Die Liste von Unsicherheitsfaktoren eines stabilen wirtschaftlichen Umfeldes ist lang. Für Unternehmen, die auf Außenmärkten tätig sind, gehören instabile Wechselkurse dazu. In dieser Hinsicht waren die Zeiten bis 1971 einfacher, denn bis zu diesem Zeitpunkt gab es ein System fester Wechselkurse. Das bedeutet, dass der Wechselkurs von der Nationalbank des Landes festgelegt wurde und keinen Veränderungen ausgesetzt war.

Heute ist das grundlegend anders, denn die großen Währungen bilden ihre Wechselkurse untereinander nach den Gesetzen des Marktes. Der Staat in Form der Nationalbank greift in dieses Geschehen nur sehr selten und ungern ein. Wenn die Nationalbank mal den Wechselkursmechanismus beeinflusst („interveniert“), tut sie das meist mit nur geringem und sehr kurzfristigem Erfolg, wie die letzte Intervention der japanischen Nationalbank im September gezeigt hat.

Aus verschiedenen Gründen wird eine solche Intervention von den Marktteilnehmern oft als Bestätigung ihrer Markteinschätzung interpretiert, was den vorhandenen, aber von der Nationalbank nicht gern gesehenen Trend noch verstärkt. In den letzten Wochen hat sich der Wechselkurs des Euro in seiner Relation zum Dollar sehr dynamisch gestaltet.

In den Monaten vor der Griechenlandkrise erklomm der Euro im Verhältnis zum Dollar einen Rekordstand nach dem anderen – sehr zum Leidwesen der europäischen Exporteure, deren Waren sich in Dollar drastisch verteuerten. Dies führte zu einem Rückgang der Nachfrage auf den entsprechenden Auslandsmärkten. Während der Griechenlandkrise legte der Euro dann im Verhältnis zum Dollar einen radikalen Sturzflug hin, was zwar die Exporteure erfreute, das Eurosystem aus finanzpolitischen Gründen aber schwer belastete.

Auch hierzulande argwöhnten manche schon, dass nun das Ende des Euro nah sei. Einige Nationalbanken begannen ihre Strategie der Umschichtung ihrer Dollarreserven in den Euro zu überdenken. Für viele überraschend erlebt der Euro seit einigen Wochen wieder einen in diesem Tempo nicht vorhersehbaren Höhenflug. Diese starken Ausschläge des Wechselkurses treffen nun die Wirtschaftsbereiche des Exportlandes Deutschland sehr unterschiedlich. Der einfache Bürger merkt ziemlich wenig davon, zumindest solange er zu Hause sitzt und das Auto in der Garage stehen lässt.

Der größte Teil der deutschen Export- und Importunternehmen kann auch gelassen bleiben. Schließlich wickelt Deutschland etwa zwei Drittel seines Außenhandels mit den Ländern der Eurozone ab, wo es keine Wechselkursschwankungen geben kann. Direkt betroffen sind dagegen die Unternehmen, die ihre Exporte oder Importe in Dollar realisieren. Dahinter stehen eine Reihe von Großunternehmen wie Volkswagen mit einer entsprechenden Anzahl von Arbeitsplätzen, die durch die Wechselkursschwankungen leicht gefährdet sein können.

Wie es mit den Wechselkursen weiter geht, ist eine schwierige Frage, auf die niemand eine verlässliche Antwort geben kann. Im Moment zeigen die Indikatoren in Richtung einer weiteren Aufwertung des Euro und einer Schwächung des Dollar. Ursache sind die hohen Staatsschulden der USA und die dortige instabile wirtschaftliche Lage. In Kasachstan interveniert die Nationalbank ziemlich regelmäßig in das Wechselkursverhältnis Dollar zum Tenge, um dieses weitgehend stabil zu halten. Der Umsatz des Euro ist hierzulande sehr gering, so dass sich die Nationalbank um diesen Wechselkurs kaum kümmern muss. Die fehlende Intervention in den Eurokurs erklärt die starken Schwankungen des Eurokurses zum Tenge, die uns wohl noch weiter begleiten werden.

Bodo Lochmann

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