Gerade wurde der „Zweite Fünfjahrplan der industriell-innovativen Entwicklung der Republik Kasachstan für der Zeitraum 2015 bis 2019“ verabschiedet und veröffentlicht. Immerhin 25 Zeitungsseiten nimmt das Dokument ein, was in dieser Form zwar nicht für die breite Masse der Bevölkerung, wohl aber für Interessierte eine spannende Sonntagslektüre sein kann.

Nicht wenige meiner Kollegen reiben sich jedoch die Augen und fragen „Wieso ein zweiter Fünfjahrplan? Hat es denn einen ersten gegeben?“ Ja, hat es. Er wurde in Expertenkreisen auch in allen Facetten diskutiert, eine breite informative Wirksamkeit hat er jedoch nicht erreicht. Das liegt auch daran, dass man sich in ziemlich schneller Folge mit neuen Programmen, Plänen und Begriffen im Innovationsbereich vertraut machen musste. Das ist bei der großen Anzahl von staatlichen Entwicklungsprogrammen aller Art auch nicht ganz leicht. Zudem wurde auch meist keine exakte Abrechnung des Planes a, b oder c und keine Abgrenzung untereinander vorgenommen, sondern es wurden in noch nicht abgeschlossene Entwicklungsprogramme schnell weitere Vorhaben eingeschoben oder erfolglose Programme ohne Kommentar versenkt.

Wie dem auch sei, jetzt soll alles auch in kommunikativer Hinsicht besser werden, was denn auch nötig ist, weil Innovationsprozesse keine reine Angelegenheit einiger weniger Spezialisten sein sollten, sondern letztlich alle Mitarbeiter von Unternehmen und Organisationen betreffen. In kommunikativer Hinsicht wird hierzulande auch deshalb bewusst auf die in Sowjetzeiten dominierenden Begriffe wie „Fünfjahrplan“ oder „Industrialisierung“ zurückgegriffen. Das wird wohl besser verstanden als „Innovation“.

Schaut man sich nun die Ausgangsbasis für den 2. Fünfjahrplan an, also das im 1. Fünfjahrplan Erreichte, so ergibt sich ein differenziertes Bild. Einerseits ist es gelungen, wesentliche Bestandteile einer Innovations-Infrastruktur zu schaffen. Das sind Einrichtungen mit Querschnittsaufgaben, wie Businessinkubatoren, wissenschaftliche Forschungszentren, Finanzierungs– und Technologietransferstrukturen, Bildungs– und Informationssysteme u .a. m. Zu jedem einzelnen dieser Punkte kann man natürlich auch Kritisches sagen, aber erst einmal ist hier eine Menge erreicht worden. Die Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung Kasachstans steigen ebenfalls stetig, wenn auch noch langsam. Die Erfahrungen zum Beispiel mit dem wenig erfolgreichen Kosmosprogramm zeigen jedoch, dass es keinen Sinn hat, „nur“ Geld bereitzustellen, wenn es keine entsprechenden Projekte dafür gibt.
Der 1. Fünfjahrplan hat auf der anderen Seite nicht das in vollem Umfange erreicht, was eigentlich geplant war. Der Anteil der Erzeugnisse der verarbeitenden Industrie am Gesamtprodukt, vor allem aber am Export, ist nicht nur nicht gestiegen, sondern sogar gesunken. Das ist vor allem den bis in die jüngste Vergangenheit eher gestiegenen Weltmarktpreise für Rohstoffe geschuldet, von denen Kasachstan je letztlich lebt. Eine radikale Umstrukturierung der Wirtschaft – von manchen unrealistischerweise erwartet – ist natürlich auch ausgeblieben. Grundlegende Veränderungen der wirtschaftlichen Strukturen dauern meist Jahrzehnte und lassen sich unter marktwirtschaftlichen Bedingungen auch nicht vom Staat erzwingen. Als Problem ist auch anzumerken, dass die durchaus erreichten Teilergebnisse im Innovationsbereich weitgehend durch staatliche Aktivitäten initiiert oder auch realisiert wurden. Noch zu viele Unternehmen sehen entweder keine zwingende Notwendigkeit, sich mit durchaus unbequemen und mit hohem Risiko einhergehenden Innvovationsfragen herumzuschlagen, solange man sich auch noch ohne diese über Wasser halten kann. Allerdings werden Unternehmen auch meist noch viel zu wenig an der Ausarbeitung staatlicher Programme beteiligt, so dass letztere oft nicht die wirklichen Probleme und Arbeitsrichtungen der Unternehmen abbilden. Der Staat ist ja hierzulande generell noch zu direkt in der Wirtschaft vertreten.

Der neue Fünfjahrplan sieht nun auch nicht vor, dass sich die Wirtschaft Kasachstans in nur fünf Jahren völlig anders darstellt als im Moment. Das wäre auch realitätsfern. Vielmehr soll kontinuierlich in den bereits eingeschlagenen Grundrichtungen weitergearbeitet werden. Unzureichend werden im Programm jedoch die „weichen“ Faktoren des Innovationsgeschehens beachtet. Aber ohne ein hohes Niveau der Prozesse in den Bereichen Management, Kundenorientierung, Service, Information, Qualität kann sich in den überfüllten Märkten unserer Zeit kein technisch auch noch so gutes Produkt am Markt auf Dauer durchsetzen.

Bodo Lochmann

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