Über Altkanzler Gerhard Schröder, der einen Aufsichtsratsposten bei der deutsch-russischen Betreibergesellschaft für die Ostsee-Gaspipeline übernehmen will.

GENERAL-ANZEIGER (Bonn)
Der Spruch fällt einem ein, wenn man Gerhard Schröders zweites Geschäft nach seiner Kanzlerschaft betrachtet. Jetzt den Aufsichtsratsvorsitz beim deutsch-russischen Pipelineprojekt anzunehmen, das geht zu weit, erst recht, wenn Hinweise stimmen, dass der junge Altkanzler dabei kräftig Kasse macht. Es ist keine Frage eines zu schaffenden verbindlichen Ehrenkodex für frühere Amtsinhaber, keine Frage von Fristen und Vorschriften. Es ist schlicht eine Frage des Benehmens. Man hat es – oder auch nicht.

HAMBURGER ABENDBLATT (Hamburg)
Nun sieht er sich dem Vorwurf ausgesetzt, von einem Geschäft zu profitieren, dass er als Politiker selbst mit eingefädelt hat. Nun werden sich seine Kritiker wieder daran erinnern, dass er zur brutalen Tschetschenien-Politik des russischen Präsidenten und zu Putins merkwürdigem Demokratieverständnis stets äußerste Milde walten ließ. Ist das nun der Lohn aus dem Kreml?

ABENDZEITUNG (München)
Die Regeln des politischen Anstands gebieten es, dass man sich nicht von der Firma bezahlen lässt, für die man gerade selbst noch die Weichen gestellt hat. Basta. Ganz besonders nicht im speziellen Fall Wladimir Putin, den Schröder bei allen Missständen immer besonders leise kritisiert hat. Und wenn der Altkanzler das nicht von alleine so sieht, dann brauchen wir eben dringend einen verbindlichen Ehrenkodex für Politiker, der genau das festschreibt.

WESTDEUTSCHE ZEITUNG (Düsseldorf)
Wenn das Ehrgefühl fehlt, müssen eben leider klare Regeln her: etwa eine modifizierte zweijährige „Konkurrenzausschlussklausel”, wie sie in der freien Wirtschaft üblich ist. Zudem könnten die weiterlaufenden Bezüge aus dem Politiker-Job angerechnet oder gestrichen werden, wenn jemand anderswo anheuert. Prinzipiell verbieten sollte man den Wechsel von der Politik in die Wirtschaft allerdings nicht. So etwas kann befruchten. Vor allem umgekehrt. Wenn fitte Top-Manger statt lahmer Berufspolitiker gestalterisch für das Gemeinwohl tätig würden, wäre das eine Wohltat.

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