Ölmultis, die auch in Kasachstan fördern, vermelden in diesem Jahr Rekordgewinne. Ebenso der aus dem schwarzen Gold gespeiste Zukunftsfonds Kasachstans (NFRK). Er legte laut Nationalbank im ersten Quartal um 300 Millionen Dollar zu. In Zukunft soll der Fonds transparenter werden.

Öl kostet mit rund 70 Dollar pro 159 Liter derzeit so viel wie nie. Der Rekordpreis enthält eine enorme Risikoprämie. Neben dem Energiedurst der aufstrebenden Volkswirtschaften wie China oder Indien sind es geopolitische Risiken und politische Instabilitäten in wichtigen Förderländern, die bei Ölhändlern die Sorge aufkommen lassen, dass Nachschub ausbleiben könne. Die streitbaren Staatsführer Venezuelas oder des Irans könnten dem Westen die dringend benötigten Rohstoffe verweigern. In Nigeria befehden Rebellen die Ölkonzerne. Dort haben die Ölmultis mit Anschlägen und Mitarbeiterentführungen zu kämpfen. Von den 50 großen Ölfeldern Kasachstans droht kein Lieferausfall. Das Land sei politisch stabil, so der Business Monitor International (BMI) in seiner Maiausgabe über politische und wirtschaftliche Risiken in der GUS. Die „gemanagte Demokratie“ Kasachstans sei ohne eine Alternative, die ein gleiches Maß an Stabilität, Sicherheit und wirtschaftlichem Wohlstand sichere, so der BMI-Report.

Dank des hohen Bedarfs laufen die Geschäfte mit dem schwarzen Gold gut, die Ölkonzerne vermelden Rekordgewinne. Der weltweit führende und auch in Kasachstan tätige US-Multi ExxonMobil, gab am 27. April sein Quartalsergebnis bekannt. Von Januar bis März 2006 wurden 8,4 Milliarden Dollar verdient. US-Politiker fordern nun eine Sondersteuer, um die hohen Gewinne der Ölkonzerne abzuschöpfen. Nicht nur die Ölmultis, die Endverkäufer, sondern auch die Förderländer, können derzeit ansehnliche Summen einfahren. In Kasachstan sorgen die Erlöse aus dem Ölgeschäft für ständig sichtbaren Fortschritt und wachsenden privaten Wohlstand. Damit Kasachstans Wirtschaft über den Ölsektor hinaus boomt, das Land auch nach dem Versiegen seiner Rohstoffquellen in ferner Zukunft stabil bleibt und wirtschaftlicher Wohlstand weit über 2030 hinaus gesichert ist, hat man in Astana nach dem Abbild der Öldemokratie Norwegens vor sechs Jahren den nationalen Zukunftsfonds der Republik Kasachstan (NFRK) geschaffen. Er entlastet den Staatshaushalt, schafft Investitionsspielraum und soll künftigen Generationen in Kasachstan Wohlstand sichern. Im Land tätige Ölmultis, wie etwa der am Ölfeld Kaschagan beteiligte US-Konzern ExxonMobil, müssen neben der Unternehmenssteuer eine progressiv wachsende Abgabe an den NFRK zahlen, sobald ihre Exporterlöse den Weltmarktpreis von 19 US-Dollar übersteigen. Bei einem Marktpreis über 30 Dollar sind es schon 23 Prozent der Exporterlöse, ab einem Preis über 40 Dollar sind dann konstant 33 Prozent abzuführen.

Devisen sprudeln nach Kasachstan

Beim derzeitigen Ölpreis sprudeln so die Devisen in den NFRK. Jüngsten Angaben der Nationalbank zufolge – sie ist Treuhänder der Ölgelder – sind derzeit 8,3 Milliarden US-Dollar eingezahlt. Allein seit Jahresbeginn stieg das Fondsvolumen um etwa vier Prozent beziehungsweise 300 Millionen Dollar an. Im Vorjahr konnte der Ölfonds gar um 56 Prozent zulegen. Nach norwegischem Vorbild sind die Gelder des Fonds komplett am internationalen Kapitalmarkt in verschiedenen Investmentklassen und Währungen angelegt. Ein Teil ist in kurz laufenden ausländischen Staatspapieren, der andere Teil in länger laufenden mit höheren Renditechancen investiert. Auch deutsche Bundesanleihen sind im NFRK-Portfolio mit Anteilen von bis zu zehn Prozent beigemischt. Verwaltet werden die immensen kasachischen Ölgelder in Kooperation mit namhaften Groß- und Investmentbanken wie Citigroup, Deutsche Bank, BNP Paribas oder ABN Amro.

Bleibt ein Ölstaat wie Kasachstan von Turbulenzen verschont, dann sind auf lange Frist Wohlstand und Rohstoffreichtum gesichert. Mit dem Slogan „Armut trotz Reichtum“ beschreiben Ökonomen das Paradoxon, dass Staaten wie Nigeria oder Ecuador, die durch Rohstoffexporte, und dies gerade zu heutigen Energiepreisen, reich sein müssten, letzten Endes aber arm bleiben und keine Investoren außerhalb des Ölsektors anziehen. Dies geschieht, weil sie instabil sind, die Eliten um Macht und Gelder kämpfen, Rohstofferlöse nur in deren Taschen fließen, und kein Heller beim Volk ankommt und keine Rücklagen gebildet werden.

Instabilität als Gefahr für die Entwicklung?

Obgleich die BMI-Analysten den Tod des kasachischen Oppositionellen Altynbek Sarsenbajew als Signal für einen schwelenden Machtkampf hinter den Kulissen zwischen den Eliten im Land interpretieren, werten sie den Vorfall nicht als Anzeichen einer wirklichen Krise. Sie sehen Kasachstans Präsidenten Nursultan Nasarbajew sicher im Sattel und das Land als attraktiven Energielieferanten für Russland, China und die EU.

Der von den Investmentbankern der norwegischen Nationalbank verwaltete große Fondsbruder des kasachischen NFRK gehört mit über 150 Milliarden verwalteten US-Dollar zu den größten institutionellen Investoren weltweit. Ab 2010 könnte er Norwegen Zinserträge von 20 Milliarden pro Jahr bringen. Wie weit der NFRK in die Zukunft reicht, das hängt davon ab, wie durchsichtig der Umgang mit den Ölmilliarden ist. Damit mehr Transparenz bei den sprudelnden Ölgeldern herrscht, hat Kasachstan dem Internationalen Währungsfonds zugesagt, noch in diesem Jahr einer Transparenz-Initiative beizutreten und neue transparentere Richtlinien für den NFRK zu erlassen. Was nach 2012 – wenn der derzeitige Präsident aus dem Amt scheiden wird – aus den NFRK-Geldern wird, ist eine andere Frage. Hier sehen die BMI-Analysten für die Zukunft Risiken. Wenn Nasarbajews Herrschaft 2012 ende und die demokratischen Institutionen und Mechanismen noch in ihren Kinderschuhen steckten, dann bestünde langfristig ein Risiko von Machtkämpfen um Geld und Einfluss unter den politischen Eliten, so die BMI-Analysten.

Von Gunter Deuber

05/05/06

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