Trotz einer erfolgreichen Premiere der Inszenierung des Musicals „Ghetto“ vom deutschen Regisseur Marcel Krohn ist die Stimmung im Deutschen Theater Kasachstans gedrückt. Der Mietvertrag für die aktuelle Spielstätte wurde nicht verlängert.

Auf der Bühne steht eine kleinere Bühne. Sie ist aus einfachem Holz, und mit einem mal mausgrau, mal blutrot, mal schwarz schimmerndem Stoff behangen. Sie steht auf den einfachen Brettern des Deutschen Theaters und ist Kulisse und Bühnenbild für das Stück, das hier Premiere feiert: „Ghetto“ von Jehoschuha Sobol. Das Theaterstück handelt vom Schicksal der Juden im Ghetto von Vilnius, während der deutschen Besetzung von Litauen im zweiten Weltkrieg. Auf den Brettern des Deutschen Theaters Kasachstans feierte es Premiere. Der Dramaturg und Regisseur der Clingenberg-Festspiele Marcel Krohn inszenierte das Stück zum Thema Holocaust zum ersten Mal im Theater der Deutschen Minderheit, das zurzeit im Haus der Kulturen in der Auesow-Straße spielt.

Gegensätze des Ghettos

„Ghetto“

Das Musical von Jehoschuha Sobol bildet das Leben im Ghetto von Vilnius ab. Es geht um die jüdische Sängerin Chai, auf die der SS-Kommandanten Kittel, ein blonder Hüne, der eine Schwäche für Musik hat, ein Auge geworfen hat. Das Stück lebt von den Gegensätzen.

Es geht um Idealisten und moralisch korrumpierbare Menschen, die es auf beiden Seiten gibt: Auf der Seite der Ghettoinsassen und auch auf der Seite der Nazis. Auf der einen Seite steht der SS-Offizier Kittel, der sich von der Schönheit der Kunst verführen lässt, und der Sängerin Chai nachstellt, sie dazu zwingt, für ihn zu singen. Auf der anderen Seite treten ebenso moralisch korrumpierte Figuren auf. Allerdings gehören sie zu der Gruppe der Opfer des Nazi-Regimes im Ghetto. So erstellt zum Beispiel der Chef der Ghettopolizei Transportlisten. Er hat ein ebensowenig moralisches Gewissen wie sein Befehlsgeber Kittel. Er scheut nicht, seine Mitbewohner in den Tod zu schicken und verachtet jegliche Art von Aufbegehren. Die Ghettoinsassen versuchen alles, um nicht auf die Transportlisten gesetzt zu werden.

Dem Zuschauer werden die verschiedenen Verhaltensweisen der Ghettoinsassen als Überlebensstrategien aufgezeigt. So versucht eine Hellseherin, sich Geld zu erschleichen, der Sozialist sieht seine Rettung im politischen Kampf, und der Schneider Weißkopf versucht, bei den Machthabern zu katzbuckeln.

Facettenreiche Inszenierung gelungen

Marcel Krohn ist es gelungen, mit seiner Inszenierung des Musicals die verschiedenen Facetten des Ghetto-Lebens glaubhaft auf die Bühne zu bringen. Dabei mussten die Schauspieler nicht nur in deutscher, sondern auch in jiddischer Sprache singen.

Zur Premiere des Musicals „Ghetto“ Anfang März kamen zahlreiche Besucher in die Spielstätte des Deutschen Theaters Kasachstans in der Auesow-Straße. In dem einfachen Saal des ehemaligen Kulturhauses durfte das Theaterkollektiv seine Stücke aufführen. Der Vertrag für die Vermietung der Räumlichkeiten wurde allerdings nicht verlängert, weil das Immobilienunternehmen, das die Räumlichkeiten bereits sieben Jahre lang an das Deutsche Theater vermietet, renovieren möchte. So ist das Deutsche Theater Kasachstans bald ohne Bühne.

Zuversichtlicher Blick in die Zukunft

Vor einigen Jahren brannte die eigene Bühne des Deutschen Theaters Kasachstans in der Satpajew-Straße. Leider fehlen dem Theaterkollektiv die nötigen Mittel zum Wiederaufbau ihrer eigenen Spielstätte. „Ohne Spielstätte ist unsere Situation natürlich schlecht. Aber ein Theater ist nicht nur das Büro des Direktors und ein Gebäude, sondern in erster Linie die Truppe und unsere Aufführungen“, sagte die Direktorin des Theaters Irina Simonowa. Trotz der schwierigen Situation ist sie zuversichtlich, denn sie weiß genau, welche Erfolge das DTK bereits feierte. So ist sie stolz darauf, dass ihr Schauspielerkollektiv bereits zweimal die Möglichkeit hatte, in Deutschland aufzutreten und auch immer wieder deutsche Regisseure nach Almaty kommen, um mit dem Deutschen Theater zusammenzuarbeiten. Genau dies mache den Unterschied aus, denn durch die Arbeit mit unterschiedlichen Regisseuren verfügt das DTK über ein vielfältiges Repertoire.

Die Schauspieler des Deutschen Theaters Kasachstans blicken also in eine ungewisse Zukunft, wollen sich aber nicht von den Schwierigkeiten unterkriegen lassen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Marcel Krohn und seine Inszenierung des Musicals „Ghetto“ haben dem Theaterkollektiv und seinen Zuschauern gezeigt, dass es sich lohnt, weiterzumachen.

Von Dominik Vorhölter

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