Immer wieder geschehen in Kasachstan Bergbauunfälle mit vielen Todesopfern, die in Verbindung mit dem Unternehmen ArcelorMittal Temirtau stehen. Damit soll nun Schluss sein.

Kasachstan trauert mit den Angehörigen von mindestens 46 Grubenarbeitern, die bei einer Explosion am Samstag im Gebiet Karaganda ums Leben kamen. Die Katastrophe im Schacht „Kostenko“ übertrifft das bis dato größte Grubenunglück von 2006, bei dem 41 Bergleute starben. Entsprechend groß ist die Erschütterung im Land, in dem der Sonntag als nationaler Trauertag ausgerufen wurde. Kasachstans Präsident Tokajew reiste umgehend mit Regierungsmitgliedern in die Unglücksregierung und ordnete die Bildung einer Untersuchungskommission an.

Im Zentrum der Katastrophe steht einmal mehr als Betreiber der Unglücksgrube das Unternehmen ArcelorMittal Temirtau, das in Kasachstan die Geschäfte der international tätigen Konzernmutter ArcelorMittal betreibt – seines Zeichens zweitgrößter Stahlproduzent weltweit. Die Explosion in der Kohlegrube „Kostenko“ ist der bisherige traurige Höhepunkt einer Serie von Unglücken in Verbindung mit Produktionsstätten des Unternehmens, die über die vergangenen 15 Jahre laut offiziellen Angaben mehr als 100 Arbeiter das Leben kostete.

Für Kasachstan Präsident Tokajew ist damit das Maß offenbar endgültig voll. Kaum hatte er den Angehörigen der getöteten Bergarbeiter am Samstag sein tiefes Beileid ausgesprochen, ordnete er die Regierung an, die Investitionspartnerschaft mit ArcelorMittal Temirtau umgehend zu beenden. Der regionale Ableger des Bergbaukonzerns sei das “schlimmste Unternehmen in unserer Geschichte, was die Zusammenarbeit zwischen der Regierung und einem Privatunternehmen betrifft“.

„Den Saft ausgepresst“ und alles aufgegeben

ArcelorMittal ist seit den 1990er Jahren in Kasachstan aktiv und betreibt heute Eisenerz- und Kohleminen sowie eine Stahlproduktion im größten Land Zentralasiens. Immer wieder hat das Unternehmen in der Vergangenheit versprochen, in die Sicherheit der Mitarbeiter in Kasachstan und die Nachhaltigkeit des Geschäftsbetriebs zu investieren. Geschehen ist das laut dem Vize-Sprecher des Unterhauses im kasachischen Parlament Albert Rau nicht. „In den letzten zehn Jahren hat der Investor alle seine Modernisierungsprogramme, wie es heißt, ,auf Null‘ reduziert“, sagt Rau, der mit ArcelorMittal als Bürgermeister von Lisakowsk zusammenarbeitete, seit das Unternehmen 1999 ein Bergbaukombinat in der Stadt übernahm.

Albert Rau

Die ausbleibenden Investitionen hätten einerseits zu einer Verschlechterung der industriellen Basis, andererseits zu einem Personalabbau in der Produktion geführt, erläutert Rau weiter – „ohne Automatisierung einzuführen und ohne die Arbeitsbedingungen zu verbessern“. Laut dem Parlamentsabgeordneten offenbar kein Einzelfall: „(Wir Abgeordnete) äußerten unsere Besorgnis darüber, dass der Investor schon in einigen Ländern ,den Saft ausgepresst‘ und dann alles aufgegeben hatte, zum Beispiel in Algerien. Aber wir bekamen immer die Antwort, dass es Investitionen und einen Dialog mit dem Unternehmen geben würde.“

Unklar ist bislang, welche endgültigen Pläne der kasachische Staat in Hinblick auf das Unternehmen hat. ArcelorMittal Temirtau veröffentlichte erst vor wenigen Tagen eine Mitteilung, wonach beide Seiten eine vorläufige Vereinbarung unterzeichnet hätten, die eine Übertragung des Unternehmenseigentums an die Republik Kasachstan vorsehe. Aus Sicht von Albert Rau kann eine Nationalisierung allerdings keine dauerhafte Lösung sein: „Es muss ein qualifizierter Investor kommen, der sich mit Technik auskennt, der Finanzierung für Sanierungen einwerben und die Produktpalette verbessern kann“, so der Wirtschaftspolitiker.

Christoph Strauch

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