In der Zeit von Instant Messages und elektronischer Korrespondenz haben die meisten von uns längst vergessen, wie man handschriftlich Briefe an jemand anderen schreibt. Während die Post in Deutschland sehr schnell zu einem Teil des Alltags eines jeden neuen Einwohners wird, bekommt man in Kasachstan per Post nur Nebenkostenrechnungen. Von einer Postkarte aus dem Ausland braucht man gar nicht erst reden. Oder?

Ich jedenfalls bin eine große Liebhaberin von Postkarten. Die kaufe ich in Museen und Souvenirshops in jeder Stadt, wo ich gerade gewesen bin. Selbst in Almaty mag ich es, schöne originale Postkarten von lokalen jungen Künstlern zu kaufen, selbst wenn ich gar nicht vorhabe, sie irgendwann überhaupt abzuschicken. Ich kaufe sie für mich selbst und hebe sie jahrelang in einem kleinen Kästchen auf. Erst vor einem Jahr habe ich beschlossen, sie an andere zu schicken.

Es war am Ende des ersten Jahres der Pandemie, als ich meinen neuen Freundinnen und Freunden aus Europa zu Weihnachten gratulieren wollte. Ich habe die Postkarten Anfang Dezember nach Deutschland, Spanien und Italien abgeschickt. Meine deutschen Freundinnen und Freunde haben sie innerhalb von einer Woche bekommen, eine Freundin aus Italien Ende Dezember, und eine enge Freundin aus Spanien erst Anfang Januar. Fazit: Kasachstan hat bessere Postverbindungen mit Deutschland als mit den anderen Ländern.
Seitdem stehe ich in einer Postkartenkorrespondenz mit einem deutschen Freund. Wir unterhalten uns ab und zu per WhatsApp, aber das Senden von Postkarten ist zu einer Tradition geworden. In diesem Jahr ist er viel über Frankreich gereist, und von fast jeder Stadt hat er mir eine Postkarte geschickt. Die erste kam erst nach fast zwei Monaten, die anderen nach ein paar Wochen. Die letzte Postkarte hat er mir aus seinem Heimatort Bietigheim an einem Freitag abgeschickt – sie kam am nächsten Dienstag an. Es brauchte tatsächlich nur ein Wochenende.

In der Post

Jedes Mal, wenn ich eine einfache Postkarte abschicken möchte, versetzt das die Postmitarbeiter in Aufregung. Ist es ein Brief? Muss man sie eingeschrieben schicken? Wie viel kostet es denn? Welche Marken darf man aufkleben? Am Ende stellt sich heraus, dass es ziemlich günstig ist, eine Postkarte ohne Umschlag von Kasachstan nach Deutschland zu schicken. Man bezahlt nur 140 Tenge für drei kleine Briefmarken oder für eine große.

Während die deutschen Briefmarken schöne Blumen und die französischen die Nationalfigur der Französischen Republik Marianne abbilden, klebt man auf der kasachischen Post Briefmarken mit dem kaspischen Fisch oder Motiven zum 175. Geburtstag des berühmten Dichters Abaj. Doch kann man auch schönere Briefmarken im Philatelie-Shop im zentralen Büro der „Kazpost” oder online auswählen. Da kosten sie von 140 bis 500 Tenge und stellen Bilder des Ersten Präsidenten, von Sportlern der Olympiade in Tokyo, oder die im Roten Buch stehenden seltenen Tiere und Pflanzen, Sehenswürdigkeiten, Nauryz und Neujahr dar. Der Shop hat nur in der Regelarbeitszeit auf und ich musste mir dafür die Zeit nehmen.

Wenn man aber etwas größer als eine dünne Karte schicken möchte, verliert die Post ihren Charme. Letztes Jahr nahm ich an einem internationalen Geschenkaustausch namens „Secret Santa“ teil. Ich musste ein kleines Geschenk einer Frau in Schweden abschicken. Wenn man Pech hat, in einer Schlange hinter Menschen mit ganzen Säcken voller Kleidung oder Haushaltstechnik zum Versand zu stehen, dann kann es ewig dauern. Ein kleines Paket von weniger als 50 Gramm von Kasachstan nach Schweden zu verschicken, kostet 2.500 Tenge mit dem Zug oder 5000 Tenge mit dem Flugzeug.

Der Empfänger bekommt es entsprechend erst nach 20 oder mehr Tagen. Trotzdem ist es nicht zu vergleichen mit den Versandkosten von Deutschland nach Kasachstan in Euro.

Aizere Malaisarova

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