Neues Jahr, neues Glück? Auch zum Jahresbeginn 2016 änderten sich wieder Gesetze, Rechtsprechung und damit auch Arbeitsordnungen von vielen Unternehmen. Der Verband der Deutschen Wirtschaft (VDW) in der Republik Kasachstan berief eine Januarsitzung bezüglich der Kursentwicklung der kasachischen Währung und der kürzlich erlassenen neuen Gesetzesänderungen ein.

Nach einer internen Einführung von Jörg Hetsch (VDW Vorsitz) wurde in mehreren Fachvorträgen die veränderte Rechtssituation dargestellt, um anschließend offene Fragen der anwesenden Unternehmer und Verbandsmitglieder erörtern zu können. Wegen der Devaluierung des Tenge kamen bereits zum Ende des vergangenen Jahres viele Nachfragen. So wurde aufgrund der vorherrschenden Unsicherheit unter den Mitgliedern diese Januarsitzung einberufen. Die Fragen beliefen sich im Bereich der praktischen Unternehmensführung in Krisenzeiten und etwaiger Maßnahmenergreifung etwa bei Arbeits– und Lieferverträgen und einer Möglichkeit der Kopplung dieser an den Euro.

Tenge bleibt frei konvertierbar Neuerungen im Gesetz „Über Devisenkontrolle und Devisenregulierung“ sowie im Zivil-, Arbeits– und Steuergesetzbuch wurden von Rechtsanwalt Nikolai Knorr (RSP-International) vorgestellt. Der Tenge bleibt frei konvertierbar, das hatte die kasachische Nationalbank einige Tage zuvor offiziell verkündet und zugesichert. Doch dies sei auch eine der wenigen positiven Nachrichten dieser Tage, so Knorr. Im Anschluss erläuterte er aus der Sicht des Risikomanagements Möglichkeiten, Rechtsverhältnisse an den Euro binden zu können. Dabei können Rechtsverhältnisse zwischen zwei kasachischen Residenten nur in KZT, die zwischen zwei Nichtresidenten bzw. die zwischen einem Residenten und einem Nichtresidenten in allen Währungen geschlossen werden. Besonders interessant sind dabei die Definitionsdetails eines „Residents“ der Republik Kasachstan, die sich im Steuerrecht und im Gesetz über Devisenkontrolle unterscheiden.

Des weiteren ging Knorr auf die Frage ein, inwiefern Arbeitsverhältnisse an Währungskurse koppelbar sind. Ein Festgehalt in Tenge ist nach offizieller Stellungnahme des Sozialamtes tatsächlich an einen (sich ändernden) Wechselkurs bindbar. Lediglich eine Situation bleibt dabei kritisch: die, falls der Tenge gegenüber einer anderen Währung stärker wird. So war es vor einigen Jahren bei dem Rubel gegenüber dem Euro der Fall, weshalb der russische Arbeitgeber durch diese Kopplung benachteiligt wurde – weshalb in Russland diese Möglichkeit gerichtlich aufgehoben wurde und seitdem alles in Rubel ausbezahlt wird.

Anhand von verschiedenen anonymisierten Beispielen wurden Fallbeispiele durchgespielt. Bei einigen abenteuerlichen Gerichtsstreiten konnte dabei der Eindruck entstehen, dass sich die kasachische Gerichtsbarkeit auf kafkaeske Weise von Instanz zu Instanz ändern kann. Aufgrund solcher wankelmütiger Bestimmungen sprach man bei Erläuterung einiger Vertragstricks von „zentralasiatischen Lösungen“.

Michael Quiring von der Kanzlei „Rödl &Partner“ ging auf einige weniger angenehme rechtliche Fragen ein, die in Krisenzeiten einhergehen: Senkung von Personalkosten und betriebsbedingte Entlassungen. Das neue Jahr brachte neben vielen anderen Gesetzesänderungen auch ein neues Arbeitsgesetzbuch in Kasachstan und viele Neuheiten. Diese erleichtern jetzt das Schaffen des Arbeitgebers auf Kosten des Arbeitnehmerschutzes. Damit sind in Krisenzeiten die Weichen für anfallende betriebsbedingte Kündigungen gestellt.

Auch andere Änderungen traten in Kraft: die minimale Probezeit wurde aufgehoben, die Aufschläge für Wochenend– und Feiertage wurden gesenkt und auch Urlaubsregelungen geändert. Den Anwesenden der Sitzung, die meisten sind Arbeitgeber, wurden dazu angeraten, Geschäftseinbrüche und andere Krisenerscheinungen zu dokumentieren, um diese im Rechtsfall bei gerichtlichen Feststellungen verwenden zu können. Für weitere Sparmaßnahmen riet man zu Arbeitnehmercoachings, um Fehlverhalten und damit einhergenden behördlichen Strafen vorzubeugen. Ebenso mahnte Quiring an, die mit dem Wechselkurs einhergehenden Bilanz-Differenzen (positive und negative) stets steuerlich zu deklarieren. Man sollte im Hinblick auf Korruptionsfälle immer im Blick behalten, dass auch deutsche Staatsbürger strafrechtliche Verantwortung tragen können. Weiterhin sei im neuen Jahr auch mit vermehrten Steuerprüfungen und behördlichen Besuchen zu rechnen.

Zu guter Letzt trug Fabian Nemitz (Germany Trade & Invest, Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH) eine Einschätzung zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Kasachstan vor. Es gibt für 2016 viele Faktoren der Unsicherheit, aufgrund der Öl– und Rohstoffpreise, des Währungskurses, der Wirtschaftskrisen in den Nachbarländern Russland und China, Dollarkur, den drohenden Zinsanhebungen in den USA und eine weiterhin instabile Weltwirtschaft. In der Wirtschaftspolitik 2016 stünden in Kasachstan nach Nemitz Budgetkürzungen, Anpassungen des Ölpreis es (bislang 40 US$/Barrel), die Umsetzung des Fünf-Reformen-Programms (Verbesserung des Investitionsklimas, Privatisierung, Liberalisierung usw.), der Ausbau der „Seidenstraße“ und Investitionen aus der VR China an. Insgesamt sollte man aufgrund der fortschreitenden Tengeabwertung (seit Freigabe des Wechselkurses im Sommer 2015) mit einem Kaufkraftverlust und Importverteuerung sowie staatlichen Ausgabenkürzungen rechnen. Allerdings stehen die Programme „Nurly Zhol“, Expo, die für 2017 angesetzte Kaschagan-Ölförderung auf dem Staatsplan und weitere chinesische Investitionen, sowie der WTO-Beitritt und daraus evt. erwachsende Möglichkeiten.
Soweit ein Überblick. Es wurde noch auf zahlreiche weitere Details eingegangen. Bei Interesse kann man, wie gewohnt, alle Präsentationen der Vortragenden auch im Web (zentralasien.ahk.de) einsehen.

Julia Boxler

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