Menschen, die im Ausland leben und arbeiten, verbinden oft ähnliche Sorgen und Hindernisse im Zielland miteinander. Das haben drei deutsche Weltenbummler erkannt und bieten mit ihrem Unternehmen „InterNations“ ein Netzwerk für Auswanderer.

Zu hunderten löchern die Highheels der weiblichen Party-Gäste den gepflegten Rasen im Park des Intercontinental Hotels in Almaty. Gemeinsam mit den männlichen Gästen haben sie sich an diesem Abend rund um Bühne und Buffet versammelt, um vor allem eines zu tun: netzwerken. Denn sie alle sind Mitglieder von „InterNations“, einer Gemeinschaft für Menschen, die im Ausland arbeiten, leben und vor Ort online wie offline ihresgleichen suchen.
Die Idee hinter der Plattform stammt von den reisebegeisterten Deutschen Christian Leifeld, Philipp von Plato und Malte Zeeck. Alle drei haben sie in verschiedenen Ländern studiert, gearbeitet und dabei entdeckt, dass viele Auswanderer Schwierigkeiten haben, sich ein soziales Netz aufzubauen. Schließlich beschlossen sie, die Struktur dafür selbst zu bieten und gründeten InterNations, das mittlerweile nach eigenen Angaben über 300 lokale Gruppen rund um den Globus verfügt.

„Frag einen Kasachstaner!“

Internationalen Flair nach Kasachstan holen lautet ein Motto der Globalisten. Gemeinsam mit dem Kanadischen Wirtschaftsverband (CERBA) organisierte das Team beispielsweise eine Cowboy-Party. Mit dem Amerikanischen Konsulat veranstalteten die „InterNations“ eine „American-Style-Party“. „Wir würden gerne noch weitere solche Projekte mit Botchaften und Konsulaten durchführen“, so Natascha. An diesem Abend wird gemeinsam mit der südafrikanischen Botschaft der 95. Geburtstag von Nelson Mandela gefeiert. Am Eingang zur Gartenparty steht ein großes Glas, in dem die Gäste ihre Visitenkarten werfen und ihr Glück beim Gewinnspiel versuchen. Auch sonst werden rundherum munter Lächeln und Kärtchen ausgetauscht. InterNations sei aber kein elitäres Netzwerk von Business-Leuten und solchen, die es gerne werden möchten, argumentiert Natascha Kurktschi, eine der drei Vertreter der Gemeinschaft in Almaty: „Wir sind eine offene Gruppe. Jeder kann zu uns kommen“, ist die gebürtige Moskauerin überzeugt.

Schon in Russland war sie ein begeistertes Mitglied. Als sie vor drei Jahren nach Almaty kam, um hier ein Büro ihres Arbeitgebers aufzubauen, war sie mehr denn je auf Hilfe angewiesen: „Ich kam ganz allein hier her. Nur ich und meine zwei Hunde.“ Zum ersten Mal erlebte sie selbst, welche Hindernisse Kasachstan-Neulingen widerfahren. Nägel für die Weihnachtsdeko oder passenden Stoff für den Wintermantel zu finden – bereits scheinbar unwichtige Kleinigkeiten zu kaufen, bereiteten Natascha anfangs Schwierigkeiten. Sie hat gelernt: „Das wichtigste hier sind Kontakte“. Internet-Recherche bringt nichts. „Egal welches Problem du hast, frag einen Kasachstaner! Du kannst dir sicher sein, dass der jemanden kennt, der wiederum jemanden kennt…“, erzählt Natascha lachend. Die Menschen hier seien es eben gewöhnt, sich gegenseitig zu helfen. Und auch in den zahlreichen Foren von internations.com diskutieren, beraten und helfen sich die Mitglieder. Von der Suche nach einem Russisch-Lehrer über die Gründung einer Jogging-Gruppe bis hin zur Empfehlung eines guten Zahnarztes, sind alle wichtigen und weniger wichtigen Anliegen vertreten. Die Profile selbst geben wie viele andere soziale Plattformen Auskunft über Herkunft, Ausbildung, Beruf und private Interessen.

Die Gruppe in Almaty war anfangs bescheiden klein. Natascha engagierte sich und brachte ihre Kunden mit in die Gemeinschaft. Ihr Einsatz ist ehrenamtlich, es sei ein „soziales Versprechen“, für die Leute da zu sein und „immer erreichbar“ zu sein, auch wenn es manchmal nicht leicht sei, die vielen Anfragen zu bearbeiten. Letztendlich profitiert sie aber auch beruflich von den vielen Kontakten. Das Netzwerken liegt der Business-Frau im Blut. Als Personal-Fachfrau hilft ihr die lockere Atmosphäre der InterNations-Events, bei denen sie potentielle Kunden kennenlernt.

Engmaschiges Netzwerk

Kritiker meinen, das Netzwerk sei vor allem eine Dating-Plattform für Expats und heiratswillige Kasachstanerinnen. Blickt man auf die Online-Gästeliste des letzten Events, ist dieser Vorwurf nicht unbegründet: Mehr als die Hälfte der angemeldeten Gäste kommt aus Kasachstan, davon ist der Großteil weiblich. „Eine reine Dating-Plattform ist es sicher nicht“, ärgert sich Natascha über das Vorurteil. „Natürlich können wir es nicht verhindern, wenn sich zwei finden. Warum auch? Wir sind eine offene Gruppe“, argumentiert Natascha. Manche würden sich auf den Events vermutlich nach potentiellen Partnern umsehen, der Rest wolle aber einfach Spaß haben. Themenpartys, Benefiz-Veranstaltungen, Sportaktivitäten oder Gartenpartys – Nataschas Anspruch lautet Vielfalt, damit für jeden Auswanderer etwas dabei ist.

Die lange Schlange am Eingang des Parks verheißt an diesem Abend einen Gäste-Rekord. „Mehr als 300 Leute sind zur Feier anlässlich Nelson Mandelas Geburtstags gekommen“, freut sich das Organisationsteam. 1.700 Tenge zahlen Basis-Mitglieder für den Eintritt. Wer nicht von einem anderen Mitglied zur Plattform eingeladen wird und sich dann nicht online für die Veranstaltung anmeldet, darf zu den Rhythmen der Bühnentrommler aber nur von draußen mitwippen. „So bleiben wir ein Netzwerk mit persönlichem Vertrauen, in dem Datenschutz und Schutz der Privatsphäre Top-Prioritäten sind“, heißt es auf der Website.

Von Daniela Neubacher

Teilen mit:

Все самое актуальное, важное и интересное - в Телеграм-канале «Немцы Казахстана». Будь в курсе событий! https://t.me/daz_asia