An die Kriegsjahre können sich einige Bürger Taschkents noch heute erinnern. Besonders diejenigen, die damals als Kinder nach Usbekistan evakuiert wurden. Ihre Geschichten hat der Regisseur Dschasur Ißchakow in einem Film festgehalten.

„Sirenen fingen an zu heulen, das waren schreckliche, unangenehme Geräusche. Uns Kinder brachte man in einen Bunker und setzte uns Atemschutzmasken auf“, erzählt Dolores Trachtenberg aus Berditschew, Ukraine. Auch Maria Schuminska aus Saporoschje erinnert sich an Nächte in Bunkeranlagen. „Dort stand eine Reihe Soldaten, die uns in den Bunker geführt hatten. Sie sagten nur: Seid Leise.“ Die beiden Frauen leben heute in Taschkent. Sie sind eine der vielen sogenannten Kinder des Krieges.

Ihnen hat die Familie Ißchakow ein Denkmal gesetzt. Der in Usbekistan bekannte Regisseur Dschasur Ißchakow hat zusammen mit seiner Frau Mastura und seinem Sohn Sardor einen Film über die während des zweiten Weltkriegs nach Usbekistan evakuierten Kinder gedreht. Über 300.000 Kinder strandeten damals in Taschkent. Viele davon hatten ihre Eltern bereits verloren.

Abschied für immer

Unter ihnen waren auch Tamara Schugajewa, Vera Panjutina und Maria Kusnezowa. Alle drei hatten die Blockade von Leningrad überlebt und kamen mit dem Zug nach Usbekistan. Diese Reise war nicht einfach. „Auf dem Weg sind viele Menschen gestorben. An jeder Haltestelle sind Leichen aus dem Zug hinausgeworden worden“, erinnert sich Pajutina im Film. „Ich habe mich im September 1941 von meinem Vater verabschiedet und ihn nie wieder gesehen“. Das sind die Erinnerungen von Alla Kritschewskaja an ihre Evakuierung.

Sie kam als einzige Protagonistin des Films zur Vorstellung in das Theater „Ilchome“. Der Dokumentarfilmabend fand dort auf Initiative des Goethe-Instituts Taschkent statt, um an die Folgen des zweiten Weltkriegs zu erinnern, die eben auch im fernen Usbekistan zu spüren waren. Damals wurden über anderthalb Millionen Menschen nach Usbekistan evakuiert.

Taschkenter nehmen Ankömmlinge auf

Viele hatten alles verloren. Das Dach über dem Kopf, ihre Eltern. „Die Menschen aus den Wagons versammelten sich auf dem Bahnsteig. „Alle waren wir gezeichnet vom langen Weg, vom Hunger“, sagt Maria Schuminska. Viele der Evakuierten waren den langen Weg in einfachen Holzwagons gefahren. Schuminska erinnert sich noch genau daran, wie trostlos eigentlich die Ankunft in Taschkent war. „Die Rettung war, dass viele Taschkenter wirklich zum Bahnhof kamen, Wasser und Brot brachten und uns Ankömmlinge mit zu sich nach Hause genommen haben“.

Neben den Erinnerungen der Evakuierten blendet der Film Montagen ein und zeigt Bilder vom Angriff der Wehrmacht auf die Sowjetunion, die Versuche der Menschen, sich vor den Bombenangriffen zu schützen und auch alte Bilder aus Taschkent.

Zum Beispiel auch von dem in Usbekistan berühmten Schmied Schaachmed Schamachmudow. Er und seine Frau Barkchi Arkamowa nahmen 15 Kriegswaisen bei sich auf. Dafür wird er bis heute als Held verehrt.

Kinder waren gut aufgehoben.

Die Evakuierung der Menschen wurde auf Erlass von Stalin am dritten Tag nach dem Angriff auf die Sowjetunion begonnen. Die meisten Menschen wurden Richtung Osten evakuiert und kamen hinter den Ural, nach Zentralasien oder Sibirien.

Viele der evakuierten Kinder haben in Usbekistan neue Eltern gefunden. Einige von ihnen haben sogar in ihren neuen Familien gelernt, usbekisch zu sprechen. Sie sind die Kinder des Krieges, für die Usbekistan zu ihrer neuen Heimat geworden ist.

„Viele junge Leute wissen heute gar nicht, dass Taschkent als Stadt der Freundschaft bekannt ist“, erklärt Dschasur Ißchakow den Zuschauern seines Films im Theater „Ilchome“ und freut sich darüber, dass sich Jugendliche für die Geschichte der Evakuierten und ihre Erinnerungen interessieren.

Von Dominik Vorhölter

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