Kinder sind die Zukunft der Nation. Diese Aussage, in dieser oder ähnlicher Form getroffen, findet man in vielen Ländern und in den verschiedensten Epochen. Solche Länder wie Japan und Deutschland, ja Westeuropa im Durchschnitt überhaupt, zeichnen sich in dieser Hinsicht nicht durch Zukunftsorientierung aus.

In der Folge sinkt in den nächsten Jahrzehnten die Wohnbevölkerung dieser Länder deutlich, in Deutschland z. B. von gegenwärtig etwa 82 Millionen auf unter 70 Millionen in 2050. Für Japan sagen die Prognosen einen Rückgang von im Moment 128 Millionen auf 100 Millionen voraus. Parallel vollzieht sich eine drastische Verschlechterung der Altersstruktur, was das eigentliche Kernproblem ist.

Was sagen nun die Prognosen für Kasachstan? Man braucht mit Sicherheit keine großen Statistiken zu studieren, um zu erkennen, dass die Lage hier ganz anders sein muss. Gar zu viele Kinder und Jugendliche kreuzen täglich unsere Wege, anders als z. B. in Deutschland. So sagen die nüchternen Zahlen bis 2050 auch ein Ansteigen der Bevölkerungszahl von heute knapp über 15 Millionen auf dann 26 bis 27 Millionen voraus. Das ist fast eine Verdopplung, für die Größe des Landes bedeutet das aber natürlich noch eine sehr dünne Besiedlung. Positiv ist vor allem auch die progressive Altersstruktur.

Doch bei genauerem Hinschauen kann man auch hierzulande die ersten Kennzeichen sehen, die in Deutschland vor etwa 100 Jahren zuerst bemerkt und erst viel später zum gesellschaftlichen Problem wurden. Zwar ist der Anteil der Kinder in Kasachstan mit im Moment fast 25 Prozent sehr erfreulich hoch, er wird sich aber auf etwa 20 Prozent im Jahr 2050 verringern. Immer noch kein Problem, in Deutschland liegt diese Größe heute bei 14 Prozent. Verdoppeln wird sich der Anteil der Bevölkerung mit einem Alter von 65 und mehr Jahren auf dann 15 Prozent. Diese Größe ist in Deutschland bereits heute höher.
Man kann auch erste Veränderungen im Reproduktionsverhalten der Frauen in Kasachstan feststellen. Die durchschnittliche Geburtenrate liegt mit 2,21 deutlich im Bereich der erweiterten Reproduktion (in Deutschland liegt sie bei etwa 1,3 pro Frau und damit im Bereich der nicht gegebenen einfachen Reproduktion) und das, obwohl es dort in großem Maße staatliche finanzielle Hilfen für Kinder gibt und hier nicht. Geld scheint also nicht der entscheidende Faktor zu sein. Festzustellen ist weiter, dass auch hierzulande wohl der Trend begonnen hat, dass Frauen später als bisher ihr erstes Kind bekommen. Das trifft auch hier vor allem für die Stadtbewohner und Akademikerinnen zu. In den nördlichen Regionen Kasachstans liegt die Geburtenrate pro Frau schon unter zwei. Also: die einfache Reproduktion ist nicht gesichert. Besonders niedrig ist diese Größe in Astana. Dort hat sie mit 1,41 fast schon deutsche Negativrekorde erreicht. Mehr als ausgeglichen wird dieser Geburtenschwund allerdings durch die Geburtenrate von 2,5 bis 3,3 Kinder pro Familie in den südlichen Landesteilen.

Ob es in Kasachstan einmal zu europäischen oder japanischen Verhältnissen kommt, ist schwer abzuschätzen. Zumindest scheint die Hoffnung mancher Bevölkerungspolitiker keine Basis zu haben, nach der eine Verbesserung der wirtschaftlichen und allgemeinpolitischen Situation im Lande automatisch zu einer Steigerung der Geburten führt. Obwohl es in dieser Hinsicht in Kasachstan in letzter Zeit bekanntlich deutliche Fortschritte gegeben hat, ist insgesamt die Geburtenrate nicht spürbar gestiegen. Sie ist aber trotz höheren Wohlstands bisher auch nicht gesunken. Das ist auf jeden Fall schon mal positiv.

Bodo Lochmann

29/09/06

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