Online-Diskussion „30 Jahre deutsch-kasachische Beziehungen – Rolle und Perspektiven der deutschen Minderheit“

Deutschland und Kasachstan feiern in diesem Jahr die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 30 Jahren. Dabei stehen einmal mehr die deutsche Minderheit und ihre Funktion als Brücke zwischen beiden Ländern im Vordergrund. Dem Thema widmete sich am Dienstag die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland, die in Kooperation mit der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) Experten aus Deutschland und Kasachstan zu einer Online-Diskussion lud.

Die Grußworte sprachen Hartmut Koschyk für die Stiftung Verbundenheit und Bernard Gaida für die AGDM. Gaida kam einst auf ungewöhnlichen (Um-) Wegen in Berührung mit den Deutschen Kasachstans, wie er in einer kleinen Anekdote berichtete. Demnach sei er Ende der 1970er Jahre in Posen einem katholischen polnischen Priester begegnet, der in Kasachstan inkognito eine Seelsorge geführt habe. Dieser habe ihm das erste Wissen über die Deutschen dort vermittelt, die Gaida – wie auch in den anderen Ländern mit deutschen Minderheiten – „selbst in der schwersten Zeit vor der Wende“ als „Brückenbauer und Vertrauensstifter“ in Erinnerung behalten hat. „Unsere Nachbarn waren sich immer über unsere deutsche Identität im Klaren“, konstatierte er schließlich. „Ihre Lebensart, Toleranz und sehr oft die christliche Haltung der Familien passten nicht zu den Vorurteilen über sie.“

Nationale und bürgerliche Identität

Im Anschluss an die Grußworte führte Thomas Helm, der Vorsitzende der Deutsch-Kasachischen Ge-sellschaft, durch die Diskussion mit den Panelteilnehmern, die verschiedene wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Organisationen repräsentierten. Helm, der lange Zeit in Kasachstan das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung leitete, bezeichnete die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Kasachstan als „vierte Zeitenwende“ seit der Unabhängigkeit. Die rasanten Veränderungen infolge der Januar-Unruhen, der von Präsident Tokajew angestoßenen Reformen, aber auch der Kampfhandlungen in der Ukraine, beträfen auch die Deutschen Kasachstans, so
Helm.

Yevgeniy Bolgert, Aufsichtsratsvorsitzender der Stiftung „Wiedergeburt“, ging in seinem Beitrag auf die Bemühungen zum Erhalt der deutschen Sprache in Kasachstan sowie auf die Integration der deut-schen Bevölkerung in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben des Landes ein. Zudem gab er einen Überblick über die Tätigkeiten der Stiftung „Wiedergeburt“ als Interessenvertretung der Deut-schen Kasachstans und ging auf die Zusammenarbeit mit der Volksversammlung Kasachstans ein. „Unter Wahrung unserer nationalen Identität entwickeln wir unsere bürgerliche Identität und unterstüt-zen das Prinzip ‚Einheit in Vielfalt‘“, so Bolgert.

Unter dem Eindruck globaler Krisen

Galina Nurtasinowa von der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft schilderte die Phase der deutschen Massenauswanderung und hob zugleich hervor, dass der Kontakt zwischen der kasachischen Regierung und den Ausgewanderten nie abgerissen sei. Insbesondere die geschäftlichen Beziehungen zwischen Kasachstandeutschen und der alten Heimat sei ein Resultat davon. Zudem erwähnte sie staatliche Programme Kasachstans zur sozialen Unterstützung von Kasachstandeutschen.

Zentralasien-Expertin Beate Eschment vom Zentrum für Osteuropa- und Internationale Studien rückte die Situation Kasachstans und der deutschen Minderheit in den Kontext der neuen geopolitischen Krisen. Stabilität, Sicherheit und interethnische Verständigung seien vor diesem Hintergrund wichtige Fragen auf der aktuellen Tagesordnung. Die Deutschen Kasachstans seien hierbei bestrebt, ihren Beitrag zu einer Vertiefung der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen alter und neuer Heimat zu leisten.

DAZ

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