Ein neues, ungewöhnliches Aussiedler-Buch ist auf dem Markt. „99 Anekdoten von Aussiedlern“ heißt es, nach Aussagen der Anekdotensammler handelt es sich „um Geschichten aus dem zeitlich begrenzten Dasein von Russlanddeutschen im Zwischenland“. Von Russland haben sie sich schon gelöst, aber in Deutschland sind sie noch nicht so richtig angekommen: daher befinden sie sich irgendwo im emotionalen Zwischenland. Aus dieser Situation heraus entstanden diese recht amüsanten Anekdoten, die sowohl auf Russisch als auch auf Deutsch zu lesen sind. Einige von ihnen können Sie hier lesen. (Josef Bata)

Urlaub

Ein einheimischer Deutscher liest interessiert in einem Russisch-Lehrbuch. Ein vorbeigehender Aussiedler fragt ihn: „Wollen Sie in Russland Urlaub machen?“ „Nein, hier in Deutschland bleiben.“

Diskriminierung

Eine Gruppe Aussiedler fährt mit der U-Bahn. Ihnen fällt eine Überschrift im Waggon auf: „Schw-arz-fah-ren ver-bo-ten…“

Die Gesellschaft reagiert empört: „Es heißt doch, in Deutschland gibt es keine Diskriminierung. Doch selbst in der U-Bahn steht geschrieben, dass das Fahren hier für Schwarze verboten ist.“

Wertsachen

Im Sozialamt klärt die Sachbearbeiterin eine Aussiedler-Familie auf, dass ein Sozialhilfeempfänger folgende Wertsachen nicht besitzen darf: „Wertpapiere, Rücklagen auf der Bank, Gold…“

Der Familienvater, der vorher mit der ganzen Pracht seine Goldzähne strahlte, schließt blitzschnell den Mund.

Rückfahrkarte

Zwei Bettler sitzen mit Plakaten auf der Straße. Dem einen wird selten etwas gegeben. Der andere erhält reichlich Gaben und dabei auch große Scheine.

„Was steht auf deinem Plakat, dass man dir so reichlich spendet?“

„Dass ich Russlanddeutscher bin, nach Russland zurück möchte und bitte, mir zu helfen, genügend Geld für eine Rückfahrkarte zu sammeln.“

Nach Egal

Ein Aussiedler ruft seine Verwandtschaft in Russland an: „Euer Aufnahmebescheid ist da. Wo wollt ihr wohnen, bei uns in Frankfurt, oder egal?“

„Uns ist es gleich, es kann auch ‚Egal‘ sein, Hauptsache wir kommen nach Deutschland“.

Selbstgebrannter

„Kocht dein Vater Schnaps?“

„Nein, er trinkt ihn roh.“

(Im Russischen heißt es anstelle von Schnaps brennen, Schnaps kochen!)

Sprachprobleme

„Hast du Probleme mit der deutschen Sprache?“

„Ich? Nee… Die Einheimischen haben Probleme mit meinem Deutsch.“

Die deutsche Sprache

„Wie steht es bei dir mit der deutschen Sprache?“

„Wie bei einem Hund – verstehe alles, nur sagen kann ich nichts.“

Deutsche Eier

Im Supermarkt steht auf einem Eierkarton „Deutsche Eier“. Eine Übersiedlerin schaut hinein und sagt enttäuscht: „Das sind ja Hühnereier.“

Zutritt verboten

Zwei Aussiedlerinnen verlaufen sich in einem Behördengebäude und geraten in einen abgesperrten Bereich. Plötzlich stehen sie vor einem Schild: „Zu…tritt… verboten“, liest die eine. Die andere ist erleichtert: „Zu dritt ist verboten, aber wir sind ja nur zu zweit!“

aus: Alexander Reiser / Reinhold Schulz, 99 Anekdoten von Aussiedlern, BMV Verlag Robert Burau, 2005

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Josef Bata
Josef Bata ist ein gebürtiger Ungar, lebt seit 37 Jahre in Deutschland. Er ist unter anderem ein freier Journalist für diverse Medien. Einer seiner Schwerpunkte sind die im Mitteleuropa und Zentralasien lebenden Deutschen. Hauptberuflich ist Bata Internetredakteur im Bereich Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in Bonn. Auch für die DAZ verfasste er etliche Beiträge.