Großes Potential im Maschinen- und Anlagenbau: Der VDMA dehnt seine Exporte auf Russland und die neuen GUS-Märkte aus. DAZ-Korrespondent Konstantin Dallibor sprach mit Juliane Krause vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. aus Frankfurt.

Der Frankfurter Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) ist mit über 3 000 vorrangig mittelständischen Mitgliedsunternehmen der Investitionsgüterindustrie eine bedeutende Wirtschaftsorganisation. Diese stark exportorientierte Branche, eine Schlüsseltechnologie der deutschen Wirtschaft, erwirtschaftete im Jahr 2011 rund 200 Milliarden Euro und beschäftigte ca. 947 000 Mitarbeiter.Welche Bedeutung hat der russische und der kasachische Markt für Sie?

Russland ist für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau der viert-wichtigste Exportmarkt weltweit. Insgesamt exportierte unsere Branche im Jahr 2011 Waren im Wert von 7,5 Mrd. Euro nach Russland. Dies bedeutet eine Steigerung um 32% im Vergleich zum Vorjahr. Die deutschen Maschinenlieferungen nach Russland haben damit in 2011 wieder das Niveau des Spitzenjahres 2008 erreicht und liegen im internationalen Ver¬gleich mit Abstand vor denen aus China und Italien.

Die Exporte unserer Branche nach Kasachstan erreichten im Jahr 2011 einen Wert von 511 Mio. Euro. Dies entspricht einer Steigerung von 47% im Vergleich zum Vorjahr. Die deutschen Maschinenlieferungen nach Kasachstan haben damit 2011 auch im Vergleich zu den Jahren 2007 und 2008, einen neuen Höchststand erreicht und liegen im internationalen Vergleich mit Abstand vor den Maschinenlieferungen aus Italien und den USA, jedoch hinter China.

Wie beurteilen Sie die Gründung einer Zollunion sowie eines einheitlichen Wirtschaftsraumes zwischen Weißrussland, Russland und Kasachstan? Welche Wachstumsimpulse werden sich Ihrer Meinung daraus ergeben?

Mit dem Ziel einer weiteren Öffnung seines Handelsregimes und zur Beschleunigung seiner Integration in die Weltwirtschaft hat Russland im Zuge seines WTO-Beitritts zuge¬stimmt, einer Reihe von Verpflichtungen nachzukommen. Da diese protektio¬nistische Alleingänge einschränken, ist zukünftig mehr handelspolitische Sicherheit zu erwarten. Durch die Übernahme der WTO-Konditionen wird ein insgesamt offeneres und transparenteres Wirtschaftsumfeld geschaffen. Hieraus ergeben sich für den deutschen Maschinenbau etwa Änderungen im Hinblick auf die Zollabwicklung, technische Vorschriften, Subventionspolitik, öffentliches Beschaffungswesen, geistige Eigentumsrechte und Korruptionsprävention. Diese werden in die Zollunion Russlands mit Kasachstan und Weißrussland „hineingetragen“. Im Zuge der Zollunion sind neben dem bereits eingeführten gemeinsamen Zolltarif und gemeinsamen Zollkodex, gemeinsame Verkehrsnetze, eine Harmonisierung der geltenden technischen Regelwerke und Vereinheitlichung von Produktnormen und Zertifizierungen geplant, die insgesamt Erleichterungen bei der Abwicklung von Geschäften in diesem neu geschaffenen Wirtschaftsraum erwarten lassen.

Im VDMA sind u.a. Firmen aus den Bereichen Abfall- und Recyclingtechnik, Bergbaumaschinen, Landtechnik und -maschinen, Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sowie Windenergie vertreten. Für welche Sparten sehen Sie mit Blick auf Russland und Kasachstan besonders gute Exportchancen bzw. Modernisierungsbedarf?

Sowohl von russischer als auch kasachischer Seite werden vorwiegend Bau- und Baustoff¬maschinen, Landtechnik sowie Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen nachgefragt. Im Hinblick auf Kasachstans Ambitionen zur Modernisierung seiner Bergbauindustrie sehen wir hier für Bergbautechnik besonders gute Exportchancen.

Deutsche Geschäftsleute monieren in der GUS Bürokratie und Korruption und mahnen Transparenz sowie Chancengleichheit bei öffentlichen Ausschreibungen an. Wie sehen Sie dies?

