Geld zum Investieren haben die internationalen Konzerne ausreichend. Trotzdem sinken die weltweiten Direktinvestitionen: Kolumnist Bodo Lochmann meint, dass viele Unternehmen schlicht nicht wissen, wo sie nutzbringend investieren sollen.

Die Globalisierung der Weltwirtschaft manifestiert sich in einer ganzen Reihe von Indikatoren und Kennziffern, darunter auch im Umfang der weltweiten ausländischen Direktinvestitionen. Diese haben sich mittlerweile aus einem Anhängsel des klassischen Warenexports in einen weitgehend selbständigen Zweig der wirtschaftlichen Aktivitäten gewandelt und in den letzten Jahrzehnten eine hohe Wachstumsdynamik ausgewiesen. Entgegen landläufiger Meinungen geht dabei der Hauptteil der Investitionen, die ja fast ausschließlich private Unternehmen leisten, nicht von den Industriestaaten in die Entwicklungsländer, sondern aus den Industriestaaten in die Industriestaaten. Das ist deshalb so, weil die etwa 30 Staaten, die der Organisation der Industriestaaten (OECD) angehörennach wie vor mehr als zwei Drittel der weltwirtschaftlichen Nachfrage generieren. Und Unternehmen gehen logischerweise dorthin, wo sie vor allem ausreichenden Absatz erwarten können.

Im vergangenen Jahr hat sich nun das Volumen der weltweiten Direktinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr drastisch verringert, insgesamt um etwa ein Fünftel. Das Gesamtvolumen von im Ausland getätigter Investitionen betrug 2012 noch 1.350 Milliarden US-Dollar. Dabei haben die meisten der international agierenden Konzerne keine finanziellen Probleme, eher im Gegenteil. Die meisten haben in den letzten Jahren prächtig verdient und sitzen trotz deutlich gesteigerter Dividendenzahlungen immer noch auf hohen Bargeldbeständen, die man investieren könnte. Das Problem ist aber: wohin damit? Schließlich geht es ja nicht darum, die Finanzen irgendwie loszuwerden, sondern sie sollen langfristig und nutzbringend angelegt werden.

Das ist im Moment deshalb schwierig, weil die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht allzu rosig sind. Die Weltkonjunktur, also die Nachfrage nach den meisten Waren und Dienstleistungen ist schwächer als gewohnt, die bisherige Konjunkturlokomotive China fährt langsamer als früher, die Euro- und Schuldenkrise des alten Kontinents schleppt sich immer weiter hin ohne wirkliche Aussicht auf baldige Lösung, eine Reihe von Regionen ist politisch instabil, z. B. Brasilien und Ägypten, weitere Länder bekommen ihre Strukturprobleme nicht in den Griff, siehe u.a. Russland. Aber auch der um sich greifende Protektionismus, also die künstliche Abschottung nationaler Märkte vor der internationalen Konkurrenz, wirkt bremsend. So verhalten sich die meisten Finanzmanager der Großkonzerne passiv und warten erst einmal ab, was die Zukunft bringt, zumal auch viele Länder ausländisches Kapital nicht mehr um jeden Preis anlocken wollen, auch weil sich dadurch ein Aufwertungsdruck für die nationale Währung ergibt, was wiederum die internationale preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Exportwaren verschlechter und so Arbeitsplätze gefährdet.

In Deutschland ist das Volumen der ausländischen Direktinvestitionen in 2012 im Vergleich zum Vorjahr geradezu eingebrochen: es hat sich von 49 Milliarden Dollar auf nur sieben Milliarden Dollar reduziert. Zwar gibt es bei diesem Rückgang eine ganze Reihe von Sondereinflüssen (z. B. Rückzahlung von Krediten von in Deutschland ansässigen Filialen ausländischer Unternehmen an die Muttergesellschaft) zu berücksichtigen, die Gesamtentwicklung ist jedoch dennoch unerfreulich. Deutschland ist damit auf Platz 39 im internationalen Ranking der attraktivsten Wirtschaftsstandorte für Auslandsinvestoren zurückgefallen. Für eine so offene Wirtschaft wie die deutsche ist das kein gutes Zeichen, internationale Kapitalverflechtungen sind eine wesentliche Bedingung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Zumindest teilweise beruhigend wirkt dagegen der Fakt, dass 2012 mehr internationale Finanzierungsprojekte bearbeitet wurden, als im Vorjahr.

Kasachstan hat den längerfristigen Trend des Hereinholens von Auslandsinvestitionen 2012 erfolgreich fortsetzen können. 22,4 Milliarden Dollar Auslandsinvestitionen haben brutto (also ohne die gleichzeitigen Abflüsse von Kapital ins Ausland) ihren Weg ins Land gefunden. Seit 1993 haben ausländische Unternehmen etwa 160 Milliarden Dollar in Kasachstan investiert, allein 44 Milliarden Firmen aus Holland und 25 Milliarden durch US-Firmen.

Weltwirtschaftlich gesehen, wird für 2014 mit einem großen Aufschwung der Aktivitäten im Bereich Direktinvestitionen gerechnet: auf bis zu 1.600 Mrd. Dollar könnte das Volumen steigen, das nötige Kleingeld dafür liegt schon bereit.

Bodo Lochmann

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