Bücherstapel, seitenweise bunte Illustrationen, und auf dem Fließband bewegen sich die Buchumschläge vorwärts: Der Verlag „Dauir“ in Almaty öffnete Ende Mai seine Druckerei für eine Gruppe Verlagsmitarbeiter aus Zentralasien. Mit dabei Oliver Recklies aus Deutschland, der im Rahmen des vom Goethe-Institut organisierten Projekts „Verlegerfortbildung“ zentralasiatischen Verlagsmitarbeitern betriebswirtschaftliche Grundlagen beibrachte und zum ersten Mal Buchdruck in Kasachstan miterlebte.

/Bild: Christine Karmann. ‚Ksenia Ryklin, Beauftragte für das Projekt „Kultur und Entwicklung“ und Oliver Recklies, kaufmännischer Leiter der Buchhändler-Abrechnungs-Gesellschaft’/

Betriebswirtschaftliches Denken kann man auf alle Unternehmen anwenden, auch auf einen Verlag, der das Rohmaterial Autor einkauft. Oliver Recklies, kaufmännischer Leiter der Buchhändler-Abrechnungs-Gesellschaft, kommt aus dem Bankbusiness und hat in seiner Arbeit im Buchgeschäft festgestellt, dass viele der 4.500 Buchhändler und 900 wirtschaftlich relevanten Verlage in Deutschland eine sehr emotionale Beziehung zu ihrem Produkt pflegen, das in einem hart umkämpften Markt verkauft werden muss.

Was deutschen Buch-Enthusiasten manchmal schwerfällt, müssen ihre Kollegen in Zentralasien neu lernen. Weit weg vom europäischen Buchmarkt, wird zuviel am Bedarf vorbei und im Selbstverlag gedruckt, was dann unter der Hand im Kiosk oder auf dem Flohmarkt verkauft wird. Ksenia Ryklin, Beautragte für das Projekt „Kultur und Entwicklung“, bietet mit der auf drei Jahre geplanten „Verlegerfortbildung 2009-2011“ Verlagsmitarbeitern in Osteuropa, Südkaukasus und Zentralasien Fortbildungen an. Das Themenspektrum reicht von der Herstellung, dem Lektorat bis zum Thema Rechte und Lizenzen.

Betriebswirtschaftslehre für Verleger

Betriebswirtschaftliche Grundlagen im Verlagswesen haben sich die zentralasiatischen Teilnehmer gewünscht. Klingt nicht so spannend, ist aber dringend notwendig. „Wir fangen mit den absoluten Basics an, was marktwirtschaftliches Handeln betrifft“, sagt Ksenia Ryklin. Bereits im Januar gab es bereits 15 Vormerkungen für die Fortbildung aus Usbekistan. Ende Mai sind auch Teilnehmer aus Kirgisistan nach Almaty gereist.

Bekbosum Schaitschabekow illustriert Märchenbücher für den Verlag „Kutaalam“ in Bischkek. Strategisches Management und Preisgestaltung kennt Schaitschabekow noch aus seinem Studium in Moskau, aber damals war das System ein ganz anderes und jetzt muss der Illustrator alles noch mal neu lernen. Seine Kinder haben ihn gedrängt, sich bei der Verlegerfortbildung zu bewerben, denn die Familie träumt von einem eigenen Verlag.

Wissbegierig lernen die zentralasiatischen Vertragsmitarbeiter zusammen mit Oliver Recklies, Einsparmöglichkeiten zu erkennen und Ressourcen zu optimieren. Ein Thema, das auch in Deutschland aktuell ist. Von über 90.000 Neuerscheinungen pro Jahr stellen sich nur 200 als Bestseller heraus. Den Umsatz im Buchladen bringen vor allem die Bücherstapel und Büchertische. „Ein gut gefüllter Büchertisch kann schon um die 50.000 Euro im Jahr bringen“, sagt Oliver Recklies. Was im Geschäft an der Wand an gut sortierten Büchern angeboten wird, nennt der Fachmann dagegen schwer verkäufliche Tapete.

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Initiative „Kultur und Entwicklung“

Künstler, Wissenschaftlerinnen und Kulturschaffende sind Seismografen und zugleich Mitgestalter gesellschaftlicher Veränderungen. Deshalb engagiert sich das Goethe-Institut bei der Unterstützung der Kultur- und Medienakteure vor Ort mit spezifischen Bildungs- und Förderprogrammen. Ende 2008 startete das Goethe-Institut die Initiative „Kultur und Entwicklung“, um seine bisherigen Aktivitäten in Ländern der Entwicklungszusammenarbeit zu verstärken und zu bündeln. Die Kulturinitiative ist in vier Handlungsfeldern aktiv: Berufliche Qualifizierung, Bildungsberatung/Bildungskooperation, Gestaltung kultureller Räume und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft.

Von Christine Karmann

04/06/10

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