Russland beabsichtigt, zum Zeitpunkt des WTO-Beitritts in diesem Monat, dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) beizutreten. Russland wird hier zunächst einen Beobachterstatus erhalten und Verhandlungen zu einem Beitritt innerhalb der nächsten vier Jahre aufnehmen. Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens ist Russland verpflichtet, multilaterale Verhand¬lungen über Mindeststandards bzgl. Transparenz, Nichtdiskriminierung und Nach¬prüfmöglichkeiten bei der Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen aufzu-nehmen. Russische Regierungsbehörden wären somit angehalten, öffentliche Aus¬schreibungen transparent zu gestalten.

Der Beitritt Russlands zur WTO gilt zudem als Voraussetzung für eine Aufnahme Russlands in die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD). Auf dem Weg zur OECD-Mitgliedschaft ist Russland im April 2012 als 39. Mitglied der OECD-Konvention gegen Bestechung beigetreten. Gegenstand der Konvention ist das gesetzliche Verbot der Bestechung auslän¬discher Amtsträger in internationalen Geschäfts¬transaktionen. Mit Übernahme der Konvention verpflichtet sich Russland einerseits, Berichte anderer Konventions-Länder über Vergehen russischer Unternehmen zu verfolgen. Andererseits folgt die Implementierung und Über¬wachung der Konvention einem strengen so genannten Peer-Review-Mechanismus, der eine regelmäßige Evaluierung der Umsetzung und Durchsetzung von Bestechungs¬bekämpfungs¬ge¬setzen Russlands durch die Konventions-Länder vorsieht.

Welche Bedeutung haben für den VDMA Fachmessen in Kasachstan wie die WorldFoodTech oder die KIOGE?

Die KIOGE ist die größte Messe für Zentralasien, die führende Energiefirmen sowie Hersteller von Ausrüstungen und Technik rund um den Erdöl- und Erdgassektor anzieht. Die Bundesrepublik Deutschland stellt in 2012 auf Antrag des VDMA zum neunten Mal mit einem Gemeinschaftsstand deutscher Unternehmen auf der Kioge aus.

Für Kasachstan ist die WorldFoodTech der wichtigste Branchentreff für die Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie. In der stark durch Landwirtschaft geprägten Wirtschaft Kasachstans bietet die WorldFood Lösungen für das gesamte Spektrum der Nahrungsmittelerzeugung und -verarbeitung bis hin zur Verpackung. Der VDMA hat daher auch für 2012 einen Antrag auf Annahme einer Beteiligung in das Auslandsmesseprogramm der Bundesrepublik Deutschlands gestellt.

Welche Auswirkungen haben die Verwerfungen in der EU für den Maschinen- und Anlagenbau?

Die Staatsschuldenkrise kann potenzielle Investoren verunsichern. Wir müssen daher damit rechnen, dass einige Aufträge zurückgestellt wurden. Außerdem drückt auch die schwache wirtschaftliche Entwicklung gerade in einigen besonders betroffenen Ländern der Euro-Zone auf den Bestelleingang. Der Ordereingang des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus aus den Nicht-Euro-Ländern scheint allerdings die Talsohle bereits durchschritten zu haben. Hier geht es seit einigen Monaten im Kurvenverlauf wieder bergauf.

Seit 2008 unterhält der VDMA ein Büro in Moskau. Gibt es ähnliche Pläne für Zentralasien?

Nein, es gibt aktuell keine derartigen Pläne für Zentralasien.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Auslandhandelskammern Moskau und Almaty? Was kann aus Ihrer Sicht noch besser gemacht werden?

Die Zusammenarbeit mit den AHKs ist sehr gut.

Die Modernisierungspartnerschaft mit Kasachstan beinhaltet auch die Lieferung von sog. Seltenen Erden für die deutsche Wirtschaft. Wie sehen Sie das in diesem Jahr abgeschlossene Abkommen?

Im Rahmen der Rohstoffpartnerschaft Deutschlands mit Kasachstan eröffnen sich für deutsche Ausrüster verbesserte Chancen, an Aufträge zu gelangen, durch welche die Erweiterung und Modernisierung der Bergbaubetriebe in Kasachstan realisiert werden kann. Aus Sicht des VDMA besteht die wesentliche Schwierigkeit darin, solche Projekte zu identifizieren, von denen beide Seiten gleichermaßen profitieren.

 Interview: Konstantin Dalibor

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