Die USA sind trotz der rasanten Entwicklung solcher Länder wie China oder Indien nach wie vor mit großem Abstand die größte Volkswirtschaft der Welt und werden das auch noch einige Zeit bleiben. Das Bruttoinlandsprodukt der USA liegt bei etwa 14 Billionen Dollar, an zweiter Stelle liegt China mit etwa fünf Milliarden. Doch hinter dieser quantitativen Kennziffer verbergen sich zunehmende Divergenzen in den qualitativen Strukturen. Fast schon traditionell (bereits seit den 1970er Jahren) haben die USA ein tendenziell eher wachsendes Defizit der Außenhandelsbilanz, das heißt es wird mehr importiert als exportiert. Im Falle China ist das genau umgedreht. Folglich haben die USA Jahr für Jahr wachsende Außenhandelsschulden, während China in ziemlich kurzer Zeit in schwer vorstellbarem Maße Devisenreserven, also Guthaben, angehäuft hat.

Zu diesem Problem kommt in den USA die rasant wachsende Staatsverschuldung, die allein in den letzten vier Jahren von knapp 80 auf fast 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen ist. Die Ironie der Geschichte wollte es, dass zu den größten Gläubigern (Käufern) amerikanischer Staatsanleihen chinesische Organisationen gehören, die so ihre aus dem Export in die USA verdienten Dollars in großem Stile wieder in den USA anlegen und damit wesentlich die Zahlungsfähigkeit des Konkurrenten aufrechterhalten. Mittlerweile hat die Dynamik der Verschuldung der USA ein Niveau erreicht, das den Problemen Griechenlands und anderer Länder der Eurozone entspricht.

Dabei sind die knapp 13 Milliarden Schulden der US-Bundesregierung nur ein Teil der staatlichen Gesamtschulden. Auch die Finanzlage der Bundesstaaten, der Kommunen und der Sozialkassen ist katastrophal. Ungeschminkt sehen die USA also ziemlich alt aus, zumal bisher auch noch keine konsequente Strategie des Sparens und der Effizienzsteigerung der öffentlichen Verwaltung erkennbar ist. Der Staat ist ein Scheinriese, die wirtschaftliche Basis reicht nicht aus, alle notwenigen öffentlichen Ausgaben zu finanzieren. Zunehmend zerfällt die öffentliche Infrastruktur, das Militär verschlingt einen großen Teil des Wohlstandes. Den Schulden des Staates folgen schon lange auch die privaten Schulden.

Längere Zeit war die Sparquote in den USA negativ, das heißt alle Einkommen wurden für den laufenden Konsum verbraucht zuzüglich dazu noch Kredite. Schuld ist eine Mischung aus amerikanischer Spendierlaune und griechischer Gemütlichkeit. Um Wählerstimmen zu ködern, haben Politiker aller Couleurs jahrelang Wohltaten verteilt, dafür aber nicht mal einen Teil der notwendigen Mittel zurückgelegt. Die öffentlichen Haushalte leben nur noch von der Hand in den Mund. Zur Bezahlung von durch Privatfirmen für den Staat erbrachten Leistungen fließen zunehmend keine Gelder mehr, sondern es werden Schuldscheine als Instrument der Bezahlung in der Zukunft angeboten.

Damit wird der normale Geldkreislauf untergraben, Unternehmen weigern sich zunehmend gegen solche „Bezahlung“ staatliche Aufträge anzunehmen. Bleibt im Moment also nur noch die Notenpresse, denn kurzfristig sind auch bei großem Sparwillen keine nennenswerten Effekte zu erreichen. Aber von einem rigorosen Sparkurs ist gegenwärtig sowieso noch nicht viel zu sehen. Wirbel hat dagegen die Aussage des Finanzmisters Kaliforniens erzeugt, der meinte, dass es falsch sei, die Anleihen seines Bundesstaates als riskanter zu bewerten als die von Kasachstan oder Thailand.

Trotz aller Probleme sollte man aber die USA keinesfalls abschreiben. In seiner Geschichte hat das Land schon oft bewiesen, dass es Problemsituationen meistern kann, darunter auch schon Perioden mit höherer Staatsverschuldung. Auch wird China seinen Hauptschuldner kaum fallen lassen, und das Wirtschaftspotential der Staaten ist nach wie vor gewaltig. Doch auch bei Lösung der Probleme: Die Welt wird danach eine andere sein, eine multipolare.

Bodo Lochmann

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia