Wie aktuell sind Umweltthemen in Deutschland und Zentralasien angesichts des Klimawandels und weltweiter Umweltkatastrophen? Welche Rolle spielen die Medien in der Herausbildung eines Umweltbewusstseins? Die Friedrich-Ebert-Stiftung Almaty versuchte in einem Workshop zur Umweltberichterstattung Antworten auf diese Fragen zu finden.

/ Der Workshop der “Friedrich-Ebert-Stiftung” fand in der DKU Almaty sowie in Kysylorda statt./

Der UN-Klimagipfel in Durban stand unter keinen günstigen Vorzeichen: Auf der Konferenz in Südafrika sollte am 28. November ein Folgeabkommen für den Kyoto-Klimaschutzvertrag ausgehandelt werden. Weltweit machen Umweltschutzverbände und Aktivisten seit Jahren auf den Klimawandel und die Begrenzung von klimaschädlichen Emissionen aufmerksam und verlangen schnellstmöglich ein neues Klimaschutzabkommen. Die Bereitschaft der Teilnehmer zu Verhandlungen schien jedoch begrenzt zu sein.

Aktuelle Umwelt- und Klimathemen werden schon in Europa unterschiedlich wahrgenommen und diskutiert. Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen ist jedoch dringend notwendig. Die „Friedrich-Ebert-Stiftung“ Almaty veranstaltete aus diesem Anlass zwei Workshops zum Thema „Umwelt und Berichterstattung in Deutschland und Zentralasien“. Damit beabsichtigte die Stiftung, vor allem junge Nachwuchsjournalisten, Studenten, Dozenten und lokale Umweltorganisationen anzusprechen.

In einer Vortragsreihe stellten wissenschaftliche Experten und Vertreter der Umwelt- und Tourismusbranche aus Almaty nicht nur aktuelle umweltpolitische Themen in der deutschen medialen Berichterstattung vor, sondern gingen auch auf Probleme und Risiken der Umweltberichterstattung ein.

Die Politikwissenschaftlerin Nadine Arendt von der Friedrich-Ebert-Stiftung beleuchtete die Rolle der Medien in der Darstellung von Umwelt- und Klimathemen in Deutschland. Als sogenannte vierte Gewalt im Staat haben die Medien TV, Druck, Radio und vor allem das Internet einen wachsenden Einfluss auf die Meinungsbildung innerhalb der Bevölkerung. Außerdem würden vor allem Politiker durch ihr mediales Wirken die Agenda aktueller Umwelt- und Klimathemen bestimmen. Die Berichterstattung in den 90er Jahren war von einer Übersättigung des Umweltthemas geprägt, führt Nadine Arendt aus. Viel zu oft sei das Prinzip des „Blame Game“ in den Medien angewandt worden, welches für Umweltprobleme stets einen Schuldigen suche. Die Thematik „Klimawandel“ sei nach Auffassung Arendts überdies zu komplex, um kontinuierlich eine umfassende Berichterstattung zu gewährleisten. Zumeist sei die Berichterstattung der Umweltjournalisten oft emotional und parteilich, da sich diese Beiträge besser verkaufen lassen. In der Tat betrifft dies Themen wie den Atomausstieg in Deutschland, Klimathemen und Energiewende.

Die Berichterstattung von Umweltthemen in Deutschland schüre oft Ängste bei den Bürgern und sei daher nicht hilfreich für ein Engagement im Umwelt- und Klimaschutz.

Nadine Arendt ging in ihrem Vortrag vor allem auf die Risiken der Umweltberichterstattung ein, die vor allem von Journalisten durch kritisches Hinterfragen und Recherchieren eingegangen werden („Reportern ohne Grenzen“).

Mit dem Einfluss der sozialen Medien und Netzwerke sei auch eine neue Art des Umweltjournalismus entstanden: der Bürgerjournalismus. Gerade die sozialen Netzwerke werden verstärkt durch Journalisten und Bürger genutzt, die als Blogger und Twitterer in der Community des „World-Wide-Web“ auf aktuelle Probleme und Bedrohungen aufmerksam machen.

Wie diese Mechanismen der sozialen Medien genau funktionieren, erklärte Murat Tungyschbajew den Teilnehmern im praktischen Teil des Seminars. Mit Laptop und Internet ausgestattet, vermittelte der erfahrene Trainer Tipps und Tricks zur Erstellung eigener Videos und Posts in den sozialen Medien Twitter, Facebook und Youtoube.

Dagmar Schreiber vom Informations- und Ressourcenzentrum „Eco-Tourism“ Almaty stellte sich die Frage, wie ökologische Themen in den Medien Kasachstans wahrgenommen werden. Bislang seien Umweltthemen hierzulande kein Schwerpunkt in der medialen Berichterstattung. Die Aufgabe der Journalisten und Umweltorganisationen sei es aber, auf Probleme wie Umweltverschmutzung und Klimawandel aufmerksam zu machen. Es komme maßgeblich auf das individuelle Umweltbewusstsein in der Bevölkerung an, welches sich in Deutschland im Laufe vieler Jahre herausgebildet hat, so Dagmar Schreiber. Ökologische Probleme, wie Luft- und Wasserverschmutzung, Müllentsorgung oder Energieverschwendung müssten durch die Medien angesprochen und in das Bewusstsein der Bürger gebracht werden. Im Vergleich zu Deutschland würde sich auch in Zentralasien allmählich ein neues Umweltbewusstsein herausbilden, so die Antwort von Teilnehmern des Workshops. Obwohl teilweise eine andere Mentalität vorherrsche als in Europa, begriffen die Menschen in Zentralasien sehr wohl die ökologischen Bedrohungen für die Zukunft.

In den deutschen Medien hat dagegen die Berichterstattung über Umwelt- und Klimathemen in den letzten Jahren stark zugenommen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau werden Umweltthemen regelmäßig in den Medien aufgegriffen. Wurden vor einigen Jahren fast ausschließlich Umweltkatastrophen und damit Probleme und Risiken thematisiert, so seien heute Themen wie die Energieversorgung und der Klimaschutz an deren Stelle getreten. Darüber hinaus erregen Themen wie die Luftverschmutzung durch Stromkonzerne, Raffinerien und Stahlwerke oder Fluglärm durch den Flughafen Berlin-Brandenburg die Gemüter in Deutschland, so Experten des Umweltbundesamtes.

Insbesondere nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima im März 2011 stehen unmittelbare Bedrohungen durch Radioaktivität, Atomtechnik und atomare Abfälle im Fokus der Berichterstattung. Damit verbunden sind Berichte über gesundheitliche Risiken für die Bürger durch verschiedene Strahlungsarten, Elektrosmog oder den Körperscanner.
Die „Energiewende“ in Deutschland sei in der Umweltberichterstattung des UBA und der Medien eines der beherrschenden Themen seit 2010.

Die aktuellen Proteste gegen den Castor-Transport, die Frage nach der Sicherheit der veralteten Atomkraftwerke und die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien sind der beste Beweis für ein Umdenken in der Wirtschaft und der Bevölkerung.

Zentralasien kämpft dagegen mit ganz anderen ökologischen Herausforderungen.

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Deutsch-Kasachischen Universität Almaty und Langzeitdozentin des DAAD,

Dr. Barbara Janusz-Pawletta, ist überzeugt, dass die Nutzung der Wasserressourcen und ihre Qualität eines der dringlichsten Probleme in der Umweltpolitik Zentralasiens darstellt. „Good Water Governance“, so der internationale Begriff, sei nur auf gleichrangiger zwischenstaatlicher Ebene sicherzustellen. Eine internationale Kooperation im integrativen Managment der Wasserressourcen Zentralasiens könne eine gleichmäßige und gerechte Nutzung der Wasservorräte in den zentralasiatischen Ländern gewährleisten.
Was in der Umweltberichterstattung schlussendlich zählt, ist mehr bürgerliches Engagement und internationale, multilaterale Zusammenarbeit. Zwar mögen wirtschaftliche Interessen oft wichtiger erscheinen als einheitliche Klimavereinbarungen, trotzdem haben wir nur die eine Erde – schützen wir sie!

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