Neue Tourismus-Waggons mit Panoramafenstern und Ausbau des Schienennetzes

Kirgisistan ist ein Land der Berge. Die Gebirge Tian-Shan und Pamir bedecken weite Teile des Landes und der höchste kirgisische Gipfel erreicht über 7.000 Höhenmeter. Daher ist Kirgisistan, das auch als zentralasiatische Schweiz bekannt ist, unter Individualreisenden aus Europa ein zunehmend beliebter Geheimtipp, ähnlich wie Georgien oder Albanien noch vor einigen Jahren.

Dementsprechend wird das Land Schritt für Schritt touristisch erschlossen. Ob es Mehrtagesritte mit Pferden oder aber Wander- und Skitouren sind: In den einsamen Weiten Kirgisistans, zwischen Jurten und Pferdeherden dürfte das Herz abenteuerbegeisterter Reisender schnell höher schlagen.

Waggons mit extra Komfort auf 200 Kilometern

Für Reisende, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, gibt es nun ein besonderes Highlight: Einen Zug mit Panoramafenstern, ebenso wie in der Schweiz.
Seit 2022 fahren auf der 200 Kilometer langen Strecke zwischen Bischkek und Balyktschy am westlichen Ufer des Issyk-Kul-Sees Waggons mit Panoramafenstern. Anstelle der normalen Sitze sind die beiden Waggons mit Sofas und Kissen im traditionell kirgisischen Design ausgestattet.

Die Wagen seien nach Angaben der Railway Gazette von dem Bahnunternehmen Kyrgyz Temir Zholu (KTZ) durch die vollständige Demontage veralteter Wagons und anschließende restauratorische Reparaturen hergestellt worden. Dabei habe man die Struktur der Karosserie verstärkt, um Panoramafenster mit erweiterter Sicht zu ermöglichen. Es wurden elektrische Systeme installiert, das Bremssystem verbessert und eine Klimaanlage eingebaut.

In Abhängigkeit von der Jahreszeit werden die Panorama-Waggons für den Tourismus zum Teil mehrmals täglich an das Ende normaler Personenzüge angehängt, die dann durch das Bergland zum See fahren. Die Sitzplätze der Panorama-Option, die ein Vielfaches der regulären Tickets kosten, seien trotzdem oft ausgebucht.

Ausbaubedarf der kirgisischen Bahnstrecken

Obwohl die neuen Panorama-Waggons Komfort und Ausblick zu bieten haben, lassen Züge als Mittel der Mobilität in Kirgisistan bisher zu wünschen übrig. Während die Züge selbst oft noch aus der Sowjetzeit stammen und entsprechend in Technik sowie Ausstattung veraltet sind, ist auch das Streckennetz der kirgisischen Eisenbahn nicht besonders gut ausgebaut. Von zwei Bahnlinien in Kirgisistan, der nördlichen und der südlichen, wurde Letztere 2010 eingestellt, wie die Plattform Caravanistan berichtet. Zuvor waren die Linien nicht einmal miteinander verbunden.

Die Ursachen für die dürftige Bahninfrastruktur dürften mannigfaltig sein. Einerseits hat die Grenzziehung der jetzt postsowjetischen Länder an einigen Stellen die früher durchgängig zur sowjetischen Staatsbahn gehörigen Bahnlinien getrennt, andererseits fehlten in jüngerer Vergangenheit entsprechende Investitionen. Außerdem ist das für den Tourismus so beliebte kirgisische Bergland in vielen Bereichen für die Eisenbahn nur schwer zugänglich.

Die Politik des Landes scheint das Potenzial der Bahn für den Personen- und Güterverkehr jedoch inzwischen wahrgenommen zu haben. Von den Panorama-Waggons abgesehen, deren Umbau- und Modernisierungskosten das Unternehmen KTZ lokalen Medien zufolge selbst getragen habe, wurde 2022 auch in eine Erweiterung des Bahnnetzes investiert. Die neue 186 Kilometer lange Strecke soll laut Railway Gazette künftig Balyktschy mit dem Ort Kara-Keche verbinden und den Transport von Kohle ermöglichen.

Beim ersten Spatenstich der Gleisbauarbeiten, der am 31. März 2022 stattfand, unterstrich der Präsident Sadyr Dschaparow die Dringlichkeit des Ausbaus. In 30 Jahren, so Dschaparow, sei in Kirgisistan kein einziger Meter neuer Eisenbahnstrecke gebaut worden, sondern man habe stattdessen rund 42 Kilometer durch Stilllegungen verloren. Und wer weiß, vielleicht werden die Schienen der neu gebauten Strecke bis nach Kara-Keche nahe dem See Song-Kul eines Tages auch für Panorama-Passagierzüge genutzt.

Maria Glaser

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