichte des 21. Jahrhunderts wird maßgeblich durch die Entwicklung Eurasiens bestimmt werden. Kasachstan spielt wirtschaftlich auf Grund seiner Ressourcen eine mitbestimmende Rolle in diesem Prozess. Das Land hat auf Grund seiner geografischen Lage an der Schnittstelle Europas und Asiens und auf Grund seiner leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur eine logistische Schlüsselfunktion, um die euroasiatische Wirtschaftsverflechtung zu beschleunigen.

Dr. oec. habil. Günter Teßmann ist freier Journalist und Gastdozent an der Deutsch-Kasachischen Universität.

Günter Teßmann

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