Aus dem Ausland tönen nicht nur skeptische Stimmen zu den Präsidentschaftswahlen in Kasachstan. Der kasachische Botschafter Kairat Abusseitow gibt Wahlprognosen ab aus der neutralen Schweiz und verrät im Gespräch, wieso Nursultan Nasarbajew auch diese Wahlen unbeschadet überstehen wird.

Herr Abusseitow, sie vertreten Kasachstan in der Schweiz und verfolgen den Wahlkampf von hier. Was spricht für eine Wiederwahl Nursultan Nasarbajews?

Kairat Abusseitow: Der amtierende Präsident leitet das Land von den ersten Tagen der Unabhängigkeit an und hat zusammen mit allen Bürgern die schwersten Perioden des Entstehens des Staates erlebt. Kasachstan hat sich in 15 Jahren von einer Republik der ehemaligen UdSSR hin zu einem Mitglied der internationalen Gemeinschaft entwickelt und ist gar zum Vorreiter in Zentralasien geworden. Die Verdienste von Nursultan Nasarbajew während dieses Transformationsprozesses sind unschätzbar. Der Faktor der Persönlichkeit bleibt entscheidend, sowohl im internationalen Wirken, als auch in der Innenpolitik aller Staaten. Die überwiegende Mehrheit der Bürger Kasachstans sieht in Nasarbajew den Garanten für einen weiteren Forschritt in der Wirtschaft und im politischen Leben des Landes.

Was hat der amtierende Präsident seinen Wählern versprochen?

Der Präsident hat als Priorität für die folgende Amtsperiode die Entwicklung Kasachstans angegeben. In der Politik soll die Modernisierung der Gesellschaft voranschreiten. Nasarbajew will in seinem Programm ein unabhängiges Rechtssystem festigen, die Transparenz der Behörden erhöhen und die Kontrollfunktionen des Parlamentes ausbauen. In der Wirtschaft sollen bis zum Jahre 2010 alle notwendigen Bedingungen für eine hohe Lebensqualität in Kasachstan geschaffen werden. Kasachstan soll zu den „Top 50“ der entwickelten Staaten der Welt gehören. Bis 2010 sollen die Einkommen der Bevölkerung, einschließlich der Arbeitslöhne, die Renten und die sozialen Unterstützungen um das Doppelte zunehmen. Wir wollen wirtschaftlichesWachstum ohne eine zu große Abhängigkeit von der Erdölkonjunktur. Besondere Aufmerksamkeit bekommen das Finanzwesen, die Landwirtschaft und der internationale Tourismus. Das Bankensystem, das schon heute in der GUS führend ist, soll zum Anfang des zweiten Jahrzehntes die Umwandlung Kasachstans ins Finanzzentrum der ganzen Region Zentralasiens unterstützen. Das Paket wirtschaftlicher Reformen wird von kasachischer Seite eng mit den Maßnahmen zum Beitritt Kasachstans zur WTO koordiniert. Deshalb ist die Frage der Wahl des Präsidenten eine Frage der Wahl der Zukunft, in der Kasachstan leben will.

Ist es für die Schweiz von Bedeutung, ob Nursultan Nasarbajew wiedergewählt wird oder nicht?

Wenn er wiedergewählt wird, wird der Kurs der engeren Zusammenarbeit mit der Schweiz fortgesetzt. Unternehmen aus der Schweiz können eine wichtige Rolle in der Modernisierung der Wirtschaft und der Einführung von High-Tech in Betrieben Kasachstans spielen. Zwischen unseren Ländern gibt es keine politischen Probleme, und wir wollen das Spektrum des politischen Zusammenwirkens ausdehnen. In der Schweiz weiß man zu wenig über Kasachstan. Deshalb braucht es kulturelle und parlamentarische Kontakte und die Zusammenarbeit wissenschaftlicher und akademischer Kreise, um möglichst viele Segmente der Gesellschaft in das zweiseitige Zusammenwirken einzubeziehen.

Wie schätzen Sie die Chancen der Opposition ein?

Die Gesellschaft braucht eine starke konstruktive Opposition, die fähig ist, einen gleichen Dialog mit der Macht zu führen. Sie ist ein notwendiges Element aller demokratischen Gesellschaften. Doch die Opposition in Kasachstan ist nach meiner Meinung noch nicht reif für diese Rolle. Zur Zeit tut sie sich vor allem durch Gesamtkritik und Populismus hervor. Die Arbeit der Opposition wird auch durch die Tatsache erschwert, dass Kasachstan sich im Aufstieg befindet und ein eindrucksvolles Wachstum aufweist. Unter diesen Bedingungen ist es für die Opposition schwer, die politische Initiative zu ergreifen.
Die Hauptaufgabe der Opposition ist es, eine feste zweite Stelle nach der Wahl zu bekommen, damit sie das ganze Spektrum der oppositionellen Bewegung vereinigen kann. Ob es machbar ist, das werden die Wahlen zeigen.

Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass sich in Kasachstan Wahlmanipulationsszenarien wie in anderen Republiken der ehemaligen Sowjetunion wiederholen?

Ich möchte vor allem betonen, dass die Person, welche am meisten an einer rechtmäßigen und transparenten Durchführung der Wahlen interessiert ist, der Präsident Nasarbajew selbst ist. Die Wahlen werden zum wichtigen Barometer der Reife und Offenheit unserer Gesellschaft, unseres Strebens nach Demokratie und Freiheit. Vom Präsidenten ist der Erlaß „Über die Maßnahmen nach der Realisierung der Wahl-Rechte der Bürger der Republik Kasachstan“ unterschrieben worden. Dieser Erlaß enthält direkte Anweisungen der staatlichen Behörden über die Notwendigkeit der demokratischen Durchführung der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen.

Besonders wird darauf geachtet, dass die Gesetzgebung eingehalten wird: die termingerechte Zusammenstellung und Richtigkeit der Wählerlisten, der gleichberechtige Zugriff der Kandidaten auf die Massenmedien; die Akkreditierungen der Wahl-Beobachter anderer Staaten und internationaler Organisationen sowie Massenmedien. Für Versuche, auf den Ausgang der Abstimmung einzuwirken, ist harte Bestrafung vorgesehen, einschließlich strafrechtlicher Verfolgung.

Ich denke nicht, daß sich jemand unter solchen Bedingungen für bewusste Übertretungen entscheiden wird. Gleichzeitig sprechen die Vertreter der Opposition schon jetzt von Wahlmanipulationen. Dieses Argument wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch nach der Vollendung der Kampagne benutzt werden. Nach Wahlen bleibt jedoch immer ein Teil, der unzufrieden mit dem Ausgang der Abstimmung ist.

02/12/05

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