Über Fragen der Kontinuität und Neuorientierung in Fragen der Energie-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik Kasachstans sprach am 9. Dezember im Körber-Zentrum der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) Herr Dr. Bulat Sultanow, Direktor des Kasachischen Instituts für Strategische Studien (KISS).

Von den ungefähr 30 Gästen werden die meisten gewusst haben, dass sie ein brillanter und geistreicher Vortrag über Kasachstans Außen- und Innenpolitik erwartet. Viele wollten zudem die Anwesenheit des prominenten Politologen nutzen, um ihm ein paar Fragen zum überraschend klaren Ergebnis der Präsidentschaftswahl zu stellen. Die Ausführungen von Bulat Sultanow zeigten, wie untrennbar diese Fragen miteinander verknüpft sind.

„Frieden, Stabilität, Wohlstand” – mit dieser Wahlkampflosung habe Präsident Nasarbajew den Nerv seiner Landsleute getroffen. Frieden, Stabilität und Wohlstand sind ein sehr hoher Anspruch, aber sie sind auch der kleinste gemeinsame Nenner in einem Land mit über 100 Völkerschaften, in einer unruhigen Region, in einer Zeit der Verschärfung internationaler Widersprüche und der Verstärkung extremistischer Tendenzen und terroristischer Bewegungen. Stellt man das größte mittelasiatische Land in diesen raum-zeitlichen Kontext, so ist es nicht verwunderlich, dass Nasarbajew auch erfolgreich mit dem Credo „Evolution statt Revolution“ wirbt.

Bulat Sultanow unterstrich in seinem Vortrag, dass die Bürger Kasachstans sehr wohl zu unterscheiden wüssten zwischen der jahrelangen konstruktiven, auf Integration gerichteten außenpolitischen Arbeit der Regierung unter Nasarbajew und den vagen Anschuldigungen aus dem Wahlprogramm von Scharmachan Tujakbai. Der habe, bewusst die nationalistische Karte ausspielend, sowohl die Grenzen Kasachstans als auch die multilaterale Ausrichtung der Außenpolitik des Präsidenten angezweifelt. In diesem Licht sei die eindeutige Entscheidung der Bürger Kasachstans für Nasarbajew als staatsbürgerliche Reife zu bewerten.

Auch die Fernsehbegegnung zwischen dem Präsidenten und seinem Herausforderer habe gezeigt, dass Tujakbai die Stimmung des Volkes nicht richtig verstanden habe. Indem er seinen TV-Auftritt auf Kasachisch hielt, habe er die Hälfte der Wähler verprellt.

Sultanow erklärte das deutliche Auseinanderklaffen der Wahlprognosen und des tatsächlichen Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen also vor allem mit der ungeschickten und inhaltsarmen Präsentation der Opposition im unmittelbaren Vorfeld der Wahl, schloss aber auch nicht aus, dass glücklose Provinzfürsten beim Wahlergebnis nachgeholfen hätten, in dem Bestreben, sich „oben” wenn schon nicht durch gute Ergebnisse in der Umsetzung der Wirtschaftspolitik, so doch wenigstens mit maximaler Konformität auszuzeichnen.

Der Direktor des KISS räumte ein, dass die Opposition tatsächlich einen bedeutenden Trumpf in der Hand hielte: Der Hinweis auf die alles durchdringende Korruption sei berechtigt, der Kampf gegen die Korruption vorrangig. Da Korruption ein internationales und die Demokratie gefährdendes Phänomen sei, wäre es für die OSZE-Staaten wichtig, diesen Kampf gemeinsam zu führen. Die OSZE, unterstrich Sultanow, habe längst nicht mehr nur Verantwortung für Europa, sondern für ganz Eurasien, das müsse sich in ihrer Arbeit und in programmatischen Dokumenten niederschlagen.

Die Dialektik von Stabilität und Demokratie ist, zieht man die Bilanz des Vortrages, Kasachstans führenden Politikern bewusst. Stabilität braucht langfristig Demokratie – und Demokratie braucht Demokraten. In diesem Sinne sei dem alten und neuen Präsidenten eine erfolgreiche Amtszeit gewünscht!

23/12/05

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