Deutschlands Wirtschaft steht angesichts der Schuldenkrise vergleichsweise gut dar. Doch ist sparen der einzige Weg aus der Krise? Dr. Prof. Bodo Lochmann findet, dass nicht nur die Geldpolitik der EBZ allein ein Ausweg aus der Krise ist.

Seit Beginn der Schuldenkrise in der Eurozone im Jahre 2010 hängen der Euro und sein Schicksal an wenigen dünnen Fäden. Dazu gehört zum einen die deutsche Wirtschaft, die sich trotz eines schwachen wirtschaftlichen Umfelds in Europa sehr gut behauptet und durch ihre Importe eine stabilisierende Funktion ausübt. Immerhin beträgt der Anteil der Deutschen am gesamten Produktionsvolumen der Eurozone etwa ein Drittel. Folglich erweist der Zustand der deutschen Wirtschaft einen wesentlichen moralischen, aber natürlich auch realwirtschaftlichen Einfluss auf das Geschehen in der Eurozone.

Zwar gibt es Neider und kritische Stimmen, die vor allem die großen Exportüberschüsse der deutschen Wirtschaft betreffen. Dadurch werden ja in anderen Ländern Arbeitsplätze verhindert; der Kauf deutscher Importwaren behindert die Produktion eigener Erzeugnisse. Andererseits importiert die deutsche Wirtschaft für ihre Exportprodukte sehr viele Zulieferungen aus anderen Ländern, so dass die deutsche Exportstärke dort auch wieder Arbeitsplätze erhält oder gar schafft. Zudem ist die Nachfrage nach deutschen Waren ja keine ideologische Frage oder erfolgt auf Anweisung, sondern ist durch die hohe Qualität der Produkte bestimmt, die andere Länder so nicht bieten können. Letztlich bestimmt der Kunde, was er kauft und nicht die Politik.

Der zweite Faden, an dem der Euro hängt, ist die Tätigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie übt die geldpolitische Verantwortung der 18 Nationalbanken aus, die vor dem freiwilligen Beitritt zum Euro selbständig agierten.

Bei einer „Schuldenkrise“ geht es um zu hohe Staatsschulden in Relation zum BIP der jeweiligen Länder. Die Lösung dieser Krise ist eigentlich Sache der Politik, also der Regierungen, denn diese haben über Jahrzehnte mehr Geld ausgegeben als im gleichen Zeitraum eingenommen. Die EZB hingegen trägt „nur“ Verantwortung für die Geldwertstabilität, also eine optimale, auch nicht zu niedrige Inflationsrate.

Beide Fäden, an denen der Euro im Moment hängt, sind ziemlich strapaziert und auch nicht ewig weiter belastbar. Die weltpolitischen Unsicherheiten der Gegenwart beeinflussen tendenziell die Absatzmöglichkeiten deutscher (natürlich auch anderer) Unternehmen negativ. Dadurch ergeben sich entsprechende negative Rückwirkungen auf die Zulieferer aus anderen Ländern.

Problematischer sind aber die Aktivitäten der EZB: Die Leitzinsen, zu denen die Gemeinschaftsbank neue Kredite an die Geschaftsbanken vergibt, liegen seit einiger Zeit de facto bei Null. Zudem bekommen Geschäftsbanken auf ihre Einlagen bei der EZB nicht nur keine Zinsen mehr, sondern müssen solche zahlen – es gibt also Strafzinsen. Das alles soll die Geschäftsbanken stimulieren, dem Realsektor mehr billige Kredite für Investitionen zur Verfügung zu stellen.

Aus verschiedenen Gründen wirkt dieser Mechanismus nicht, auch infolge der weltpolitischen Unsicherheiten: die Geschäftsbanken kaufen lieber sichere, wenn auch sehr niedrig verzinste Staatsanleihen, statt das billig erhaltene Geld in höher rentierliche, aber risikoreichere Unternehmensinvestments zu stecken. Die Abwendung der Krise ist aber keinesfalls alleine durch Sparen, also Ausgabenkürzungen zu erreichen. Höhere Steuereinnahmen sind genauso notwendig, wofür aber Wirtschaftswachstum, also mehr Produktion notwendig ist. Das aber hängt an einer ganzen Reihe von Faktoren, darunter auch einer effizienten Kreditversorgung ab, die aber im Moment stockt.

Durch die bisherigen Maßnahmen der EZB, also die drastische Senkung der Kreditzinsen und die damit verbundene Bereitstellung von viel billigem Geld, hat die EZB den Regierungen vor allem Zeit und große Einsparungen an Zinsen für neue Staatskredite verschafft. Ewig geht das aber nicht weiter, schon weil ein Zinssatz nicht grenzenlos weiter gesenkt oder Negativzinsen stetig erhöht werden können. Die Politiker müssen also die Staatsfinanzen in Ordnung bringen. Das aber dauert, weil die über Jahrzehnte aufgetürmten Probleme und ausgelassene Reformen nicht in wenigen Jahren bewältigt werden können. Mittlerweile hat wohl auch die EZB ihre weitgehende Machtlosigkeit eingestehen müssen, was in einer Reihe eher seltsamer Vorschläge zum Ausdruck kommt. Wie es weiter geht? Nichts Genaues weiß man nicht!

Bodo Lochmann

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