Eine Bewerbung, eine Zusage, und ab ging es mit dem Flieger nach Almaty. Als Lektorin an der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) möchte Kristina Danneil aus Bonn ihr Lieblingshobby Diskutieren den Studenten näher bringen.

„Es geht nicht um Jasagen oder Neinsagen, das ist der zweite Schritt. Es geht um den Weg dorthin“, sagt die 25-jährige Kristina Danneil. Die in Bonn lebende Studentin möchte den kasachischen Studenten in ihrem vierwöchigen Praktikum an der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) die deutsche Streitkultur näher bringen. Als Lektorin übernimmt sie die Moderatorenrolle von zwei Seminaren, in denen deutsche innenpolitische Themen sowie weltpolitische Ereignisse behandelt werden. „Was ich an Deutschland schätze, ist die ausgeprägte Diskussionskultur“, betont die bekennende Jazzliebhaberin. Nicht nur auf politischer Ebene entscheide der Austausch von Pro- und Contra-Argumenten über den persönlichen Werdegang, sondern auch im Privaten könnten Streitgespräche das Leben manchmal spannender machen. „Alles andere nützt niemandem“, sagt Kristina Danneil lächelnd, „Diskussion ist Kommunikation zwischen den Menschen schlechthin!“ Über verschiedene Mittel und Methoden versucht sie, die Gruppendiskussion anzukurbeln, mal über ein brisantes Thema, mal über eine provokante These. Das Diskutieren hat sie vor allem an ihrer Heimatuniversität in Bonn gelernt: Die studierende Politikwissenschaftlerin, Völkerrechtlerin und Sprachwissenschaftlerin musste in verschiedenen Seminaren unter Beweis stellen, was in ihr steckt: „Neben politischen Streitgesprächen mit Kommilitonen löste ich so manches private Problem nur durch eine ordentlich geführte Diskussion“, so die Studentin. Wie sie selbst betont, „kann man mit stillschweigendem Getue nichts erreichen“. Um überhaupt diskutieren zu können, braucht man Informationen. Deshalb fordert Kristina Danneil die kasachischen Studenten auf, sich „umfassend über Themen zu informieren, um nicht nur an der Oberfläche zu kratzen“. Neben nationalen müssten auch internationale Medien herangezogen werden. „Man darf die Augen nicht vor der Welt verschließen“, sagt die Deutsche. Allerdings hat Kristina Danneil die Erfahrung gemacht, dass Diskutieren spätestens beim Thema Fleischverzehr aufhört, zumindestens in Kasachstan. „Da hier in jeder Mahlzeit ein guter Fleischanteil nicht fehlen darf und Ausdruck von Qualität des Essens ist, muss ich als bekennende Vegetarierin in den sauren Apfel beißen. Huhn und Fisch sind nach kasachischer Meinung eben kein Fleisch“, so die Praktikantin.

Das ist typisch Kasachstan

Wenn sie in ihre Zukunft blickt, sieht sie sich in zwei bis drei Jahren in einem Unternehmen in Moskau. Denn dort absolvierte sie auch eine Sprachschule. „Was mir besonders an Moskau gefällt, ist, dass man einfach ein tolles russisches Buch nehmen kann, mit der Metro zum Kreml fahren, und dort stundenlang auf einer Bank lesen“, beschreibt Kristina Danneil mit glänzenden Augen. Noch heute ist sie gierig nach russischer Literatur und freut sich auf die abendliche Lektüre im Bett. Nun lernt sie in Almaty einige kasachische Eigenarten kennen: „Vor allem die Gastfreundlichkeit ist hier manchmal schwer zu ertragen: Zum Beispiel jeden Morgen Hähnchen mit Zwiebeln zu essen, das bin ich aus Deutschland gar nicht gewöhnt“, sagt Danneil mit verzogenem Gesichtsausdruck. Auch bei den zwischenmenschlichen körperlichen Kontakten sind der Studentin typisch kasachische Besonderheiten aufgefallen: „Wenn man die Straßen in Almaty lang geht, wird man oft von Menschen angestoßen oder sie kommen einem zu nahe. In Deutschland ist die körperliche Distanz zwischen den Menschen auf der Straße ausgeprägter. Nicht, dass ich in Deutschland zwischenmenschliche Nähe meide; ich brauche einfach meinen persönlichen Raum“, so die Lektorin.

Seit Februar 2007 ist Kristina Danneil in Kasachstan. „Ich verbinde mit Kasachstan eine wunderschöne Landschaft und eine herrliche Steppengegend“, so die angehende Politilogin. Ihr erster Eindruck von Almaty ist „Berg auf und Berg ab“. „Allerdings machen mir der Smog und der dichte Nebel der Stadt zu schaffen“, betont sie mit finsterer Miene. Nach ihrem Studium kann sich Kristina Danneil durchaus vorstellen, in Kasachstan bei einer politischen Stiftung oder Organisation für einige Zeit zu arbeiten. Langfristig möchte sie aber nach Russland.

Von Robert Vogel

02/03/07

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