Amerika schwach, Europa mit Konstruktionsfehlern, Asien instabil – so stellt sich gegenwärtig das internationale Währungssystem dem Betrachter dar. Mitten in der schwersten Finanzkrise seit 70 Jahren steht dieses System wieder mal am Scheideweg. Nach wie vor gefährdete Banken, explodierende Staatsschulden und eine globale Geldschwemme rütteln an seinen Grundlagen. Wie es weitergeht, hängt vor allem davon ab, wie die USA aus der Finanzkrise herauskommen und wie sich China verhält.

Peking hat enorme Währungsreserven von mehr als zwei Billionen Dollar angehäuft. Damit ist das Land im Fall der Fälle nicht nur unabhängig von solchen internationalen Organisationen, wie dem Internationalen Währungsfonds, sondern kann auch munter in der ganzen Welt investieren, was es mit Genuss auch tut. Allerdings hält China etwa 80 Prozent dieser Devisenreserven in Dollar, so dass es nicht egal sein kann, was in den USA passiert. Im Moment fürchten die Chinesen vor allem, dass die Amerikaner ihre Geldpresse gar zu lange in Gang halten und wegen ihrer gewaltigen Schulden die Welt mit noch mehr Dollars überschwemmen könnten.

Zu viel Geld im Umlauf ist im Prinzip das Gleiche, wie zu viele Waren auf dem Basar: das Geld entwertet, die Kaufkraft sinkt. Im Falle einer Dollarschwemme würde die Inflation in den USA steigen, was Amerikas große Schuldenlast real entwerten würde. Was den USA finanziell helfen würde, wäre für China eine Katastrophe, denn es säße plötzlich auf einem Haufen ziemlich wertloser Dollars. Um das zu verhindern, bemüht sich China schon seit einiger Zeit um die Schaffung einer neuen weltweiten Reservewährung. Aus objektiven Gründen wird das in ein paar Jahrzehnten ohnehin der chinesische Renminbi sein, aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.

Jetzt geht es den Chinesen um das Installieren nicht einer natürlich gewachsenen, sondern einer Art künstlich installierter Leitwährung. Ein solches Kunstprodukt wäre ohne international koordinierte Geldpolitik aber viel zu instabil oder würde von den Märkten einfach nicht akzeptiert. China müsste erst einmal selbst seine Währung liberalisieren und seinen Finanzmarkt öffnen. Das aber würde umgehend zu einer Aufwertung der chinesischen Währung und damit zu einer Verschlechterung der internationalen preislichen Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Waren führen. Die Öffnung der chinesischen Finanzmärkte hat aber gerade erst begonnen und kann noch ein oder auch zwei Jahrzehnte dauern. Und selbst wenn es eine neue, marktseitig akzeptierte Leitwährung gäbe – welches Wechselkurssystem soll gelten?

Im Moment gibt es eine Nostalgie hin zum System fester Wechselkurse, das bis 1976 galt. Doch das damalige System ist an Gründen gescheitert, die auch heute wieder da sind: Ein zu schwaches Hauptwährungsland und eine zu große geldpolitische Abhängigkeit der Staaten untereinander. Im Unterschied zu den 60-er und 70-er Jahren lassen sich Kapitalströme sowieso kaum noch kontrollieren, da sie heute in Bruchteilen von Sekunden per Mausklick ausgeführt werden.

Denkbar ist wohl nur eine schrittweise Erneuerung in Richtung Multipolarität. Soll heißen, dass nicht eine Leitwährung existiert, sondern mehrere. Darin inbegriffen ist eine tragende Rolle der chinesischen Währung Renminbi, ebenfalls des Dollar und vielleicht auch des Euro. Letzteres aber nur dann, wenn der Euro seine Schuldenkrise und der Dollar die hinter ihm stehenden grundlegenden strukturellen Defizite der amerikanischen Wirtschaft überwinden kann. Es gibt also genügend „wenn’s“, ganz zu schweigen von „hätte“ und „wäre“.

Bodo Lochmann

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