Vom 30. Mai bis zum 7. Juni fand im Kazzhol Park-Hotel in Almaty ein Workshop unter dem Titel „Non-Conflicts“ in Central Asia statt, der vom Deutschen Akademischen Austauschdienst finanziert wurde. Die rund 30 Teilnehmer kamen aus Deutschland, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan.

Das Teilnehmerspektrum reichte von BA-Studenten (darunter der Deutsch-Kasachischen Universität Almaty) bis zu Doktoranden, vor allem der Disziplin Internationale Beziehungen. Die Organisatoren waren Niklas Rolf, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Rhein Waal in Kleve, Sebastian Mayer, DAAD-Langzeitdozent an der Deutsch-Kasachischen Universität Almaty, und Thorsten Kaesler, DAAD-Lektor an der Al-Farabi-Universität.
Im Mittelpunkt stand die Frage, ob es Regionen in Zentralasien gibt, in denen Gewaltkonflikte aufgrund bestimmter Strukturbedingungen (z.B. ethnische Vielfalt oder sozioökonomische Probleme) grundsätzlich denkbar waren oder sind, letztlich aber nicht aufgetreten sind. Als Kontrastfolie wurden hierfür tatsächliche Gewaltkonflikte wie Transnistrien, die Ostukraine oder Südossetien herangezogen.

Diskutierte Fallstudien von „Non-Conflicts“ in Zentralasien waren Nordkasachstan mit seinem erheblichen russischstämmigen Bevölkerungsanteil oder Karakalpakistan im Westen Usbekistans, das über einen autonomen Status verfügt und teilweise Unabhängigkeitsbestrebungen verfolgt. Wie Zhulduz Baizakova von der Al-Farabi-Universität in ihrem Modul zu dieser Region deutlich machte, sind die Wahrnehmungen in Karakalpakistan teilweise von einer kulturellen Dominanz der usbekischen Zentralregierung, mangelnden ökonomischen Chancen und einer unfairen Landverteilung gekennzeichnet. Filipp Semyonov, Doktorand an der Philipps-Universität Marburg, wies in seinem Modul zu Nordkasachstan auf den schwierigen Prozess des nation building in einem multiethnischen Staat mit einer stark gespaltenen Gesellschaft hin.

Identitätsdiskurse unter Kasachen und Russen

Joldon Kutmanaliev von der Universität Tübingen setzte sich in seinem Modul mit dem Intergruppenkonflikt in Südkirgistan auseinander, wo es im Juni 2010 – vor allem in Osch – zu schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Kirgisen und Usbeken kam. Auf den ersten Blick wahrlich kein „Non-Conflict“, machte Kutmanaliev jedoch deutlich, dass es durchaus Unterschiede zwischen Stadtteilen gab, in denen bei ähnlicher ethnischer Zusammensetzung Gewalt ausbrach, in anderen jedoch nicht. Seine These lautete, dass Nachbarschaften unterschiedliche Antworten zum Umgang mit existentieller Verunsicherung wählen. Diese Antworten hängen davon ab, ob und inwiefern Möglichkeiten zur Aushandlung von Nichtangriffspakten oder zur Einhegung radikaler Gruppen existieren.

Nadira Mukhamejan, eine DKU-Absolventin, die gerade ihren MA in Security Studies an der Universität Glasgow abschließt, war für einen Online-Vortrag zugeschaltet. Darin ging es um die Frage, wie Internetgemeinschaften die Kontakte zwischen ethnischen Kasachen und ethnischen Russen beeinflussen. Hierzu analysierte Mukhamejan Identitätsdiskurse unter der kasachisch- und russischsprachigen Bevölkerung und insbesondere der Jugend in den Regionen Kostanay und Karagandy. Sie hielt fest, dass sich die untersuchten Diskurse entweder an der Vergangenheit (mit einer Idealisierung der Sowjetunion) oder nach außen in Richtung Russland orientierten. Allgemein zeichnete sich in den Diskursen auch eine negative Haltung gegenüber den Oralmanen als eine „outgroup“ ab – ethnische Kasachen, die außerhalb Kasachstans lebten und dann zurückkehrten.

Erstes Zentralasien-Abenteuer

Weitere Vorträge wurden von Corinna Hauswedell (Vergleich von Konflikten), Sebastian Mayer (Konfliktprävention), Niklas Rolf (Ukraine und Baltische Staaten), Thorsten Kaesler (Transnistrien) und Stephane Voell (Georgien) gehalten. Die Teilnehmer haben sich rege mit Fragen und Kommentaren an den Diskussionen beteiligt. Die drei Organisatoren überlegen, zusammen mit Corinna Hauswedell einen Sammelband zu dem Thema zu veröffentlichen.

Ein Rahmenprogramm rundete den Workshop ab. Nach den ersten drei Tagen im Hotel ging es zur Stadt Jessik in das Museum des Goldenen Mannes. Ein Picknick zuvor am Lake Issyk wurde von starkem Regen unterbrochen: Nur einige der Teilnehmer schafften es noch trocken zurück in den Bus. Der Sonntag – bei nun deutlich besserem Wetter – stand den Teilnehmern zur freien Verfügung, der überwiegend für eine Fahrt zum Charyn Canyon genutzt wurde. In kulinarischer Hinsicht waren die Teilnehmer von der Vielfalt von Schaschlik über Georgisch bis hin zu zentralasiatischer Küche begeistert. Die meisten Teilnehmer aus Deutschland haben Zentralasien zum ersten Mal besucht.

DAZ

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