Im Bankensektor Kasachstans scheint jetzt Stillstand zu dominieren. Zumindest kann man zu dieser Schlussfolgerung kommen, wenn man die Fachpresse liest. Es gibt nur relativ wenige Veröffentlichungen von konkretem Material, und auch auf der Website der Nationalbank sind die Fakten, die die Probleme des Bankensektors darstellen, gut versteckt. Folglich muss man sich eher an Sekundärdokumente, wie Pressemitteilungen, halten, um sich ein Bild machen zu können.

Da ist zum einen die Mitteilung der Nationalbank, dass sich das Gesamtkreditportfolio des kasachischen Bankensektors in einer weitgehend unveränderten Lage befindet. „Unverändert“ könnte man leicht mit „stabil“ identifizieren, wären da nicht die bösen Fakten, nach denen sich die vom Bankensystem insgesamt ausgegebene Kredite („Kreditportfolio“) nach wie vor in einem kritischen Zustand befinden. Etwa 50 % aller Kredite tragen das Merkmal „faul“ («сомнительные»), was nun wahrlich kein gutes Zeichen ist. Mit anderen Worten, neben den bereits als verloren einzustufenden Krediten in Höhe von fast 25 % steht in unterschiedlichem Maße die Frage, ob überhaupt und wenn, dann wann, die 50 % Kreditsumme an die Banken zurückkommen. 78 % der befragten Bankenexperten glauben im Moment, dass in diesem Jahr keine Lösung des Problems eintreten wird, nur 19 % sind in dieser Frage etwas optimistischer. Auch die vom Staat in 2011 gewährten steuerlichen Vorteile für den Abbau des Anteils fauler Kredite bzw. den Aufbau von Reserven, haben die Lage nicht wesentlich ändern können.

Ein Sonderbericht der internationalen Ratingagentur Fitch bestätigt die kritische Einschätzung der Nationalbank Kasachstans. Danach wird zwar eine gewisse Verbesserung der Einnahmen- und Gewinnsituation des Bankensektors Kasachstans insgesamt festgestellt, zugleich aber darauf verwiesen, dass das Verbesserungstempo in keiner Hinsicht beruhigen kann. Zwar belässt Fitch die Bewertung der hiesigen Banken bei „stabil“, ist aber jederzeit auch für Korrekturen – dann eher nach unten – bereit. Das größte Risiko sieht Fitch ebenfalls im extrem hohen Anteil an faulen Krediten sowie am im Moment fast nicht liquiden Immobilienmarkt. Letzteres heißt, das die Banken die Kreditsicherheiten (in den meisten Fällen Immobilien), nicht zu Geld machen können, weil keine ausreichende Nachfrage nach Immobilien besteht. Damit ist der völlig ungewollte Zustand eingetreten, dass sich viele Banken nebenbei zu großen Immobilienbesitzern oder Verwaltern derselben gewandelt haben, obwohl sie ja Spezialisten für Geldgeschäfte sind.

Fitch bemängelt auch die in der Frage der vielen faulen Kredite abwartende Haltung der meisten Banken. Eine aktive Arbeit und differenzierte Unterstützung der Schuldner fehlt meist. Die relativ gute Wirtschaftsentwicklung bewirkt eine gewisse Zunahme der Einlagen in den Banken, so dass man zumindest teilweise Liquiditätsprobleme durch die neu hereinkommenden Einlagen überbrücken kann. Eine Lösung des Problems der faulen Kredite ist das aber natürlich nicht. Gewartet wird zudem offensichtlich auf weitere staatliche Unterstützung, darunter in Form eines speziellen Fonds, der zumindest einen Teil der faulen Kredite der Banken übernimmt und so die Bankenbilanzen etwas reinigt. Eine gesamtwirtschaftliche Lösung ist das zwar auch nicht, denn schließlich werden die Kreditrisiken nur aus dem Privatsektor an den Staat und damit an die Steuerzahler weitergegeben. Aber immerhin würden dann die Geschäftsbanken wieder ihre eigentlichen Funktionen erfüllen und vor allem den Mittelstand kreditieren können. Über diesen Fonds, in den westlichen Ländern „bad bank“ genannt, wird zwar in Kasachstan nun auch schon zwei bis drei Jahre geredet, offensichtlich aber ist es nicht so einfach ein Geschäftsmodell zu finden, das beides leistet: eine ausreichende Entlastung der Geschäftsbanken von den (meist selbstverschuldeten) faulen Krediten und eine vertretbare Belastung des Steuerzahlers im Falle des Ausfalles der übernommenen faulen Kredite.

Positiv auf die Lösung der inneren Probleme des kasachischen Bankensektors wird sich aber auf jeden Fall die deutliche Reduzierung der einst horrenden Auslandsschulden auswirken. Hier sind zwar nach wie vor Zahlungen in Milliardenhöhe zu leisten, diese aber liegen jetzt eindeutig im unteren einstelligen Bereich, während sie noch vor drei Jahren bei etwa einem Dutzend Mrd. Dollar pro Jahr lagen.

Wie der Bankensektor Kasachstans nach der Bewältigung der nun schon seit 2007 anhaltenden Bankenkrise aussehen wird, ist schwer zu sagen. Ein Fingerzeig könnte jedoch die Aussage der russischen Sberbank sein, kein Interesse (mehr) am Kauf einer angeschlagenen und deshalb eigentlich billigen kasachischen Bank zu haben. Ein gutes Zeichen ist das eher wohl nicht.

Bodo Lochmann

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